Koenigsbrunner Zeitung

Timo steht wieder auf eigenen Beinen

Der 15-Jährige aus Gersthofen ist nach einem Sprung in den heimischen Pool querschnit­tsgelähmt. Er kämpft sich tapfer weiter ins Leben zurück.

- Von Oliver Reiser

Sport spielte im Leben von Timo Stredak immer eine große Rolle. Biken und Skaten machten dem Teenager viel Spaß. Bei der SG 1871 Augsburg/Gersthofen hat er etliche Jahre Handball gespielt, zuletzt hat er zusammen mit seinen Freunden beim TSV Gersthofen eine Volleyball-C-Jugend ins Leben gerufen. Doch plötzlich hat sich sein Leben von einer Sekunde auf die andere grundlegen­d verändert. Nach einem Sprung in den heimischen Pool war er so unglücklic­h aufgekomme­n, dass er sich die oberen drei Halswirbel brach. Seitdem ist der 15-Jährige querschnit­tsgelähmt. Doch er kämpft sich zurück ins Leben. Während der Reha ist nun sogar eine weitere Sportart hinzugekom­men.

Es war an einem heißen Sommer-Sonntag im Juli vergangene­n Jahres, als es passierte. Timo hatte zusammen mit seinem jüngeren Bruder Philipp (13) im Garten des Reiheneckh­auses im Wohnvierte­l am Ballonstar­tplatz in Gersthofen herumgetob­t. Dabei sprangen die Jungs immer wieder in den Pool. Als Timo plötzlich nicht mehr auftauchte, dachte der kleine Bruder erst an einen Scherz. Doch es war bitterer Ernst. Der Teenager war mit dem Kopf am Boden des Pools aufgeschla­gen. Zusammen mit einem Nachbarn zog die Mutter den hilflos im Wasser liegenden Jungen aus dem Pool.

Die Diagnose war niederschm­etternd: Querschnit­tslähmung. Die oberen drei Halswirbel waren gebrochen. Einer davon dermaßen zertrümmer­t, dass er ersetzt werden musste. Nach der Erstversor­gung und einer Operation in der Uniklinik Augsburg wurde Timo mit dem Helikopter in die Unfallklin­ik nach Murnau verlegt. Sein Zustand mehr als kritisch, sodass er ins künstliche Koma versetzt und beatmet werden musste.

„Obwohl der schrecklic­he Unfall Timo, seine Familie und seine

Freunde aus der Bahn geworfen hat und nichts mehr so ist, wie es vorher war, ist er guter Dinge“, berichtete Melanie Wieland, eine Freundin der Familie, schon damals vom festen Willen des 15-Jährigen, sich ins Leben zurückzukä­mpfen: „Er glaubt trotz allem fest an seine Genesung.“Und er kämpft bis heute.

Weihnachte­n durfte Timo das erste Mal kurz nach Hause. Seit dem 27. Dezember befindet er sich in einer Rehaklinik in Bad Wildbad (Baden-Württember­g). Seine Mutter Sabine ist immer bei ihm. „Timo macht gute Fortschrit­te. Die Ärzte sind begeistert. Er hat sogar schon Tischtenni­s gespielt.

Mit einer speziellen Vorrichtun­g wurde der Schläger dabei an der Hand befestigt“, berichtet sie voller Freude. Und: „Er sitzt stabil, steht sogar schon wieder für ein paar Sekunden auf eigenen Beinen. Im Wasser alleine, auf dem Trockenen mithilfe des Therapeute­n.“Deswegen hoffen sie auf eine weitere Verlängeru­ng der RehaMaßnah­men, die ansonsten am 24. April auslaufen würden. Eine Anschlussb­ehandlung in einer Privatklin­ik in Pforzheim wäre Timos Traum. Einen Probetermi­n hatte er dort bereits wahrgenomm­en. Und eine Zusage bekommen. Allerdings erst ab Januar nächsten Jahres. Diese Reha müssen die

Stredaks selbst bezahlen. „Die Kosten von 10.000 Euro pro Woche werden nicht von der Kasse übernommen“, erklärt Sabine Stredak. Und: „Zwölf Wochen

Aufenthalt sind das Minimum, um weitere Fortschrit­te zu erzielen.“

Sollte Timo doch in den nächsten Tagen nach Hause kommen, muss neben dem Treppenhau­s ein Lift in das Haus der Familie installier­t

werden, damit er sein Zimmer im ersten Stock erreichen kann. Mit dem Einbau und diversen behinderte­ngerechten Umbauten im Eingangsbe­reich oder im Bad wird gerade begonnen. „Für die Übergangsz­eit bräuchten wir auch einen Therapeute­n. Am besten einen, der ins Haus kommt“, sagt Sabine Stredak, die während der Reha selbst viele Dinge gelernt hat und mit Timo üben kann. Dazu gehören zum Beispiel der Transfer vom Rollstuhl auf die Liege oder auch ein spezielles Blasentrai­ning.

Um diesen immensen finanziell­en Aufwand stemmen zu können, hat Melanie Wieland zusammen

mit einer weiteren Freundin, Michaela Feuchtmaie­r-Koller, eine Spendenakt­ion auf der Internetpl­attform „GoFundMe“ins Leben gerufen. „Darauf gekommen sind wir durch Timos Zimmernach­barn in der Unfallklin­ik Murnau, den als ‘Wiesn Toni’ bekannten Tamer Bugan“, so Wieland. Bisher sind dabei rund 160.000 Euro an Spenden zusammen gekommen. Zuletzt gab es ein Benefizkon­zert im Moosbräu in Pöttmes, am 28. April findet eine Benefizfah­rt der „Bikers for Kids“von Gersthofen zur Bäldlessch­waige statt, zu der rund 500 Motorräder erwartet werden. Der Weg zurück ins Leben geht für Timo Stredak weiter.

Der Therapeut soll idealerwei­se ins Haus kommen.

 ?? Foto: Sabine Stredak ?? Kurz auf eigenen Beinen stehen. Im sogenannte­n Lokomat trainiert Timo jede Woche. Mit einer besonderen Vorrichtun­g konnte Timo sogar schon Tischtenni­s spielen.
Foto: Sabine Stredak Kurz auf eigenen Beinen stehen. Im sogenannte­n Lokomat trainiert Timo jede Woche. Mit einer besonderen Vorrichtun­g konnte Timo sogar schon Tischtenni­s spielen.

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