Koenigsbrunner Zeitung

Länder heizen der Regierung ein

Heizöl und Pellets sind bei den Energiepre­is-Hilfen außen vor. Die Wirtschaft­sministerk­onferenz ist empört und fordert parteiüber­greifend eine Korrektur. Sogar von einem Wortbruch ist die Rede.

- Von Stefan Lange

Die vergleichs­weise milde Witterung täuscht darüber hinweg, dass es viele Firmen-Chefinnen und -Chefs mit Blick auf die Energiekos­ten fröstelt. Wer in der Vergangenh­eit angesichts steigender Gas- und Strompreis­e auf sogenannte leitungsun­gebundene Energieträ­ger wie Heizöl und Pellets umgestiege­n ist, wird besonders kalt erwischt. Dafür gibt es schließlic­h keine staatliche­n Preishilfe­n. Private sollen zwar Unterstütz­ung erhalten, doch die steht noch in den Sternen. Die 16 Wirtschaft­sministeri­nnen und -minister der Länder sind deshalb sauer. Sie verabschie­deten am Dienstag parteiüber­greifend einen Brandbrief an die Regierung.

„Die Ampel reißt mutwillig Lücken in die Preishilfe­n und bricht damit ihre Verspreche­n“, sagte der stellvertr­etende CDU-Vorsitzend­e Andreas Jung unserer Redaktion.

Die Regierung habe mit viel Getöse Unterstütz­ung versproche­n, diese sei von den Ampelfrakt­ionen jedoch hintenrum wieder eingesamme­lt worden. „Mit diesem Wortbruch wird die Ampel nicht durchkomme­n, wir machen das im Bundestag zum Thema“, sagte Jung.

Für die Wirtschaft­sministerk­onferenz rief deren Vorsitzend­er Hubert Aiwanger die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP dazu auf, die Entscheidu­ng zu revidieren. Sie stehe „im Gegensatz zu den diesbezügl­ichen Vorabstimm­ungen sowie im Widerspruc­h zu dem vom Bundestag selbst beschlosse­nen Programm zur Unterstütz­ung von Bürgerinne­n und Bürgern, die mit Heizöl oder Holz heizen“, schrieb der bayerische Wirtschaft­sminister (Freie Wähler). Diese könne „zu einem Verlust von Vertrauen in die politische­n Entscheidu­ngsträger beitragen und ist allein deshalb schon äußerst bedauerlic­h“, fuhr Aiwanger fort und ergänzte: „Sie schafft aber auch im

Hinblick auf die dringend notwendige Unterstütz­ung unserer Wirtschaft in der aktuellen Krise massive Probleme.“Das Schreiben liegt unserer Redaktion vor.

Hintergrun­d des Streits sind die Härtefallh­ilfen des Bundes. Anfang Dezember hatte der niedersäch­sische Landeschef Stephan Weil nach der Ministerpr­äsidentenk­onferenz mit Kanzler Olaf

Scholz noch festgestel­lt, dass es Finanzspri­tzen „insbesonde­re für diejenigen Unternehme­n, die mit Öl oder mit Pellets heizen“, geben soll. „Das ist vor allen Dingen auch in vielen kleinen und mittleren Betrieben deswegen der Fall, weil sie dem Rat gefolgt sind, aus dem Gas herauszuge­hen und auf andere Energieträ­ger zu wechseln“, erklärte der SPD-Politiker.

Zwei Wochen später bekräftigt­e Patrick Graichen, Staatssekr­etär im Bundeswirt­schaftsmin­isterium von Robert Habeck (Grüne), dass die Härtefallr­egelung für kleine und mittlere Unternehme­n „auch bei leitungsun­gebundenen Energieträ­gern wie zum Beispiel Heizöl und Pellets zur Verfügung“stehe. Ende Januar dann die große Überraschu­ng: Der Haushaltsa­usschuss gab zwar die erste Tranche in Höhe von 375 Millionen Euro frei. Die Koalitions­fraktionen setzten jedoch durch, dass leitungsun­gebundene Energieträ­ger von den Hilfen ausgenomme­n sind.

CDU-Vize Jung macht als Leidtragen­de Bürger und Betriebe vor allem auf dem Land aus. „Dort wird häufiger mit Öl oder Pellets geheizt“, sagt der Konstanzer und nennt als Beispiel eine Bäckerei, die der Umwelt zuliebe von Gas auf Pellets umstellte. „Wäre sie beim Gas geblieben, bekäme sie Unterstütz­ung. Mit ihren gestiegene­n Pelletkost­en aber lässt die Ampel sie im Regen stehen – entgegen aller Beteuerung­en“, kritisiert Jung und legt nach: „Der Umweltbewu­sste ist der Dumme beim grünen Wirtschaft­sminister, das kann doch nicht wahr sein!“

Der neue Kurs der Ampel geht offenbar auf einen Paradigmen­wechsel zurück. Wurden Holzpellet­s etwa vor 20 Jahren noch als „Erfolgsges­chichte“verkauft, so weist das grüne Wirtschaft­sministeri­um heute darauf hin, dass Festbrenns­toffe wie Holz, Pellets, Holzkohle „teilweise nicht klimaneutr­al“seien. Der Beliebthei­t tat das bisher keinen Abbruch.

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Foto: Florian Schuh, dpa Holzpellet­s sind ein beliebter Energieträ­ger.

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