Stadt hinkt bei Pkw-Zulassungen hinterher
Wegen der Europawahl ist das Bürgerbüro Mitte derzeit geschlossen. Autohäuser und Zulassungsdienste warten auf Papiere. Nicht nur Kunden, die in die Ferien wollen, sind sauer.
Was macht man mit einem Neuwagen, der nicht angemeldet werden kann? Christiane Mieling und ihr Mann hatten sich auf das neue Auto gefreut – doch jetzt stehen sie vor einem Problem. „Wir bekommen den Wagen vom Händler ausgeliefert – aber wir bekommen keinen Zulassungstermin bei der Stadt“, ärgert sie sich. Wie Christiane Mieling geht es derzeit nicht nur Privatleuten. Autohäuser und selbst Kfz-Zulassungsdienste kämpfen mit Zulassungen, die bei der Stadt Augsburg unbearbeitet liegen bleiben. „Sie können sich nicht vorstellen, was wir uns gerade von unseren Kunden anhören müssen“, berichtet ein großer Augsburger Autohändler.
Christiane Mieling hat eine erfolglose Odyssee durch die Bürgerämter in Augsburg hinter sich. „Wir sind zur Blauen Kappe gefahren und haben versucht, ohne Termin die Zulassung zu bekommen“, erzählt sie. Dort wurden wir von zwei freundlichen Herren aufgeklärt, dass das gar nicht mehr möglich sei. Und dass das Bürgerbüro an der Blauen Kappe wegen der Europawahl ohnehin bis zum 9. Juni geschlossen sei. „Das kann doch nicht sein, bei aller Liebe, dass wegen der Wahl die Bürger nicht mehr bedient werden?“, wundert sie sich. Der Versuch, bei einem anderen Bürgerbüro noch rechtzeitig einen Termin zu bekommen, sei ebenso gescheitert. Dort werden gerade Zulassungstermine für Mitte Juni vergeben. Nun hat Mieling Fragen, zum Beispiel die: „Können wir das Auto einfach ohne Nummernschild an die Straße stellen?“
Bei einem großen Augsburger Autohändler laufen derzeit die Telefone heiß. „Die Leute wollen mit ihrem neuen Fahrzeug in den Pfingsturlaub fahren und wir kriegen die Fahrzeuge bei der Stadt nicht angemeldet“, erzählt eine Mitarbeiterin. Entsprechend hoch kochen deshalb auch die Emotionen. „Die Kunden sind enttäuscht und grantig“, so die Servicemitarbeiterin. Losgegangen sei es mit den Problemen Anfang April. Bei der Stadt Augsburg seien die Zulassungen plötzlich nur noch mit etlichen Tagen Verzögerung eingetrudelt. „Die Zulassungen, die wir Anfang des Monats abgegeben haben, sind zum Großteil immer noch nicht zurück“, sagt sie. Dass die Mitarbeiter der Zulassungsstelle gerade die Europawahl vorbereiten, hat sie auch gehört. „Ich habe keine Ahnung, ob die Mitarbeiter alle im Urlaub sind oder die Wahl vorbereiten – aber es muss doch auch bei der Stadt ein Notfallprogramm geben, wenn es derartig klemmt.“
Christian Wagner vom Augsburger Zulassungsdienst AZD sitzen die Autohäuser im Nacken. 200 bis 300 Zulassungen liegen gerade bei der Stadt. „Die Kunden rufen an und schimpfen – wir müssen uns gerade quasi für die Mitarbeiter der Stadt entschuldigen. Ich habe natürlich bei der Stadt nachgefragt und die Auskunft bekommen, dass alle mit den Europawahl-Vorbereitungen beschäftigt sind.“Das Bürgeramt Stadtmitte habe nicht nur sechs Wochen geschlossen, sondern auch noch all seine Leute als Wahlhelfer abgestellt. Das Problem habe ihm viele neue Kunden beschert, die er allerdings ebenfalls nicht bedienen könne. „Privatleute, die ihr Fahrzeug nicht zugelassen bekommen, googeln nach Zulassungsdiensten und landen bei uns. Nur dass wir vor demselben Problem stehen“, so Wagner.
Laut Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch spielt die Europawahl bei den derzeitigen Problemen eine Rolle, ist aber nicht allein ursächlich. „Aktuell dauert die Bearbeitung länger als sonst üblich, es ist ein Rückstand von vier Tagen zu verzeichnen. Das ist insbesondere auf personalwirtschaftliche Gründe zurückzuführen“, sagt er. Mit einer Sonderaktion würden derzeit einige Rückstände abgearbeitet. Weil die Europawahl mit Bestandspersonal zusätzlich zum regulären Betrieb organisiert und abgewickelt würde, könnten in den anderen Bürgerbüros auch keine zusätzlichen Termine für die KfzZulassung angeboten werden, wie von vielen Bürgern gewünscht. Pintsch geht davon aus, dass nach der Wahl im Bürgeramt schnell wieder Normalbetrieb einkehre.
Das Bürgerbüro Mitte wird laut Pintsch gerade als Zentrale für die
Europawahl genutzt. Hier werden die Briefwahlunterlagen für die Wahl ausgehändigt und entgegengenommen. Zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bürgeramtes sind mit der Organisation der Europawahl beschäftigt, unterstützt von zehn Auszubildenden. Für die Durchführung der Briefwahl werden zusätzlich bis zu 50 Mitarbeiter des Ordnungsamtes eingesetzt.
Ordnungsreferent Pintsch weist darauf hin, dass mittlerweile nahezu alle Kfz-Antragsvorgänge in Augsburg auch digital durchführbar seien. Im Bürgeramt der Stadt gingen bereits täglich auf diesem Wege Anträge auf Zulassung von Fahrzeugen ein und könnten zeitnah bearbeitet werden. „Es wäre schön, wenn diese Möglichkeit noch stärker in Anspruch genommen wird“, sagt der Ordnungsreferent. Auch viele andere Leistungen könnten online ohne den Weg ins Amt abgewickelt werden. „Im Smart City Index der Bitkom belegte die Stadt Augsburg im Bereich ,Digitale Verwaltung‘ bundesweit den siebten Platz von 81“, betont der Referent.