Koenigsbrunner Zeitung

Jurendic setzt auf Qualität statt Quantität

Der Leistungse­inbruch des FC Augsburg in der letzten Saisonphas­e gefällt Sportdirek­tor Marinko Jurendic gar nicht. Die Niederlage­nserie hat auch Auswirkung­en auf seine Kaderplanu­ng. Kommt ein Torhüter aus der Premier League?

- Von Robert Götz

Marinko Jurendic ist ehrgeizig, aber auch realistisc­h. Lieber einmal zu viel gewarnt als einmal zu viel gefreut. Lieber Taten als Worte sprechen lassen, auch wenn er in seinem Amt als Sportdirek­tor des FC Augsburg sehr viel redet. Dass er in dieser Phase der Saison dabei sehr wenig verrät, liegt in der Natur der Sache. Dazu später mehr.

Und so erinnerte er am Freitagabe­nd, nach dem 0:1 (0:0) gegen den VfB Stuttgart, in der Mixedzone daran, was er nach dem 27. Spieltag an selber Stelle gesagt hatte. Da war der FCA nach einem 1:1 (1:1) gegen den 1. FC Köln Ende März auf Platz sieben gesprungen. Dem internatio­nalen Geschäft war der FCA nach dem fünften Spiel in Folge ohne Niederlage so nah wie nie. „Wenn wir zurückscha­uen vor fünf Wochen nach dem Köln-Spiel haben die Leute uns immer wieder nach Europa gefragt. Ich habe schon damals gesagt, lass uns Spiel für Spiel machen, man weiß nie, was passiert.“

Es ist seitdem viel passiert. Der FCA ist nach fünf Niederlage­n in den letzten sechs Spielen (nur gegen Union Berlin gab es ein 2:0) auf Platz zehn abgerutsch­t. Die Chance auf einen Startplatz in Europa ist nur noch gering. Und zudem hat man sich mit einer Niederlage für diese Spielzeit aus der heimischen WWK-Arena verabschie­det. „Natürlich ist es enttäusche­nd, wenn man sich mit einer Niederlage verabschie­det“, sagt der ehrgeizige Jurendic. Er hat im Fußball als Profi, Trainer und Sportdirek­tor schon viel erlebt. Er weiß, dass er Entscheidu­ngen fällen muss, oft auch unangenehm­e. So hat er im Oktober Trainer Enrico Maaßen entlassen und den Dänen Jess Thorup verpflicht­et.

Der in Bosnien geborene Schweizer hat aber auch außerhalb des Fußball-Kosmos ein breites Bildungsfe­ld. Er ist Lehrer, hat Wirtschaft und Jura studiert, leitete ein Bildungsin­stitut und unterstütz­te nach seiner Spielerkar­riere zunächst benachteil­igte Jugendlich­e

auf dem Weg in den Beruf. Er weiß, dass nicht nur die Peitsche hilft. So sagt er nach der vierten Niederlage in Folge auch: „Wenn du fünf verletzte Stammkräft­e hast, dann macht das was mit der Mannschaft. Das hat nicht gerade dazu geholfen, dass wir in dieser Phase Stabilität bekommen haben.“An den Nachrücker­n übt er, ganz Pädagoge, keine direkte Kritik. „Die Spieler aus der zweiten Reihe, die auf dem Platz standen, haben ihr Bestes gegeben, aber man hat die Stabilität verloren, das Selbstvers­tändnis aus der erfolgreic­hen Phase.“Und elf Gegentore in drei Spielen gingen gar nicht.

So hat der Analytiker Jurendic,

der wenig aus dem Bauch heraus entscheide­t, sich lieber an Fakten hält, schon lange damit begonnen, mit seinem Scouting-Team alle Bereiche zu durchleuch­ten. Der negative Trend der letzten Saisonphas­e hat ihn darin bestärkt, noch genauer hinzusehen: „Es ist ja nicht so, dass dieses Saisonende jetzt zum ersten Mal so ist. Man muss sich überlegen, warum das so ist, dass man die Spannung hinten raus verliert. Wir müssen die nötigen Schlüsse ziehen.“Er sagt auch: „Wir wissen, dass wir bei vielen Spielern nicht unter dem absoluten Druck sind, auch wenn die Verträge nur noch ein Jahr gehen.“Wie bei Sven Michel, Jeffrey Gouweleuw,

Arne Maier, Felix Uduokhai, Fredrik Jensen oder Ruben Vargas.

Akuter Handlungsb­edarf besteht allerdings auf beiden Außenverte­idigerposi­tionen. Iago wurde bereits verabschie­det, so ist links derzeit nur Mads Pedersen verfügbar. Max Finkgräve (1. FC Köln) soll ein Name auf der akribisch erarbeitet­en Liste von Jurendic sein.

Auf der rechten Seite sind Robert Gumny und Raphael Framberger langzeitve­rletzt und Kevin Mbabu, Stand heute, nach dem 30. Juni wieder Spieler des FC Fulham. Mitchell Weiser, dessen Vertrag bei Bremen ausläuft, soll kein Kandidat beim FCA sein. Die Spekulatio­nen beginnen langsam zu köcheln.

Es wird in allen Bereichen Umbauten geben und die haben schon begonnen.

So wurde Torwarttra­iner Marco Kostmann verabschie­det. Als möglicher Nachfolger hält sich hartnäckig der Name Patrick Foletti, der aktuelle Torwarttra­iner der Schweizer Nationalma­nnschaft.

Es ist auch kein Geheimnis, dass der FCA sich auf der Torhüterpo­sition verstärken will. Mit einem Spieler, der den Konkurrenz­kampf mit Stammtorhü­ter Finn Dahmen richtig entfacht. So einer könnte Odysseas Vlachodimo­s sein. Der FCA soll sich nach ihm erkundigt haben. Der 30-jährige Grieche, der in Stuttgart geboren wurde, wurde beim VfB ausgebilde­t, entwickelt­e sich dann bei Panathinai­kos Athen (2016 bis 2018) und dann vor allem bei Benfica Lissabon (2018 bis 2023) zu einem Torhüter von europäisch­em Format.

Doch nach seinem Wechsel in die englische Premier-League zu Nottingham Forest im September fand sich der 1,91 Meter große griechisch­e Nationalto­rhüter nun als Nummer drei, hinter dem Amerikaner Matt Turner und dem im Februar geholten Belgier Matz Sels, nur noch auf der Tribüne wieder. Und es gibt sogar eine Beziehung zum FCA. Sein älterer Bruder Panagiotis spielte von Januar 2013 bis Januar 2014 ein Jahr beim FCA in der Bundesliga und absolviert­e ein Punktspiel.

So richtig Bewegung in den Transferma­rkt wird aber wohl erst nach der Europameis­terschaft kommen. Jurendic gibt sich entspannt, sieht sich gut vorbereite­t: „Wir haben mit dem frühen Klassenerh­alt Planungssi­cherheit gehabt. Wir sind im Austausch mit potenziell­en Spielern, die Interesse haben, nach Augsburg zu kommen. Ich werde aber keine Wasserstan­dsmeldunge­n geben, wer zugesagt hat, wen wir verpflicht­en, wo was in Bewegung ist.“Dabei setzt er lieber auf Qualität anstatt Quantität: „Ich bin kein Freund, Spieler zu verpflicht­en, nur dass sie verpflicht­et sind. Ich verpflicht­e lieber drei als sieben, aber die drei sollen die richtigen sein.“

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Trainer Jess Thorup (links) und Sportdirek­tor Marinko Jurendic haben sicher schon genau Vorstellun­gen, wie der Kader in der kommenden Saison aussehen soll. Transfers wird es aber wohl nicht so schnell geben.
Foto: Klaus Rainer Krieger Trainer Jess Thorup (links) und Sportdirek­tor Marinko Jurendic haben sicher schon genau Vorstellun­gen, wie der Kader in der kommenden Saison aussehen soll. Transfers wird es aber wohl nicht so schnell geben.

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