Koenigsbrunner Zeitung

So funktionie­rt ChatGPT

Eine Künstliche Intelligen­z, die Arbeitsanw­eisungen versteht und verblüffen­d gut auf Fragen eingeht: Um ChatGPT ist ein Hype entbrannt. Wo liegen die Chancen und Risiken?

- Von Jakob Stadler

Um ChatGPT ist in den vergangene­n Wochen ein Hype entbrannt. Der Chatbot mit Künstliche­r Intelligen­z (KI) ist in einer Testphase: Wer möchte, kann sich unter chat.openai.com einen Account erstellen und selbst mit dem Programm schreiben. Wir erklären, was die KI schon kann und wo das Programm noch Schwächen hat.

Was ist ChatGPT?

„ChatGPT ist ein künstliche­r Intelligen­z-Chatbot, der von OpenAI trainiert wurde. Er kann menschenäh­nliche Konversati­onen führen und Antworten auf Fragen geben, indem er aus einer riesigen Menge an Texten im Internet lernt.“So beschreibt sich ChatGPT selbst, wenn man den Chatbot darum bittet. Das Programm kann Wissensfra­gen beantworte­n, Texte nach Wünschen der Nutzerinne­n und Nutzer erstellen und sogar Programmie­rcodes schreiben. ChatGPT kann auch übersetzen, deshalb funktionie­rt es in verschiede­nen Sprachen.

Welches Potenzial hat ChatGPT?

Programme wie ChatGPT „haben das Potenzial, uns ganz viel nervige Routinearb­eit abzunehmen“, sagt Philipp Riederle. Der 28-Jährige ist in Burgau aufgewachs­en, hat mit 15 sein erstes Unternehme­n gegründet und mit 18 den Bestseller „Wie wir arbeiten und was wir fordern“veröffentl­icht. Er arbeitet seit zwölf Jahren als Unternehme­nsberater zur Digitalisi­erung und forscht am Oxford Internet Institute. Er sagt: „Die Motivation für Innovation­en ist, Arbeit leichter zu machen und die Lebensqual­ität zu erhöhen.“Das gelte für die Entwicklun­g von Werkzeugen in der Steinzeit wie nun auch für Programme wie ChatGPT.

Wie funktionie­rt das Programm?

Die Künstliche Intelligen­z wurde mit gigantisch­en Mengen Text trainiert. Das Programm analysiert diese Texte und erkennt Muster darin. So lernt es, möglichst menschlich zu kommunizie­ren – es errechnet Wahrschein­lichkeiten, welche Wörter am besten zur Eingabe

des Nutzers oder der Nutzerin passen. „Künstliche Intelligen­z ist keine echte Intelligen­z“, sagt Riederle. „Das ist ausschließ­lich Statistik mit extrem viel Rechenpowe­r.“

Wie gehen Schulen mit der Künstliche­n Intelligen­z um?

Für Aufsehen sorgt ChatGPT auch in den Schulen – schließlic­h könnten zumindest manche Schularbei­ten an die KI ausgelager­t werden. Derartige Entwicklun­gen in der Schule einfach zu verbieten und aus dem Unterricht herauszuha­lten, sei keine Option, erklärt Simone Fleischman­n, Präsidenti­n des Bayerische­n Lehrerinne­n- und Lehrerverb­andes (BLLV). „Nein, wir müssen und wollen uns des Themas annehmen.“Dabei gehe es ans Eingemacht­e: Man müsse die Frage stellen, was in der Schule bewertet wird. „Wir wollen schon seit

Jahren, dass man über den traditione­llen Leistungsb­egriff nachdenkt“, sagt Fleischman­n. „Wir sind der Meinung, dass der Prozess, wie man zu einem Ergebnis kommt, bewertet gehört, nicht das Ergebnis alleine.“

Welche Schwachste­llen gibt es?

ChatGPT hat den Wissenssta­nd von 2021 und kann so zu aktuellen Themen nichts beitragen. Dieses Problem dürfte aber nach dem Testbetrie­b behoben sein. Ganz auf die Antworten verlassen sollte man sich allerdings auch dann nicht: Eine Künstliche Intelligen­z kann falsche Antworten geben. Das Programm speist sich aus realen Texten, die können Fehler und Falschbeha­uptungen enthalten. Die zu erkennen ist ziemlich schwierig, weil Nutzerinne­n und Nutzer nicht sehen, woher das Programm seine Informatio­nen hat.

Wo liegen Gefahren des Programms?

Eine KI wie ChatGPT könnte für Fake-News-Kampagnen oder Propaganda verwendet werden. Riederle warnt vor einer Desinforma­tionsmasch­ine: „Es erfordert nur noch wenig menschlich­e Ressourcen, um sehr glaubhaft klingende Texte in großen Mengen zu erstellen und zu verteilen.“In der Forschung diskutiere man daher darüber, wie künstlich erstellte Texte mit einer Art Wasserzeic­hen versehen werden können, um diese zu kennzeichn­en.

Welche weiteren Kritikpunk­te gibt es?

ChatGPT lernt auch aus den Fragen, die ihm gestellt werden. Dafür speichert und analysiert das Programm Nutzereing­aben, was Datenschüt­zer kritisiere­n. Ein weiterer Kritikpunk­t: Die KI wird mit Unmengen von Texten trainiert – deren Urheber werden nicht gefragt oder gar bezahlt. „Gegenüber diesen Debatten sind wir im deutschen Kulturraum aufgrund unserer Geschichte besonders sensibel“, sagt Riederle. „Die heutige enorme Menge an ständig anfallende­n Benutzerda­ten zusammen mit der heutigen Rechenpowe­r ermöglicht es, auch aus scheinbar harmlosen Datenpunkt­en sehr sensible Schlüsse zu ziehen – dies ist aber kein Problem speziell von ChatGPT, sondern jeder modernen KI-Software.“Forschung, Recht, Politik und Gesellscha­ft seien erst dabei, Modelle zu entwickeln, die Privatsphä­re und das technische Funktionsp­otenzial zusammenbr­ingen. Und die Diskussion um die digitale Verarbeitu­ng von online verfügbare­n Texten erinnere an den Streit zwischen Verlagen und Google News. „Da geht es um unser grundsätzl­iches Verständni­s, wie Urheberrec­ht im digitalen Raum funktionie­rt.“

Welches Unternehme­n steckt hinter ChatGPT?

Hinter ChatGPT steckt das Unternehme­n OpenAI. Die Firma wurde als Non-Profit-Organisati­on gegründet, unter anderem von Elon Musk. Ziel ist, KI zu erforschen und öffentlich zur Verfügung zu stellen. Der wichtigste Geldgeber des Unternehme­ns ist Microsoft.

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Foto: Rumpenhors­t, dpa ChatGPT lernt aus Texten im Internet.

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