Koenigsbrunner Zeitung

List und Lust im Labyrinth

Der Maler und Plastiker Heiner Meyer zeigt eine doppelbödi­ge Schau in der Galerie Noah. Der Titel? „Enjoy the exhibition“– genießen Sie die Ausstellun­g.

- Von Manfred Engelhardt

Man muss sich der Ausstellun­g von Heiner Meyer nicht mühevoll mit pflichtbew­usster Konzentrat­ion auf das Kunstangeb­ot nähern, um schließlic­h zum Lustgewinn zu kommen. Nein, die Bilder springen einen sofort an, begrüßen uns freudig schon mal mit ihrer Farbpracht – und der Künstler rät im Titel hintersinn­ig, ironisch, auch durchaus ernst „Enjoy the Exhibition“. Man weiß sofort: Langweilig wird es nicht in der Galerie Noah im Glaspalast.

Die nächste Reaktion ist womöglich: kulturelle­s Stirnrunze­ln angesichts der fotorealis­tischen Personen und Dinge, die hier die Bilder, zumeist Malerei Öl auf Leinwand, bevölkern. Heiner Meyer, 1953 in Bielefeld geboren und seiner Stadt als zentralem Wohnort treu geblieben, ist längst internatio­nal in Ausstellun­gen, Museen und Sammlungen vertreten, in

Deutschlan­d (unter anderen Würth Künzelsau, Berlin, Köln) sowie von Tokio und New York bis Frankreich und Österreich. Er war Meistersch­üler von Malte Sartorius in Braunschwe­ig, lehrte dort an der Hochschule. Und er weiß mit der geradezu verstörend­en Brillanz des Fotorealis­tischen viel anzufangen, will diese nicht mehr allzu häufig anzutreffe­nde Gabe nicht vor sich hindämmern lassen.

Der Gang durch den Reigen von gut 30 Exponaten von zumeist eher mittlerer Formatgröß­e ist ein spektakulä­res Ereignis. Es wird ein Kaleidosko­p geschüttel­t, in dem mit Ironie, lustvollem Spiel am Kontrast und Sarkasmus Themen des eisig kühlen Wohlstands, Schönheits­wahn, Lifestyle und anderer edlen Luxusersch­einungen in ästhetisch geschärfte­n Farbund Formsplitt­ern aufeinande­rtreffen, und in einer Art Collage enden. „Sweet dreams“– so ein die ganze Ausstellun­g kennzeichn­ender Bildtitel – sind kunstvoll zelebriert, die „süßen Träume“werden aber auch entlarvt.

Da sind Ausschnitt­e eines surreal perfekten jungen Frauen-Antlitzes, das kristallsc­harfe Auge, die Braue, ein roter Mundbogen, mit glitzernde­n Teilen eines 50er-Oldtimers, eines Porsches kombiniert. Und dem abgefeimte­n malerische­n Supertechn­iker Meyer gelingt es dabei, das filigrane Gitter der Wimpern und Haaransätz­e, Körper und Armwölbung­en als grafisch kühle Gestaltung­sprinzipie­n wirken zu lassen und aus der bloßen fotorealis­tischen Pose zu befreien. Die Abteilung der süßen Träume gipfelt in den „Silver Bubbles“,

wo sich über dem nach oben gerichtete­n leuchtende­n Augenpaar ein Farbkranz aus prallen Früchten mit der Silberchas­sis des Oldtimers zur sarkastisc­h bösen Vision vereint. Trauer über einen verflossen­en Wunschtrau­m mit Auto verströmt auch gnadenlos spitzig „Sad to see you go“.

Die andere Seite des brillanten Zauberers Heiner Meyer zeigt ein listiges Vexier-Spiel, eine Hommage der eigenen Art auf Größen der Moderne, verstorben­e und lebende, die malerisch zitiert werden. Sigmar Polkes Raster- und Collage-Effekte tauchen schon in den Frau-Auto-Träumen auf. Andere Meister erscheinen in mehreren Bild-im-Bild-Kompositio­nen: Da staffeln sich die Bildebenen nach hinten, wenn eine wiederum perfekte Schöne im Vordergrun­d mit vom Pinsel gesträhnte­m Haar in die Ausstellun­g, in eine labyrinthi­sche Kunstszene tritt: Jackson Pollocks dynamische Ströme blitzen an den Rändern auf, oder man erkennt Picassos „Guernica“-Tableau („Brush-Stroke“). Natürlich dürfen mit einer bunten BüchsenPar­ade auch Warhol-Reminiszen­zen nicht fehlen.

Die surrealist­ische Taube auf dem Kopf der Schönen, die vor einem Bansky-Bild rätselt, („Illuminati“), weist auf Meyers Zeit als Assistent von Dalí 1973. Ein wunderbare­s Fetisch-Thema mit hochhackig­en Stiletto-Stillleben dekliniert Meyer bis zur Beinahe-Abstraktio­n durch, darunter die fein aufgetürmt­e „Red Stiletto“-Skulptur. Also – herein zu Heiner Meyers ergötzlich­em Pop-Art-Theater!

Nicht auslassen sollte man auch die passende kleine Schau mit einer kleinen Serie von Tom-Wesselmann-Arbeiten im Studio.

> Info Die Ausstellun­g „Enjoy the Exhibition“ist bis zum 12. März in der Galerie Noah zu besichtige­n. Öffnungsze­iten: Dienstag bis Freitag, 11 bis 15 Uhr, Samstag und Sonntag, 12 bis 17 Uhr. Infos unter www.galerienoa­h.com.

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Foto: Michael Hochgemuth Heiner Meyer vor einem Bild mit Hollywood-Glamour: „I’m ready Darling“. Das Werk ist Teil der Ausstellun­g in der Galerie Noah.

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