„Es gibt keine Ausnahme für Brauchtum“
Jetzt verschwinden aus den Wäldern wieder etliche Birken, um zu geschmückten Maiele für die Liebste zu werden. Aber Achtung: Maibaumdiebe sollten sich nicht erwischen lassen.
Die ersten haben sich ihre Birke vermutlich schon ausgeguckt. In den kommenden Wochen werden aus den Wäldern im Augsburger Land wieder einige Maibäumchen, die Maiele, verschwinden. In der Nacht zum 1. Mai werden sie der Angebeteten als Zeichen der Liebe präsentiert. So ist es Brauch. Doch dafür muss ein kleines Bäumchen her. Es einfach aus dem Wald zu holen, ist nicht erlaubt, betont die Polizei. Ärger gibt es aber nur selten.
Dabei sind die Regeln eindeutig: Wer einen Baum aus einem Wald holt, der ihm nicht gehört, macht sich strafbar. Robert Schmitt, Chef der Zusmarshauser Polizei sagt: „Da gibt es auch keine Ausnahme für Brauchtum.“Erfährt die Polizei von einer Straftat, müsse sie handeln – Tradition hin oder her. Im Raum stehen können dabei Straftaten wie Diebstahl oder Sachbeschädigung. Das gilt nicht nur für diejenigen, die ein kleines Maiele aus dem Wald holen. Auch der Brauch des Maibaum Stehlens ist genau genommen eine Straftat. „Wenn dabei etwas aufgebrochen wird, kann es sogar schwerer Diebstahl sein“, erklärt Polizist Schmitt. Zumindest theoretisch. Denn in der Praxis kommt nur sehr selten dazu, dass ein Maibaumdiebstahl am Ende tatsächlich vor Gericht landet.
Viele Waldbesitzer sehen das Thema gelassen. „Das gehört bei uns einfach dazu“, meint Anton Kraus, Vorsitzender Frostbetriebsgemeinschaft Augsburg-Nord in Horgau. Und weil das Maiele-Stehlen
eben ein alter Brauch sei, rege sich auch kaum ein Waldbesitzer deshalb auf, meint Kraus. Vorausgesetzt, die Burschen entnehmen nicht zu viele Birken aus einem Wald. Kraus: „Im Landkreis gibt es mehrere Wälder mit vielen Birken. Wenn da eine herausgenommen wird, stört das nicht.“Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Vor ein paar Jahren hatte ein Waldbesitzer aus Welden da eine Idee. Über EBay bot er Maiele aus seinem Wald für zehn bis 30 Euro günstig zum Kauf an. In diesem Jahr finden sich bislang allerdings noch keine ähnlichen Angebote aus dem Augsburger Land auf der Plattform. Vermutlich werden also auch in den kommenden Tagen wieder einige Birken aus den Wäldern in der Nachbarschaft heimlich nachts aus dem Wald gebracht.
Das Aufstellen eines Maibaums hat übrigens eine jahrhundertelange Geschichte. Christoph Lang, Heimatpfleger des Bezirks Schwaben, erklärte unserer Redaktion im vergangenen Jahr: „Die ersten
Quellen, die vom Aufstellen eines Maibaums im Dorf berichten, stammen aus der frühen Neuzeit. Das ist ein Brauch, den wir seit etwa 300 Jahren belegen können.“Noch älter seien die ersten Belege zur Tradition der Maiele, also den kleineren Birken, die heute vor das Haus der Liebsten gestellt werden. „Maiele wurden schon im Mittelalter aufgestellt“, weiß der Heimatpfleger. Eine der ersten Quellen stammt dabei aus dem Jahr 1334. Damals schrieb der Mystiker und Autor Heinrich Seuse von Burschen in Schwaben, die nachts in den Wald gehen, um ihrer Liebsten einen Baum zu stellen. Später, im 17. Jahrhundert, tauchen Belege dafür auf, dass damals Soldaten „Maiele“als Ehrenzeichen für hohe Militärs oder Bürgermeister aufstellten.