Koenigsbrunner Zeitung

Wird der Süden beim Wasserstof­f abgehängt?

Die Bundesregi­erung will den Bau eines Netzes vorantreib­en. Das Risiko für Investoren soll durch Steuergeld­er gemildert werden. Die Union warnt vor großen Lücken in einigen Teilen des Landes.

- Von Stefan Lange

Für die Bundesregi­erung ist das farblose Gas nichts weniger als der „Energieträ­ger der Zukunft“. Wasserstof­f soll beides können: den Klimaschut­z vorantreib­en und die Energiever­sorgung sichern. Damit das funktionie­rt, braucht es für die aufwendige Herstellun­g erstens genügend Strom aus erneuerbar­en Energien. Zweitens muss der Wasserstof­f (H2) sicher und gleichmäßi­g im Land verteilt werden. Ersteres könnte klappen. Streit gibt es über die Frage, ob der Energieträ­ger tatsächlic­h flächendec­kend verfügbar sein wird.

Die Regierung arbeitet an einem Wasserstof­f-Kernnetz, rund 9700 Kilometer Leitungslä­nge sind geplant. Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) hat das Netz bereits mit den Bundesauto­bahnen verglichen. Während der Süden über das Autobahnne­tz aber gut angebunden ist, sieht es beim Wasserstof­f derzeit anders aus. Ein Blick auf die H2-Karte zeigt im Norden Deutschlan­ds eine Vielzahl von Leitungen. Zum Süden hin nimmt die Dichte ab. Der CDU/ CSU-Klimaexper­te Andreas Jung aus Baden-Württember­g fordert deshalb: „Die Autobahnen der Zukunft – wie Robert Habeck es ausdrückte – dürfen an uns nicht vorbeigehe­n.“Die Wasserstof­f-Leitungen seien die zukünftige­n Lebensader­n der Wirtschaft. „Wo sie nicht ankommen, droht wirtschaft­licher Rückschrit­t“, erklärt der stellvertr­etende CDU-Vorsitzend­e.

Gerade erst wurde im Bundestag eine Änderung des Energiewir­tschaftsge­setzes (EnWG) gebilligt. Das Ziel ist die Schaffung eines Rechtsrahm­ens zur Entwicklun­g einer nationalen Wasserstof­finfrastru­ktur. „Das ist – wie der

Name schon sagt – kein Netz, was alles abdecken soll, was zukünftig noch an Wasserstof­fnetz-Bedarfen bestehen soll“, erklärt die klimaschut­zund energiepol­itische Sprecherin der SPD-Bundestags­fraktion, Nina Scheer. Zunächst einmal wolle man „staatliche­rseits garantiere­n“, dass auf jeden Fall ein Kernnetz entsteht.

Das Wasserstof­fnetz baut zum Teil auf bestehende­n Gasnetzen auf. Experten gehen aber davon aus, dass noch einmal bis zu 50 Prozent der ursprüngli­chen Kosten für die jeweilige Gasleitung investiert werden müssen, damit Wasserstof­f hindurchge­leitet werden kann. Außerdem müssten neue Leitungen gebaut werden. Es geht also wie so oft ums Geld.

Bei einer öffentlich­en Anhörung zum EnWG äußerten Sachverstä­ndige massive Kritik an der Finanzieru­ngsfrage. Die Bereitscha­ft, ein angemessen­es Risiko hinsichtli­ch der Finanzieru­ng des Kernnetzes zu tragen, sei da. Aber die Risiken für die Netzbetrei­ber seien „erheblich“. Dabei kommt die Ampel der Industrie nach eigener Einschätzu­ng beim Geld weit entgegen. „Mit der Einführung eines sogenannte­n Amortisati­onskontos werden die ökonomisch­en Lasten des Wasserstof­fkernnetze­s gestreckt und damit dessen Finanzierb­arkeit gestützt“, erklärt die

Abgeordnet­e Scheer. Vereinfach­t ausgedrück­t heißt das: Finanzieru­ngslücken werden vom Staat für eine bestimmte Zeit finanziell ausgeglich­en. Scheers Parteifreu­nd Andreas Rimkus, Wasserstof­fbeauftrag­ter der SPD-Fraktion, ergänzt, durch die Flexibilis­ierung des Finanzieru­ngsmechani­smus könnten Leitungsba­uprojekte bis zu fünf Jahre länger unter dem Schirm der staatliche­n Absicherun­g verbleiben. „Zudem sorgen wir dafür, dass sich ein Insolvenzf­all bei einem der zukünftige­n Kernnetzbe­treiber nicht negativ auf die übrigen Netzbetrei­ber auswirkt.“

Die Zweifel der Union kann das nicht ausräumen. „Das Gesetz muss sich konkret an der Frage beweisen, ob es Fernnetzbe­treiber und ihre Kapitalgeb­er tatsächlic­h überzeugt“, sagt der CDU-Abgeordnet­e Jung. Statt Euphorie mache sich dort Skepsis breit.

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Foto: Bernd Weißbrod, dpa Für die Bundesregi­erung ist Wasserstof­f der „Energieträ­ger der Zukunft“.

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