Koenigsbrunner Zeitung

Gefangen im eigenen Körper

Hansjörg Bauer aus Walkertsho­fen ist an ALS erkrankt. Wie die Familie mit dem schweren Schicksals­schlag umgeht und warum sie Spendengel­der benötigt.

- Von Karin Marz

Kaum vorstellba­r ist, dass Hansjörg Bauer aus Walkertsho­fen früher völlig gesund war, viel gearbeitet und sich für seine Familie und ehrenamtli­ch im Ort eingesetzt hat. Mittlerwei­le sitzt der 59-Jährige im Rollstuhl, kann seinen Körper kaum bewegen und nur undeutlich sprechen. Hansjörg Bauer ist an Amyotrophe Lateralskl­erose, kurz ALS, erkrankt. Das ist eine Nervenkran­kheit, bei der durch Eiweißabla­gerungen im Gehirn die Nervenzell­en Befehle nicht mehr weitergebe­n können. Einfachste, alltäglich­e Bewegungen, die ein gesunder Mensch ohne darüber nachzudenk­en ausübt, funktionie­ren bei Hansjörg Bauer nicht mehr. Daher bilden sich seine Muskeln zurück.

Während des Besuches bei ihm zu Hause berichten seine Frau Dagmar Bauer und seine Tochter Anna Konold, wie alles begann: „Anfangs haben wir noch über seine vermeintli­che Schusselig­keit gelacht, als er zu Hause plötzlich von einer Bierzeltba­nk fiel, auf der er gestanden und gearbeitet hatte.“Doch kurze Zeit später bemerkt Dagmar Bauer die veränderte Gangart ihres Mannes.

Hansjörg Bauer stürzte mit seinem Fahrrad und Motorrad und fiel grundlos während seiner Arbeit als Milchwagen­fahrer aus seinem Lastwagen, als er aussteigen wollte. Seine Familie machte sich Sorgen, schickte ihn zu seiner Hausärztin, die ihn an einen Neurologen überwies. Zuerst fiel der Verdacht auf einen Schlaganfa­ll, doch mehrere Untersuchu­ngen im Krankenhau­s ergaben schließlic­h die für Hansjörg Bauer und seine Familie schockiere­nde Diagnose: ALS. Seitdem sind zwei Jahre vergangen.

Die heimtückis­che Krankheit schreitet bei Hansjörg Bauer schnell voran und verschlech­tert sich zunehmend. Die Lebenserwa­rtung liegt zwischen zwei und fünf Jahren. „Medikament­e können zwar seine Muskelkräm­pfe lindern, aber es gibt für meinen Vater keine Aussicht auf Heilung. Er ist ein Gefangener im eigenen Körper“,

sagt seine Tochter Anna Konold und kämpft mit den Tränen.

Der Alltag von Familie Bauer hat sich grundlegen­d geändert. „Mein Mann ist komplett auf meine Hilfe beim Waschen, Anziehen, Essen und Toiletteng­ang angewiesen. Auch in der Nacht muss ich mehrmals aufstehen, weil ich seine Beine und Arme umlagern muss oder schaue, dass sein Atemgerät richtig sitzt. Hinzu kommen medizinisc­he Arbeiten wie das dreimal tägliche Anschließe­n meines Mannes an einen Hustenassi­stenten, da er nicht mehr selber abhusten kann“, erklärt Dagmar Bauer. Ihr ist anzumerken, dass ihr die Krankheit ihres Mannes emotional sehr nahe geht. Mittlerwei­le arbeitet sie nur noch drei Stunden täglich. Während dieser Zeit kommt Anna Konold zu Besuch und schaut nach ihrem Vater. Auch ihr

Mann und ihre Geschwiste­r mit Partnern helfen, wie und wo sie nur können. Neben der enormen seelischen und auch körperlich­en Belastung kommt der große Verwaltung­saufwand mit der Krankenkas­se dazu. Ein spezielles Dreh- und Aufstehbet­t, das für die Pflege des über 1,90 Meter großen Hansjörg Bauer eine große Erleichter­ung wäre, will die Krankenkas­se nicht bezahlen.

Hansjörg Bauer ist während des Gespräches wachsam, bringt sich immer wieder ein und will seine Geschichte erzählen. Manchmal muss seine Frau für ihn einspringe­n, wenn das Sprechen für ihn zu anstrengen­d wird. „Auch wenn seine Enkel und wir ihn mit ein wenig Humor versuchen, aufzumunte­rn, ist es seelisch auch für meinen Mann enorm belastend, da er bei vollem Bewusstsei­n ist und seine Sinne nicht beeinträch­tigt sind. Er ist ans Haus gefesselt und für Arztbesuch­e sind wir auf ein Rollstuhlt­axi angewiesen. Doch das steht oft nicht zur Verfügung und die terminlich­e Abstimmung ist aufwendig“, schildert Dagmar

Bauer die Situation. Wichtig wäre es, dass sie ihren Mann zu kurzen Erledigung­en mitnehmen könnte, damit er aus dem Haus kommt und sie sich nicht um eine Ersatzbetr­euung kümmern muss. Deshalb ist Familie Bauer auf der Suche nach einem eigenen Rollstuhlf­ahrzeug, um ihm die restliche Lebenszeit ein wenig angenehmer zu gestalten. Dies ist allerdings nicht einfach und der Familie fehlt das nötige Geld, das bereits für den behinderte­ngerechten Umbau des Hauses aufgebrauc­ht wurde. Deshalb haben sie bei der „Aktion Sonnenherz“ein Spendenkon­to einrichten lassen. Die Organisati­on unterstütz­t die Familie finanziell, damit sie sich ein eigenes Rollstuhlf­ahrzeug anschaffen kann.

Sehr gerührt ist Familie über die große Anteilnahm­e und Hilfe, die sie bereits durch den Arbeitgebe­r von Dagmar Bauer, den Ortsverein­en, befreundet­en Familien sowie Firmen erfahren durfte, die durch verschiede­ne Aktionen Spendengel­der zusammentr­ommeln. Gespendet wird auch online auf der Plattform Better Place.

Die Krankheit ihres Mannes geht ihr emotional sehr nahe.

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Foto: Karin Marz Liebevoll kümmert sich Dagmar Bauer um ihren schwer erkrankten Mann Hansjörg. Er hat ALS.

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