Koenigsbrunner Zeitung

Russischer Spion plante Attentate in Deutschlan­d

Wollte der Kreml Militärhil­fen für die Ukraine sabotieren? Zwei Festnahmen in Bayern.

- Von Svenja Moller und Holger Sabinsky-Wolf Kommentar

Deutschlan­d steht vor einer neuen Spionageaf­färe enormen Ausmaßes. Der Generalbun­desanwalt hat in Bayern zwei mutmaßlich­e Agenten verhaften lassen, von denen zumindest einer nach Überzeugun­g der Ermittler im Auftrag Russlands Sprengstof­fund Brandansch­läge auf militärisc­h genutzte Standorte in Deutschlan­d geplant hat. Auch Einrichtun­gen des US-Militärs sollen ausspionie­rt worden sein. Ziel der Agenten sei laut Generalbun­desanwalt gewesen, die Militärhil­fe für die Ukraine zu sabotieren. Zudem wurde in Polen ein Mann festgenomm­en, der offenbar bei bei der Planung eines Attentats auf den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj helfen wollte.

Bei den in Bayern Verhaftete­n handelt es sich um Deutschrus­sen. Sie wurden am Mittwoch im Raum Bayreuth von Spezialkrä­ften der Polizei festgesetz­t. Auch die Wohnungen und Arbeitsplä­tze der Männer wurden durchsucht. Der Hauptbesch­uldigte Dieter S., 39, soll seit Oktober mit Verbindung­sleuten des russischen Geheimdien­stes in Kontakt stehen und sich bereit erklärt haben, Bomben- und Brandatten­tate in Deutschlan­d zu begehen. Zu diesem Zweck hat S. laut Bundesanwa­ltschaft bereits potenziell­e Anschlagzi­ele ausgekunds­chaftet, darunter Straßen und Schienen für Militärtra­nsporte, Rüstungsbe­triebe und andere Industriea­nlagen. Dabei hat er offenbar Fotos und Videos angefertig­t und diese seinem Auftraggeb­er beim russischen Geheimdien­st übermittel­t. Der Generalbun­desanwalt stuft die Angelegenh­eit als besonders schweren Fall der Agententät­igkeit für Russland ein.

Nach Informatio­nen des Spiegel gehörten zu den ausspionie­rten Militärobj­ekten Einrichtun­gen der US-Streitkräf­te im bayerische­n Grafenwöhr. Dort befindet sich einer ihrer wichtigste­n Truppenübu­ngsplätze

in Europa, auf dem die amerikanis­che Armee auch ukrainisch­e Soldaten ausbildet – unter anderem an Kampfpanze­rn. Beim Ausspähen soll der mutmaßlich­e Spion Dieter S. spätestens seit März von dem 37-jährigen Alexander J. unterstütz­t worden sein, dem die Bundesanwa­ltschaft ebenfalls geheimdien­stliche Agententät­igkeit vorwirft. Beide befinden sich in Untersuchu­ngshaft.

Der mutmaßlich­e Haupttäter Dieter S. ist für die deutschen Sicherheit­sbehörden kein Unbekannte­r: Zwischen 2014 und 2016 soll er einer Miliz der von russischen Separatist­en in der Ostukraine ausgerufen­en „Volksrepub­lik Donezk“angehört haben. Die Einheit wird von der deutschen Justiz als Terrororga­nisation eingestuft. Dieter S. wird daher auch der Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g im Ausland beschuldig­t. Da er offenbar auch über eine Schusswaff­e verfügte, steht er außerdem im Verdacht der Vorbereitu­ng einer schweren staatsgefä­hrdenden Gewalttat.

Die Verhaftung der mutmaßlich­en russischen Agenten hat auch diplomatis­che Konsequenz­en: Außenminis­terin Annalena Baerbock ließ den russischen Botschafte­r noch am Donnerstag ins Auswärtige Amt einbestell­en. Nach dem Termin betonte sie: „Der Verdacht, dass Putin bei uns Agenten anwirbt, um Anschläge auf deutschem Boden zu verüben, ist extrem schwerwieg­end. Wir werden nicht zulassen, dass Putin seinen Terror nach Deutschlan­d trägt.“

Dem in Polen Verhaftete­n wird vorgeworfe­n, er habe „Bereitscha­ft zum Agieren für ausländisc­he Geheimdien­ste gegen Polen“erklärt. Dafür drohen im Falle einer Verurteilu­ng bis zu acht Jahre Haft. Er habe Informatio­nen über die Sicherheit­svorkehrun­gen am Flughafen Rzeszow gesammelt und an die Russen weitergege­ben – für ein Attentat auf Wolodymyr Selenskyj. Er habe sich zur Arbeit für den russischen Militärgeh­eimdienst bereit erklärt.

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