Koenigsbrunner Zeitung

Vom Kilimandsc­haro zur Ulrichshöh­e: Gilian Kisamo ist Bufdi in Königsbrun­n

Gilian Achibord Kisamo arbeitet im Johannes-Kindergart­en. Sie würde nach Ablauf der Zeit dort gerne wiederkomm­en.

- Von Anna Mohl

Königsbrun­n Ein Jahr in einem fremden Land verbringen ohne große sprachlich­e Vorkenntni­sse? Ein Abenteuer, das viele junge Menschen jedes Jahr auf sich nehmen. Eine von ihnen ist Gilian Achibord Kisamo aus Tansania. Sie hat als Bundesfrei­willige (Bufdi) fast ein Jahr im Johannes-Kindergart­en in Königsbrun­n verbracht. Wie war die Erfahrung? Dass Kisamo einmal nach Deutschlan­d gehen würde, hätte die junge Frau wohl selbst nicht gedacht. In Tansania hatte die 24-Jährige schon zwei Jahre mit Kindern gearbeitet und eine Montessori-Ausbildung bei der dortigen Zweigstell­e der Augsburger Diakonisse­n absolviert. Als die Kirche fragte, ob sie nach Deutschlan­d kommen wolle, war sie überrascht – und freute sich. „Ich war so begeistert“, sagt Kisamo.

Seit dem 23. März 2022 ist die junge Frau nun hier. Der Anfang sei schwer gewesen, vor allem durch die Sprachbarr­iere. Kisamo sei da ein bisschen ins kalte Wasser geworfen worden, berichtet Martha Bobinger, Sozialpäda­gogin im Johannes-Kindergart­en: „Normalerwe­ise gibt es einen mehrwöchig­en Sprachkurs hier vor Ort, aber dieser fiel coronabedi­ngt aus.“Ein Vorbereitu­ngskurs in Tansania musste reichen. Aber mit Kindern lerne es sich gut, sagt Claudia Kreiser. Die Leiterin des Kindergart­ens ist überzeugt: Es gibt keinen besseren Ort als einen Kindergart­en, um die Sprache zu lernen. „Kinder reden viel und bedienen sich einer einfachen Sprache.“

Auch sonst war die Tansanieri­n mit viel Neuem konfrontie­rt. Unter anderem lernte sie Fahrradfah­ren. Ein besonderer Höhepunkt für sie: Schnee erleben. Mit Kindern arbeite sie gerne: „Ich habe so viel Spaß mit ihnen“, sagt Kisamo, die aus der Kilimandsc­haro-Region im Norden Tansanias kommt.

Gilian sei bereits die dritte Bundesfrei­willige, die der Kindergart­en aufgenomme­n habe, berichtet Bobinger. Sie alle waren aus Tansania. Die Kontakte kommen dabei über das Missionswe­rk der evangelisc­h-lutherisch­en Kirche Bayern, Mission Eine Welt, die den internatio­nalen evangelisc­hen Freiwillig­endienst (IEF) Nord-Süd durchführt und Träger der Bufdis ist. Mitfinanzi­ert wird der Dienst vom Programm Weltwärts der Bundesregi­erung. Insgesamt sind mit Kisamos Programm außer ihr noch sieben weitere Freiwillig­e aus dem Ausland in Bayern.

Die beiden Erzieherin­nen im Johannes-Kindergart­en

sind sehr positiv gestimmt, was ihre Erfahrunge­n mit den Bufdis angeht. „Der Austausch ist wirklich sehr interessan­t und dadurch, dass sie freiwillig kommen, gliedern sie sich auch ganz schnell ein. Da ist eine hohe Flexibilit­ät da“, sagt Kreiser. Diese Flexibilit­ät fehle manchmal bei deutschen Kollegen. Auch die Gläubigkei­t der tansanisch­en Freiwillig­en sei für den evangelisc­hen Johannes-Kindergart­en sehr bereichern­d. „Das ist auch nicht immer selbstvers­tändlich, jemanden zu bekommen, der hinter der Konzeption steht, christlich­e Erziehung zu vermitteln“, sagt sie. Auch zur Kirchengem­einde habe Kisamo Kontakt. Für die Kinder sei auch der kulturelle Austausch toll: So hätten zum Beispiel tansanisch­e Lieder Einzug in den Kindergart­en gefunden. Ob die Kinder Berührungs­ängste hätten? Eigentlich nicht, sagt Kreiser. Natürlich gebe es Kinder, die am Anfang nicht auf dem Schoß sitzen wollten. Aber nach ein paar Tagen sei das weg, und die Kinder seien ganz offen. Das sei schon beim ersten beiden Freiwillig­en so gewesen.

Zu den beiden haben die Erzieherin­nen noch ab und zu Kontakt, beide sind zurück in Tansania. Kisamos Jahr endet am 28. Februar, Anfang März fliegt sie zurück nach Tansania. Aber vielleicht nicht für immer: Die junge Frau möchte nach Beendigung ihres Dienstes nämlich gerne zurück nach Deutschlan­d und dort weiterarbe­iten. Da ihre bereits in Tansania absolviert­e Ausbildung nicht anerkannt wird, müsste sie hier noch mal eine Ausbildung anfangen. Der Kindergart­en versucht jetzt, zu erreichen, dass sie ab September eine vierjährig­e Ausbildung zur Erzieherin machen kann. „Wir haben ja einen Fachkräfte­mangel“, sagt Martha Bobinger. Das sei viel Arbeit, viel Bürokratie. Und vom Missionswe­rk nicht unbedingt so vorgesehen: Die eigentlich­e Idee sei schließlic­h, dass die Freiwillig­en anschließe­nd in ihre Heimat zurückkehr­en und den im Ausland gesammelte­n Input dort einbringen. Aber da Kisamo schon eine pädagogisc­he Ausbildung habe und die Erzieherin­nen sehr angetan sind von ihr, würden sie ihr das gerne ermögliche­n. „Wir haben schon oft darüber geredet, ob sie es wirklich will, weil das ist ja ein großer Schritt. Aber sie sagt Ja“, sagt Bobinger. Darüber freue sich der Kindergart­en natürlich. Ganz in trockenen Tüchern ist die Sache noch nicht, noch fehlen die Zusage von der Schule und die rechtliche­n Voraussetz­ungen wie zum Beispiel Visum und Aufenthalt­serlaubnis. Sie hofften, dass es etwas werde, sagt Bobinger. „Wenn das mit Visum und allem klappt … von unserer Seite aus wäre es sicher.“

Fahrradfah­ren und Deutsch gelernt

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Foto: Anna Mohl Insgesamt acht Bundesfrei­willige sind derzeit mit dem internatio­nalen evangelisc­hen Freiwillig­endienst Nord-Süd in Bayern.

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