Darum greift die Mietpreisbremse häufig nicht
Die Bundesregierung verlängert die Maßnahme bis 2029. Doch das Konzept sei zu häufig ein zahnloser Tiger, kritisiert der Deutsche Mieterbund. Das muss sich am Wohnungsmarkt stattdessen ändern.
Manchmal kann die Mietpreisbremse auch funktionieren. Als einem Ehepaar ihre Wohnung in München-Schwabing wegen Eigenbedarfs gekündigt wird, findet das Paar zwar eine neue Wohnung, soll aber 1740 Euro kalt im Monat für 67 Quadratmeter bezahlen. Zusammen mit dem Mieterverein lässt es die Summe prüfen. „Die Prüfung ergibt, dass ihr Vermieter 410 Euro zu viel verlangt“, schildert der Mieterverein München ein aktuelles Beispiel. Am Ende einigen sich die Parteien auf einen Nachlass von 360 Euro monatlich. Doch diese Fälle sind selten.
Die Bundesregierung hat angekündigt, die Mietpreisbremse bis 2029 zu verlängern. Das Gesetz sieht vor, dass in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete in einem neu geschlossenen Vertrag nicht mehr als zehn Prozent über dem örtlichen Mietspiegel liegen darf. „Wir sind erleichtert, dass die Mietpreisbremse verlängert wird, sie muss aber deutlich verschärft werden“, sagt Jutta Hartmann, Sprecherin des Deutschen
Mieterbundes. „Bisher ist sie ein zahnloser Tiger.“
Denn die Mietpreisbremse hat zahlreiche Ausnahmen: Sie gilt nicht, wenn die Vormiete schon über der zulässigen Grenze lag oder wenn umfassend modernisiert wurde. Sie gilt nicht bei Neubauten ab 1. Oktober 2014. Und bei möblierten Wohnungen sei sie schwer anwendbar, kritisiert der Mieterbund. Für diese würden in Berlin teils bis zu 40 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. „Wer soll das bezahlen?“, fragt die Expertin. „Bis auf Neubauten müssen alle Ausnahmen gestrichen werden“, damit die Preisbremse so scharf ist wie angedacht“, sagt sie.
Kurz nach ihrer Einführung 2015 hatte die Mietpreisbremse den Anstieg noch leicht gedämpft. „Nach ein bis eineinhalb Jahren war dieser Effekt aber nicht mehr zu sehen“, sagt Philipp Breidenbach vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, der die Wirksamkeit des Instruments untersucht hatte. „Deutlich wurde auch, dass die Qualität der angebotenen Wohnungen gelitten hat.“Die Mietpreisbremse sei nach der Einführung zwar leicht verschärft worden, trotzdem könne man sich Verbesserungen vorstellen: „Die Mietpreisbremse ist sehr unspezifisch.“Sie gilt für Besserverdiener genauso wie für Familien mit niedrigen Einkommen. „Muss man eine Loft-Wohnung in einem schicken Stadtteil genauso regulieren?“, fragt Breidenbach.
Skeptisch ist auch Professor Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. „Ich denke, dass die Mietpreisbremse keine große Wirkung entfaltet.“Zuletzt seien bei den Mieten im Schnitt Steigerungen von 5,5 bis 6 Prozent pro Jahr zu beobachten gewesen. Die mangelnde Wirksamkeit der Preisbremse habe zunächst praktische Gründe: „Die wenigsten Menschen werden bereit sein, gegen ihren Vermieter zu klagen.“Dazu kommt, dass sich die Mietpreisbremse an den Mietspiegeln in den Städten orientiert. „Es zeigt sich aber, dass die meisten Menschen mit dem Konzept des Mietspiegels häufig wenig anfangen können und diese nicht kennen.“
Vergleicht man zudem die Mieten am Markt mit den Werten im Mietspiegel, sei der Unterschied in den vergangenen Jahren größer geworden. „Die Marktwerte haben sich weit von den Mietspiegeln entfernt“, sagt Voigtländer. Vermieter, die sich am Mietspiegel orientieren, würden also ein schlechtes Geschäft machen. Er befürchtet, dass das Instrument so die falschen Anreize setzt: „Statt die Wohnung zu vermieten, könnten Vermieter auf die Idee kommen, sie als Eigentumswohnung zu verkaufen oder eine Sanierung zu unterlassen.“
Begründung für Mietpreisbremsen ist häufig, dass Zeit für den Neubau von Wohnungen gewonnen wird. „Die Mietpreisbremse gibt es seit 2015, die Zeit ist nicht genutzt worden. Wir haben es nicht geschafft zu bauen“, kritisiert Voigtländer. Statt der von der Bundesregierung geplanten 400.000 Wohnungen pro Jahr wird derzeit nur rund die Hälfte gebaut.
Um den Bau anzukurbeln, müsse der Bund über seine Förderprogramme nachdenken. „Insbesondere die Selbstnutzer unter den Bauherren sollten stärker eingebunden werden“, sagt Voigtländer. Die KfW-Förderbank vergibt beispielsweise Kredite an dreiköpfige Familien bis zu einem Jahreseinkommen von 90.000 Euro für Häuser mit einem sehr hohen Energiestandard. Diese Häuser sind aber sehr teuer, nur wenige nehmen das Programm in Anspruch. „Die Rechnung dürfte gerade in Bayern nicht mehr aufgehen, die Förderung verpufft.“
Bauherren könnte die Senkung der Grunderwerbsteuer helfen. „Vor allem aber müssen wir die hohen Baukosten in den Griff bekommen.“Hebel haben auch die Kommunen: Wenn sie höhere Bebauung erlauben, Bauland ausweisen oder auf Tiefgaragen verzichten.