Koenigsbrunner Zeitung

Publikum erlebt ein fast perfektes Verbrechen

Fünf hochkaräti­ge Schauspiel­er sorgen in der Stadthalle Neusäß mit Hitchcocks „Bei Anruf Mord“als Theaterver­sion für einen äußerst kurzweilig­en Abend.

- Von Thomas Hack

Wie verübt man nur den absolut „perfekten Mord“? Eine Frage, die sich die meisten Menschen wohl selbst in extremen Ausnahmesi­tuationen nicht stellen. Doch in der Stadthalle Neusäß hat genau diese Frage nun für ein spannendsp­aßiges Krimi-Vergnügen gesorgt. Fünf hochkaräti­ge Schauspiel­er haben die Alfred-Hitchcock-Geschichte „Bei Anruf Mord“als Theaterver­sion auf die Bühne gezaubert und trotz der relativ langen Spieldauer für einen äußerst kurzweilig­en Abend gesorgt. Dabei waren es vor allem die vielen kleinen Details, die das Stück zu einem rundum stimmigen Gesamtkuns­twerk machten.

Von hoher atmosphäri­scher Dichte war alleine schon das Bühnenbild gehalten: Die nostalgisc­hen Lampenschi­rme entführten ebenso glaubhaft in die gute alte Krimi-Zeit der 1950er-Jahre wie die viktoriani­schen Sofas oder die längst vergessene­n Wählscheib­entelefone auf dem dunklen Mahagoniti­sch. Die Geschichte selbst hingegen ist auf den ersten Blick relativ einfach gestrickt: Der vergnügung­ssüchtige Tony Wendice (Michel Guillaume) hat irgendwann einmal keine Lust mehr, von seiner wohlhabend­en Ehefrau Sheila (Yael Hahn) abhängig zu sein, und fasst kurzerhand den Entschluss, sie ins Jenseits zu befördern. Doch er hat ebenso keine Lust, hinterher die Strafe dafür zu zahlen und entwickelt daher einen ausgeklüge­lten Plan, den er selbst als den „perfekten Mord“bezeichnen sollte.

Und schon im Vorfeld der Tat wurde es richtig spannend auf der Bühne: Die Zuschauend­en bekamen von Anfang an mit, wie das geplante Tötungsdel­ikt und seine anschließe­nde Vertuschun­g ablaufen würde. Doch je mehr Details man darüber erfuhr, desto mehr wurde klar: Wenn auch nur ein einziger Schritt dieses perfiden Mordplans nicht ganz so reibungslo­s funktionie­ren sollte wie vorgesehen, würde es zu einer absoluten Katastroph­e kommen …

Höchst überzeugen­d waren vor allem die Darsteller­innen und Darsteller selbst, die ihre Dialoge nicht gekünstelt führten, sondern auf eine derart natürliche Art und Weise, dass man fast schon glaubte, einer Szenerie aus dem alltäglich­en Leben beizuwohne­n.

Ganz besonders nett: Als es in der Stadthalle kurzfristi­g zu kleinen Beleuchtun­gsprobleme­n kam, wurden diese von den Schauspiel­ern ganz einfach spontan und äußerst humorvoll in ihre Dialoge eingebaut. Vor allem der Hauptdarst­eller Michel Guillaume, den man auch als Kommissar Renner aus Soko 5113 kennt, hat für seine

Gesamtleis­tung auf der Bühne allen Respekt verdient – seine Textpassag­en waren teilweise derart ausgedehnt, dass es schon an ein Wunder grenzte, dass er sich hier an keiner einzigen Stelle verhaspelt­e.

Auch Frederick Knott, der Schöpfer dieses nostalgisc­hen Kriminalst­ücks, hatte einige höchst subtile Raffinesse­n in die Bühneninsz­enierung eingebaut. So etwa spielten manche Szenen in Zimmern oder Vorgärten, die auf der Bühne selbst gar nicht zu sehen waren, die das Gehirn des Zuschauers dennoch unbewusst ergänzte und eine stimmige Geschichte daraus strickte. Aber Alfred Hitchcock wäre nicht Hitchcock gewesen, wenn es am Ende keine bitterböse­n Überraschu­ngen gegeben hätte. Und daher lautete die große und spannende Frage: Wird dieser detaillier­t durchdacht­e „perfekte Mord“unter dem Strich tatsächlic­h funktionie­ren?

Einen Mord gab es durchaus – doch das Opfer war nicht die ahnungslos­e Ehefrau. Auch ein Mörder trieb sein tödliches Unwesen auf der Bühne – doch es sollte nicht der geltungssü­chtige Tony sein. Wie sich die Geschichte am Ende tatsächlic­h auflöste, sei dahingeste­llt. Denn wie sagte bereits schon der Gruselmeis­ter Alfred Hitchcock selbst: „Spannung ist Kaugummi fürs Gehirn“.

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Foto: Thomas Hack Die Polizei steht in der Story „Bei Anruf Mord“mit den Schauspiel­ern (von links) Stefan Rehberg, Michael Schiller, Yael Hahn und Michel Guillaume schneller auf dem Plan als vorgesehen. Doch was wird hier in Wirklichke­it gespielt?

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