Wie eine Diedorferin gegen den Hunger in Kenia kämpft
Von der Uni ab nach Afrika: Warum sich die Wissenschaftlerin Dr. Susanne Dreschl-Bogale für ein Ernährungsprojekt in Kenia begeistert hat – und was ihr zu schaffen macht.
Wieso haben Sie sich dazu entschieden, bei LandsAid als Projektmanagerin anzufangen?
Dr. Susanne Dreschl-Bogale: Ich arbeite gerne im interkulturellen Kontext. Vor allem bei Projekten, die so erfüllend sind wie das in Kenia.
Was haben Sie vor Ihrer Arbeit bei LandsAid gemacht?
Dreschl-Bogale: Ich habe Ernährungswissenschaft studiert und mich in Richtung internationaler Ernährungssicherheit spezialisiert. Mein Diplom und meine Promotion habe ich in Burkina Faso und in Äthiopien zum Thema Fehl- und Mangelernährung bei Kindern gemacht. An der Universität Hohenheim arbeitete ich im Bereich der Ernährungssicherheit. Auch da betreute ich Projekte in Afrika.
Was mögen Sie besonders an Afrika?
Dreschl-Bogale: Die Kultur dort hat mich schon immer fasziniert. Die Menschen begegnen mir mit Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Ich schätze den Kontakt zur lokalen Bevölkerung sehr. Mittlerweile habe ich viele Freunde dort, die ich gerne besuche. Meistens bin ich mindestens einmal im Jahr in Afrika.
Wie verständigen Sie sich mit den Menschen dort?
Dreschl-Bogale: Mit Englisch kommt man auf jeden Fall weit. In manchen Teilen des Kontinents spricht man auch Französisch. Ich versuche aber immer, die wichtigsten Ausdrücke der Landessprache zu lernen, wie Begrüßungsformen, danke, bitte und auf Wiedersehen. Die lokale Bevölkerung freut sich unheimlich, wenn man sie in ihrer Sprache begrüßt. Amharisch, die Amtssprache in Äthiopien, verstehe ich ganz gut und kann mich ein wenig verständigen.
Haben Sie ein Lieblingsprojekt bei LandsAid?
Dreschl-Bogale: Das Projekt in Kenia
hat mich besonders begeistert. Es hat sich zu einem Vorzeigeprojekt entwickelt. Das Schöne an diesem Programm ist, dass es sich mehr oder weniger verselbstständigt hat. Die Menschen tragen ihr erworbenes Wissen an Nachbarn und Freunde weiter, so können viele Menschen erreicht werden. Und vor allem sozial schwache Gruppen, wie Menschen mit Behinderung, werden gezielt gefördert. Darüber hinaus liegt bei der Zielgruppe ein Fokus auf Frauen und Jugendlichen. So haben die Begünstigten die Möglichkeit, selbstständig etwas aufzubauen. Das gefällt mir an diesem Projekt.
Bei Ihrem Besuch des Projekts gab es da ein Schicksal, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Dreschl-Bogale: Ja, die gab es definitiv. Es gab da eine Frau. Sie ist die Großmutter von drei Enkelkindern, von denen eines behindert ist. Die Eltern der Kinder sind verstorben und die Frau ist alleine für sie verantwortlich. Durch die Teilnahme am Projekt, den Zugang zu zertifiziertem Saatgut, den LandsAid und CIVS ermöglichen, und die regelmäßigen Besuche und Tipps der Experten konnte sie genügend Geld verdienen, um sich einen Regentank zu kaufen.Durch die erzielten Einnahmen unterstützt sie ihre Familie und kann den Enkelkindern sogar den Zugang zu Bildung ermöglichen.
Gab es noch eine Geschichte, die Sie besonders ergriffen hat?
Dreschl-Bogale: Ein zweites
Schicksal, das mich besonders berührt hat, ist das einer Frau, die durch das Programm und den Verkauf von Maniok genug Geld verdienen konnte, um sich ihre medizinische Versorgung leisten zu können. Sie wurde letztes Jahr überraschend so schwer krank, dass sie sogar im Koma lag. Aber durch das Einkommen, das sie zuvor generiert hatte, war für sie die Behandlung bezahlbar und sie ist jetzt wieder auf den Beinen.
Was ist das Schwierigste an Ihrem Beruf?
Dreschl-Bogale: Die extrem schwierige Lage im Land. Gerade jetzt durch den Klimawandel spitzt sich die Situation der Menschen weiter zu, die Trockenzeiten werden länger und Ernteausfälle gehen damit einher. Außerdem kommt es vermehrt zu extremen Wettersituationen. Es ist hart zu sehen, wie sich Betroffene nach solchen Katastrophen alles wieder aufbauen müssen. Gerade deswegen erfüllt es mich so, wenn man die Leute vor Ort nachhaltig unterstützen kann.
Was ist das Schönste an Ihrer Arbeit?
Dreschl-Bogale: Das Schönste ist es, zu sehen, wie man den Menschen helfen kann und ihnen Perspektiven schenkt – zu erkennen, dass es der Bevölkerung dadurch besser geht.
Wie sehr beeinflusst die aktuelle Situation mit dem Krieg in der Ukraine die Lage der Menschen in Afrika?
Dreschl-Bogale: Kenia bezieht seinen Weizen zu einem großen Teil aus der Ukraine, deswegen beeinflusst der Krieg die Lage dort sehr. Die Inflation ist besonders hart für die Menschen. Daher kam das Maniok Projekt zur richtigen Zeit. Durch den Maniok Anbau konnten sich die Bäuerinnen und Bauern unabhängiger von den Preissteigerungen machen. Das sind wichtige Aspekte des Projekts: Autonomie und Unabhängigkeit. Dadurch hat es Zukunftspotenzial.