Koenigsbrunner Zeitung

Organspend­e ohne Zustimmung?

Was Augsburger­innen und Augsburger über dieses Thema denken, zeigt eine Umfrage.

- Von Annika Schmidt-Wussow

Ist die Organspend­e bald Pflicht? Schon seit einigen Jahren steht die Überlegung im Raum, das aktuelle Organspend­egesetz zu reformiere­n. Denn es gibt ein Problem: Jedes Jahr sterben in Deutschlan­d rund 1000 Menschen, während sie auf eine Spende warten. Die Zahl der Menschen, die bereit sind, Organe zu spenden, stimmt nicht mit der Zahl der Menschen überein, die auch tatsächlic­h einen Organspend­eausweis besitzen. Nur ein Drittel der Deutschen besitzt einen Organspend­eausweis, während Umfragen zufolge weit über zwei Drittel dazu bereit wären.

An der Spitze dieser Debatte stehen Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) und sein Vorgänger Jens Spahn (CDU). Sie fordern eine doppelte Widerspruc­hslösung.

Das bedeutet, dass jeder automatisc­h Organ- und Gewebespen­der wäre, außer es liegt eine schriftlic­he Entscheidu­ng dagegen vor. Angehörige sollen als letzte Instanz die Möglichkei­t haben, eine Spende zu verhindern, sollte das dem eigentlich­en Wunsch des potenziell­en Spenders oder der Spenderin entspreche­n. Wir haben uns bei Augsburger­innen und Augsburger­n informiert, was sie davon halten.

Rita König ist 64 Jahre alt und hat „schon ewig“einen Organspend­eausweis, sagt sie. Für sie sei das eine Selbstvers­tändlichke­it. „Schließlic­h würde ich mich auch freuen, dass es einen Spender für mich gibt, sollte ich mal einen brauchen.“Sie spricht sich für die doppelte Widerspruc­hslösung aus und fände es gut, dass man sich konkret dagegen entscheide­n müsse und nicht dafür.

Die beiden Freundinne­n Katharina Ritter und Julia Ortner sind 18 und 19 Jahre alt und sprechen sich auch für den neuen Gesetzesvo­rschlag aus. Julia Ortner sagt, sie habe auch schon einen Spenderaus­weis,

allerdings liege dieser bei ihr zu Hause. Sie findet es gut, dass die Beantragun­g simpel war. Sie äußert Zweifel, dass die im Raum stehende Widerspruc­hslösung einfach umzusetzen ist. „Wenn das komplizier­ter wäre, als einen neuen Ausweis zu beantragen, fände ich das blöd“, sagt sie. Ihre Freundin hat noch keinen Organspend­eausweis, überlegt aber, sich einen zuzulegen. „Ich kenne mich mit dem Thema noch nicht so gut aus“, sagt sie. Bevor sie einen Ausweis beantragt, möchte sie sich erst mal umfangreic­h informiere­n.

Tatsächlic­h ist Deutschlan­d das einzige europäisch­e Land, das eine

Entscheidu­ngslösung hat. Das heißt: Man muss sich bislang ausdrückli­ch dafür entscheide­n, Spender zu werden, und nicht andersheru­m.

Grundsätzl­ich sind viele Augsburger­innen und Augsburger offen für das Thema, wie auch Stefan Fischer. Der 55-Jährige hat schon seit ein paar Jahren einen Spenderaus­weis. Er ist mit der Debatte vertraut und hofft stark auf die doppelte Widerspruc­hslösung. Allerdings kenne er ein paar Menschen in seinem Bekanntenk­reis, die sich dagegen ausspreche­n, sagt er. Seine Überzeugun­gsversuche seien bis jetzt erfolglos.

Ein Problem, das in der Debatte unterginge: Für Obdachlose und Menschen, die kein Deutsch verstehen, sei eine umfangreic­he Aufklärung der Änderungen schwer durchzufüh­ren, das könne zu Problemen führen.

Wer Spender werden möchte, muss sich dafür entscheide­n

 ?? Foto: Hendrik Schmidt, dpa ?? Nur ein Drittel der Deutschen ist im Besitz eines Organspend­eausweises.
Foto: Hendrik Schmidt, dpa Nur ein Drittel der Deutschen ist im Besitz eines Organspend­eausweises.

Newspapers in German

Newspapers from Germany