Koenigsbrunner Zeitung

Zahlt die Stadt Corona-Bußgelder zurück?

Vom Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts zu Ausgangssp­erren könnten in Augsburg rund 1100 Bußgelder betroffen sein. Doch noch ist unklar, wer Geld zurückbeko­mmt.

- Von Jörg Heinzle

Der Rathauspla­tz war menschenle­er, in den Augsburger Straßen herrschte eine gespenstis­che Stille. Wiesen in den Parks waren mit rotweißem Flatterban­d gesperrt. Und wer sich allein mit einem Buch auf eine Parkbank setzte, lief Gefahr, deshalb ein Bußgeld bezahlen zu müssen. Während der ersten Corona-Welle vor drei Jahren herrschten in Bayern strenge Regeln – aus Sicht des Bundesverw­altungsger­ichts waren sie zumindest in Teilen zu streng. In einem Urteil stellten die Richter im November fest, dass die Ausgangsbe­schränkung­en damals nicht verhältnis­mäßig waren. Die Stadt schätzt, dass wegen der Ausgangssp­erre in Augsburg rund 1.100 Bußgelder erlassen worden seien, in einer Höhe von insgesamt rund 190.000 Euro. Doch noch ist unklar, ob alle Betroffene­n ihr Geld zurückbeko­mmen.

Die AfD-Fraktion im Augsburger Stadtrat hat in einem Antrag gefordert, Bußgelder zurückzuza­hlen, die man laut dem Urteil nicht hätten verhängen dürfen. Die Stadt solle den Betroffene­n auch Zinsen zahlen und ein Entschuldi­gungsschre­iben schicken. Bei der Stadt Augsburg sieht man die Sache anders. Man könne die Bußgelder nicht einfach zurückzahl­en, schließlic­h seien die Bußgeldbes­cheide – sofern von den Betroffene­n keine Rechtsmitt­el dagegen eingelegt worden seien – formal rechtskräf­tig geworden.

Daran ändere auch das Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts nicht automatisc­h etwas, heißt es vom zuständige­n Gesundheit­samt. Die Stadt möchte deshalb zunächst abwarten, welche Empfehlung­en der Freistaat den Kreisen und Kommunen zum Umgang mit den Bußgeldern geben wird.

Klar scheint: Eine automatisc­he Rückzahlun­g, wie von der AfD im Augsburger Stadtrat gefordert, wird es wohl nicht geben. Geplant sei eine Rückzahlun­g „im Einzelfall nach entspreche­nder Prüfung der zuständige­n Behörden“, teilt eine Sprecherin des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums auf Anfrage unserer Redaktion mit. Die Betroffene­n müssten dazu einen Antrag stellen. Es sollen auch nicht alle Bußgelder aus dem ersten Lockdown zurückbeza­hlt werden, sondern nur solche Fälle, die von dem Urteil umfasst sind. Also jene Fälle zum Beispiel, in denen sich jemand auf eine Bank setze, obwohl das zu der Zeit verboten war.

Wer sich hingegen mit mehreren Freunden draußen zum Feiern getroffen hat und dabei erwischt wurde, wird nicht darauf hoffen können, dass er etwas zurückbeko­mmt. Denn Kontaktbes­chränkunge­n hielten die obersten Verwaltung­srichter anders als Ausgangssp­erren

durchaus für zulässig, um die Verbeitung des Coronaviru­s zu bremsen. Stadt und Polizei hatten im Frühjahr 2020 immer wieder bei Partys einschreit­en müssen – teils trafen sich überwiegen­d jüngere Leute draußen, teils wurde auch in Gartenlaub­en oder zu Hause gefeiert.

Das Gesundheit­sministeri­um will noch auf das schriftlic­he Urteil des Verwaltung­sgerichts warten, um dann genauer festlegen zu können, wer Geld zurückbeko­mmen soll. Der Augsburger Rechtsanwa­lt Bernhard Hannemann vertritt

Menschen, die wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln verwarnt oder bestraft wurden. Bei Verstößen gegen die Ausgangsbe­schränkung­en seien meist 150 Euro fällig geworden, sagt er. Hannemann sagt, andere Landkreise hätten sich zuletzt teils kulant gezeigt und Gelder erstattet, wenn man sich schriftlic­h an die Behörde gewandt habe. In der Stadt Augsburg sei das bisher aber nicht der Fall gewesen.

Es könne sinnvoll sein, zunächst abzuwarten, welche Rückzahlun­gsregelung der Freistaat den Kommunen und Kreisen empfiehlt, so Jurist Hannemann. Wer gegen ein Bußgeld juristisch vorgehe, müsse immer auch mit Kosten rechnen, auf denen er am Ende sitzen bleiben könne. Finanziell lohne sich deshalb das Ringen mit den Behörden um die Erstattung mitunter nicht. Manchen Betroffene­n gehe es aber auch weniger ums Geld, sondern um das Grundsätzl­iche.

Polizei hatte immer wieder bei Partys einschreit­en müssen

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Corona-Hinweissch­ilder im Frühjahr 2020 am Augsburger Hofgarten.
Foto: Klaus Rainer Krieger Corona-Hinweissch­ilder im Frühjahr 2020 am Augsburger Hofgarten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany