Wenn das Wohl von Kindern in Gefahr ist
Eine emotionale Ausnahmesituation: Bobinger Eltern leisteten jüngst massiv Widerstand, als ihre beiden Kinder abgeholt und zu Pflegeeltern gebracht werden sollten. Wie es allgemein dazu kommt, erklärt das Jugendamt.
Kinder werden von ihren leiblichen Eltern getrennt. Das aktuelle Beispiel aus Bobingen hat viele Eltern beschäftigt. Was ist allgemein die rechtliche Grundlage dafür, dass Kinder an Pflegeeltern übergeben werden können?
Das Jugendamt hat das Wächteramt und einen Schutzauftrag. Es ist dementsprechend verpflichtet, jeder Meldung einer möglichen Kindeswohlgefährdung nachzugehen und diese nach fachlichen Standards im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Liegt eine akute Kindeswohlgefährdung vor, dann ist das Jugendamt verpflichtet, das Kindeswohl zu sichern und das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen. Widersprechen die Erziehungsberechtigten, dann muss das Familiengericht angerufen werden.
Was muss vorfallen, dass Kinder ihren eigenen Eltern entzogen werden?
Zuerst wird im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte des Jugendamtes und den Erziehungsberechtigten geprüft, inwieweit gemeinsam eine mögliche Kindeswohlgefährdung abgewendet werden kann. Gelingt es den Eltern nicht oder fehlt es an einer Kooperation mit dem Jugendamt, dann muss
das Familiengericht werden.
Was passiert dort?
angerufen
Auch dort wird vornehmlich versucht, gemeinsam mit den Eltern eine weitere Kindeswohlgefährdung abzuwenden. Kommt das Familiengericht zu der Ansicht, dass die Erziehungsberechtigten (in Teilen) nicht in der Lage sind, eine Kindeswohlgefährdung abzuwenden,
dann kann das Sorgerecht entweder komplett oder in relevanten Teilbereichen entzogen werden. Somit entscheidet in Folge entweder ein Vormund über die komplette elterliche Sorge oder ein Ergänzungspfleger in den entsprechenden Teilbereichen der elterlichen Sorge. Wird eine stationäre Hilfe zur Erziehung beantragt und die Eltern arbeiten weiterhin nicht mit dem Jugendamt und dem Ergänzungspfleger
oder dem Vormund zusammen, dann besteht die Möglichkeit, dass beim Familiengericht ein sogenannter Herausgebebeschluss angeregt werden kann.
Was muss man sich darunter vorstellen?
Dann hat der Ergänzungspfleger/ Vormund das Recht, das Kind oder den Jugendlichen mit einem Gerichtsvollzieher und gegebenenfalls mit der Polizei in eine stationäre Einrichtung oder Pflegefamilie zu bringen.
Wie viele Fälle gab es in den vergangenen Jahren?
Da immer versucht wird, ein milderes Mittel einzusetzen, sind die sogenannten Herausnahmebeschlüsse sehr selten. In den letzten Jahren gab es nur wenige Einzelfälle.
Wenn Kinder zu Pflegeeltern kommen: Können sie trotzdem ihre leiblichen Eltern noch treffen? Gibt es Besuchsregeln? Oder wird der Kontakt ganz abgebrochen?
Es wird immer versucht, einen Kontakt zur Familie aufrechtzuerhalten. Es wird allerdings abgewogen, inwieweit Umgänge dem Kindeswohl dienlich sind. In der Regel wird versucht, regelmäßige Heimfahrten
oder Treffen zu ermöglichen. Unter Umständen ist zeitweise auch eine Begleitung notwendig.
Können Kinder irgendwann auch wieder zurück zu ihren leiblichen Eltern?
Nach dem Sozialgesetzbuch ist bei jeder stationären Hilfe zur Erziehung die Perspektive einer Rückführung in das häusliche Umfeld in die Hilfeplanung aufzunehmen. Dabei gilt es, fortlaufend zu überprüfen, inwieweit sich die Bedingungen in der Herkunftsfamilie so verbessert haben, dass diese das Kind oder den Jugendlichen wieder selbst erziehen, betreuen oder fördern können.