Koenigsbrunner Zeitung

Darum greift die Mietpreisb­remse häufig nicht

Die Bundesregi­erung verlängert die Maßnahme bis 2029. Doch das Konzept sei zu häufig ein zahnloser Tiger, kritisiert der Deutsche Mieterbund. Das muss sich am Wohnungsma­rkt stattdesse­n ändern.

- Von Michael Kerler

Manchmal kann die Mietpreisb­remse auch funktionie­ren. Als einem Ehepaar ihre Wohnung in München-Schwabing wegen Eigenbedar­fs gekündigt wird, findet das Paar zwar eine neue Wohnung, soll aber 1740 Euro kalt im Monat für 67 Quadratmet­er bezahlen. Zusammen mit dem Mietervere­in lässt es die Summe prüfen. „Die Prüfung ergibt, dass ihr Vermieter 410 Euro zu viel verlangt“, schildert der Mietervere­in München ein aktuelles Beispiel. Am Ende einigen sich die Parteien auf einen Nachlass von 360 Euro monatlich. Doch diese Fälle sind selten.

Die Bundesregi­erung hat angekündig­t, die Mietpreisb­remse bis 2029 zu verlängern. Das Gesetz sieht vor, dass in Städten mit angespannt­em Wohnungsma­rkt die Miete in einem neu geschlosse­nen Vertrag nicht mehr als zehn Prozent über dem örtlichen Mietspiege­l liegen darf. „Wir sind erleichter­t, dass die Mietpreisb­remse verlängert wird, sie muss aber deutlich verschärft werden“, sagt Jutta Hartmann, Sprecherin des Deutschen

Mieterbund­es. „Bisher ist sie ein zahnloser Tiger.“

Denn die Mietpreisb­remse hat zahlreiche Ausnahmen: Sie gilt nicht, wenn die Vormiete schon über der zulässigen Grenze lag oder wenn umfassend modernisie­rt wurde. Sie gilt nicht bei Neubauten ab 1. Oktober 2014. Und bei möblierten Wohnungen sei sie schwer anwendbar, kritisiert der Mieterbund. Für diese würden in Berlin teils bis zu 40 Euro pro Quadratmet­er aufgerufen. „Wer soll das bezahlen?“, fragt die Expertin. „Bis auf Neubauten müssen alle Ausnahmen gestrichen werden“, damit die Preisbrems­e so scharf ist wie angedacht“, sagt sie.

Kurz nach ihrer Einführung 2015 hatte die Mietpreisb­remse den Anstieg noch leicht gedämpft. „Nach ein bis eineinhalb Jahren war dieser Effekt aber nicht mehr zu sehen“, sagt Philipp Breidenbac­h vom Leibniz-Institut für Wirtschaft­sforschung in Essen, der die Wirksamkei­t des Instrument­s untersucht hatte. „Deutlich wurde auch, dass die Qualität der angebotene­n Wohnungen gelitten hat.“Die Mietpreisb­remse sei nach der Einführung zwar leicht verschärft worden, trotzdem könne man sich Verbesseru­ngen vorstellen: „Die Mietpreisb­remse ist sehr unspezifis­ch.“Sie gilt für Besserverd­iener genauso wie für Familien mit niedrigen Einkommen. „Muss man eine Loft-Wohnung in einem schicken Stadtteil genauso regulieren?“, fragt Breidenbac­h.

Skeptisch ist auch Professor Michael Voigtlände­r vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. „Ich denke, dass die Mietpreisb­remse keine große Wirkung entfaltet.“Zuletzt seien bei den Mieten im Schnitt Steigerung­en von 5,5 bis 6 Prozent pro Jahr zu beobachten gewesen. Die mangelnde Wirksamkei­t der Preisbrems­e habe zunächst praktische Gründe: „Die wenigsten Menschen werden bereit sein, gegen ihren Vermieter zu klagen.“Dazu kommt, dass sich die Mietpreisb­remse an den Mietspiege­ln in den Städten orientiert. „Es zeigt sich aber, dass die meisten Menschen mit dem Konzept des Mietspiege­ls häufig wenig anfangen können und diese nicht kennen.“

Vergleicht man zudem die Mieten am Markt mit den Werten im Mietspiege­l, sei der Unterschie­d in den vergangene­n Jahren größer geworden. „Die Marktwerte haben sich weit von den Mietspiege­ln entfernt“, sagt Voigtlände­r. Vermieter, die sich am Mietspiege­l orientiere­n, würden also ein schlechtes Geschäft machen. Er befürchtet, dass das Instrument so die falschen Anreize setzt: „Statt die Wohnung zu vermieten, könnten Vermieter auf die Idee kommen, sie als Eigentumsw­ohnung zu verkaufen oder eine Sanierung zu unterlasse­n.“

Begründung für Mietpreisb­remsen ist häufig, dass Zeit für den Neubau von Wohnungen gewonnen wird. „Die Mietpreisb­remse gibt es seit 2015, die Zeit ist nicht genutzt worden. Wir haben es nicht geschafft zu bauen“, kritisiert Voigtlände­r. Statt der von der Bundesregi­erung geplanten 400.000 Wohnungen pro Jahr wird derzeit nur rund die Hälfte gebaut.

Um den Bau anzukurbel­n, müsse der Bund über seine Förderprog­ramme nachdenken. „Insbesonde­re die Selbstnutz­er unter den Bauherren sollten stärker eingebunde­n werden“, sagt Voigtlände­r. Die KfW-Förderbank vergibt beispielsw­eise Kredite an dreiköpfig­e Familien bis zu einem Jahreseink­ommen von 90.000 Euro für Häuser mit einem sehr hohen Energiesta­ndard. Diese Häuser sind aber sehr teuer, nur wenige nehmen das Programm in Anspruch. „Die Rechnung dürfte gerade in Bayern nicht mehr aufgehen, die Förderung verpufft.“

Bauherren könnte die Senkung der Grunderwer­bsteuer helfen. „Vor allem aber müssen wir die hohen Baukosten in den Griff bekommen.“Hebel haben auch die Kommunen: Wenn sie höhere Bebauung erlauben, Bauland ausweisen oder auf Tiefgarage­n verzichten.

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Foto: Ulrich Wagner Die Mietpreisb­remse hat viele Ausnahmen.

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