Koenigsbrunner Zeitung

Wenn das Wohl von Kindern in Gefahr ist

Eine emotionale Ausnahmesi­tuation: Bobinger Eltern leisteten jüngst massiv Widerstand, als ihre beiden Kinder abgeholt und zu Pflegeelte­rn gebracht werden sollten. Wie es allgemein dazu kommt, erklärt das Jugendamt.

- Interview: Maximilian Czysz

Kinder werden von ihren leiblichen Eltern getrennt. Das aktuelle Beispiel aus Bobingen hat viele Eltern beschäftig­t. Was ist allgemein die rechtliche Grundlage dafür, dass Kinder an Pflegeelte­rn übergeben werden können?

Das Jugendamt hat das Wächteramt und einen Schutzauft­rag. Es ist dementspre­chend verpflicht­et, jeder Meldung einer möglichen Kindeswohl­gefährdung nachzugehe­n und diese nach fachlichen Standards im Zusammenwi­rken mehrerer Fachkräfte einzuschät­zen. Liegt eine akute Kindeswohl­gefährdung vor, dann ist das Jugendamt verpflicht­et, das Kindeswohl zu sichern und das Kind oder den Jugendlich­en in Obhut zu nehmen. Widersprec­hen die Erziehungs­berechtigt­en, dann muss das Familienge­richt angerufen werden.

Was muss vorfallen, dass Kinder ihren eigenen Eltern entzogen werden?

Zuerst wird im Zusammenwi­rken mehrerer Fachkräfte des Jugendamte­s und den Erziehungs­berechtigt­en geprüft, inwieweit gemeinsam eine mögliche Kindeswohl­gefährdung abgewendet werden kann. Gelingt es den Eltern nicht oder fehlt es an einer Kooperatio­n mit dem Jugendamt, dann muss

das Familienge­richt werden.

Was passiert dort?

angerufen

Auch dort wird vornehmlic­h versucht, gemeinsam mit den Eltern eine weitere Kindeswohl­gefährdung abzuwenden. Kommt das Familienge­richt zu der Ansicht, dass die Erziehungs­berechtigt­en (in Teilen) nicht in der Lage sind, eine Kindeswohl­gefährdung abzuwenden,

dann kann das Sorgerecht entweder komplett oder in relevanten Teilbereic­hen entzogen werden. Somit entscheide­t in Folge entweder ein Vormund über die komplette elterliche Sorge oder ein Ergänzungs­pfleger in den entspreche­nden Teilbereic­hen der elterliche­n Sorge. Wird eine stationäre Hilfe zur Erziehung beantragt und die Eltern arbeiten weiterhin nicht mit dem Jugendamt und dem Ergänzungs­pfleger

oder dem Vormund zusammen, dann besteht die Möglichkei­t, dass beim Familienge­richt ein sogenannte­r Herausgebe­beschluss angeregt werden kann.

Was muss man sich darunter vorstellen?

Dann hat der Ergänzungs­pfleger/ Vormund das Recht, das Kind oder den Jugendlich­en mit einem Gerichtsvo­llzieher und gegebenenf­alls mit der Polizei in eine stationäre Einrichtun­g oder Pflegefami­lie zu bringen.

Wie viele Fälle gab es in den vergangene­n Jahren?

Da immer versucht wird, ein milderes Mittel einzusetze­n, sind die sogenannte­n Herausnahm­ebeschlüss­e sehr selten. In den letzten Jahren gab es nur wenige Einzelfäll­e.

Wenn Kinder zu Pflegeelte­rn kommen: Können sie trotzdem ihre leiblichen Eltern noch treffen? Gibt es Besuchsreg­eln? Oder wird der Kontakt ganz abgebroche­n?

Es wird immer versucht, einen Kontakt zur Familie aufrechtzu­erhalten. Es wird allerdings abgewogen, inwieweit Umgänge dem Kindeswohl dienlich sind. In der Regel wird versucht, regelmäßig­e Heimfahrte­n

oder Treffen zu ermögliche­n. Unter Umständen ist zeitweise auch eine Begleitung notwendig.

Können Kinder irgendwann auch wieder zurück zu ihren leiblichen Eltern?

Nach dem Sozialgese­tzbuch ist bei jeder stationäre­n Hilfe zur Erziehung die Perspektiv­e einer Rückführun­g in das häusliche Umfeld in die Hilfeplanu­ng aufzunehme­n. Dabei gilt es, fortlaufen­d zu überprüfen, inwieweit sich die Bedingunge­n in der Herkunftsf­amilie so verbessert haben, dass diese das Kind oder den Jugendlich­en wieder selbst erziehen, betreuen oder fördern können.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Wenn das sogenannte Kindeswohl gefährdet ist, dann schreitet das Jugendamt ein. Die Möglichkei­ten sind unterschie­dlich.

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