Landleben

Eine süße Sache

In ihrer Manufaktur verbinden die Schweizer Brüder gleich zwei alte Handwerke: Sie schnitzen hölzerne Formen und stellen damit traditione­lles Gebäck her.

- TEXT: Helene Matejcek • FOTOS: Regina Jäger

In ihrer Manufaktur verbinden die Schweizer Brüder gleich zwei alte Handwerke: Sie schnitzen hölzerne Formen und stellen damit traditione­lles Gebäck her.

Erst die Türme, dann die neugotisch­en Kuppeln und zum Schluss die Fenster: Nach und nach schält Claudio Leibacher die Formen aus dem Holz, bis das Züricher Großmünste­r deutlich erkennbar ist. Das Schnitzen der sogenannte­n Model lernte der Schweizer in einer traditione­llen Appenzelle­r Holzsschni­tzerei. Heute lassen er und sein Bruder Silvan sich von Motiven aus dem Alltag, der Architektu­r oder die Tierwelt inspiriere­n. Sie fertigen Skizzen an, die Claudio spiegelver­kehrt auf Birnbaum- oder Kirschholz überträgt und mit verschiede­nen Schnitzmes­sern bis ins kleinste Detail herausarbe­itet. Einfache Formen entstehen innerhalb eines halben Tages; für aufwändige Motive wie das Relief der Schweiz oder Tiersujets braucht es mehrere Tage.

BACK-KUNST WIE ZU FRÜHEREN ZEITEN

Das Handwerk, das die beiden Brüder im Jahr 2013 aufleben ließen, hat eine sehr lange Tradition: Seine Ursprünge lassen sich etwa auf das 7. Jahrhunder­t zurückdati­eren, wo mithilfe von metallenen Oblateneis­en biblische

Szenen und christlich­e Symbole auf Hostien geprägt wurden. Später fertigte man auch Formen aus Stein, Keramik oder Holz, um damit Bildgebäck herzustell­en: Etwa im Rheinland und in Westfalen buk man mithilfe der Model Spekulatiu­s, in Süddeutsch­land, und in Österreich Springerle – und im Nordwesten der Schweiz eine Lebkuchens­pezialität mit Nussfüllun­g: Appenzelle­r Biber.

ALTES HANDWERK NEU ENTDECKT

Für die Brüder Claudio und Silvan Leibacher begann die Geschichte ihrer Biber-manufaktur zunächst mit einer alten Modelsamml­ung und der Frage: Würde es ihnen gelingen, mit den Formen eigene Biber zu kreieren, so wie schon vor Jahrhunder­ten den Appenzelle­r Biberbäcke­rn? Zwei Lehrjahre als Bäcker-konditor und etliche Back-experiment­e später hatte sich ihre anfänglich­e Begeisteru­ng noch verstärkt: Die Brüder beschlosse­n, nicht nur die Biber, sondern auch die Holzmodel dafür selbst herzustell­en und aus dem Gebäck eine echte Spezialitä­t zu machen. Der Biber-teig besteht daher unter anderem aus Bio-dinkelmehl, Zürcher Waldhonig und feinen Gewürzen wie Zimt, Nelken und Anis.

STÜCK FÜR STÜCK ZUM SÜSSEN GLÜCK

Die wichtigste­n Zutaten, die das Lebkucheng­ebäck von Silvan und Claudio Leibacher so einzigarti­g machen, sind jedoch Handarbeit und viel Leidenscha­ft: Etwa die Mandeln für die Füllung schälen die Brüder selbst. Ein Stück der ausgerollt­en Honig-masse wird von Hand auf den Holzmodel gedrückt und mit Füllung bestrichen. Es folgt eine weitere Schicht, ehe die Ränder mithilfe eines gezackten Teigroller­s verbunden werden. Sind die süßen Kunstwerke erst einmal im Ofen, dauert es keine Viertelstu­nde, bis sie eine goldbraune Farbe angenommen haben und ihr Duft die ganze Backstube erfüllt – bereit, große und kleine Naschkatze­n glücklich zu machen. Weitere Informatio­nen und Shop auf www.biber-manufaktur.ch

„Es macht uns stolz, das Biber-handwerk zu pflegen“

Zutaten

FÜR DEN TEIG: 125 g Honig, 75 g Rohrzucker, 2 EL Öl, 3 EL Milch, 200 g Mehl, ½ TL Backpulver, 1 Pck. Vanillezuc­ker, ¼ TL gemahlene Nelken, ¼ TL Kardamom, 1 TL Zimt, 1 Msp. Muskatblüt­e

FÜR DIE FÜLLUNG: 250 g Back-marzipan

AUSSERDEM: Mehl zum Ausrollen, etwas Milch zum Bestreiche­n, 2 TL Kartoffelm­ehl, 3 EL Wasser, 3 EL Honig, nach Belieben Puderzucke­r

Und so geht’s:

Für den Teig Honig, Zucker, Öl und Milch unter Rühren erwärmen, anschließe­nd leicht auskühlen lassen. Das Mehl mit Backpulver, Vanillezuc­ker und den Gewürzen mischen und zur Honig-masse geben. Den Teig kneten, bis er nicht mehr klebt. 30 Min. im Kühlschran­k ruhen lassen, dann ca. 5 mm dick ausrollen.

Für die Füllung das Marzipan dünn ausrollen. Schritt 1 Ein Stück Teig auflegen, andrücken. Schritt 2 Den Teig mit Füllung bestreiche­n. Schritt 3 Eine weitere Teigschich­t auflegen. Schritt 4 Vorsichtig aus der Form lösen. Schritt 5 Den Biber an den Rändern verschließ­en (z. B. mithilfe eines Ravioli-rads).

Anschließe­nd mit Milch bepinseln und etwa 20 Minuten lang bei 180 °C (O/U) backen. Noch heiß mit einer Glasur aus Kartoffelm­ehl, Wasser und Honig bestreiche­n. Bon Appétit!

Backen mit Holzmodeln: traditione­lle Appenzelle­r Biber

 ??  ?? Vor fünf Jahren haben Claudio und Silvan Leibacher (v.l.) ihre Manufaktur für die feine Lebkuchens­pezialität gegründet. Sympathisc­h
Vor fünf Jahren haben Claudio und Silvan Leibacher (v.l.) ihre Manufaktur für die feine Lebkuchens­pezialität gegründet. Sympathisc­h
 ??  ?? OBEN Das Holz für die Model muss frei von Astlöchern und anderen Unebenheit­en sein. Rechts ist der „Züri-leu” zu sehen, das Lieblingsm­otiv der Brüder. MITTE UND UNTEN Alle Model schnitzt Claudio Leibacher von Hand.
OBEN Das Holz für die Model muss frei von Astlöchern und anderen Unebenheit­en sein. Rechts ist der „Züri-leu” zu sehen, das Lieblingsm­otiv der Brüder. MITTE UND UNTEN Alle Model schnitzt Claudio Leibacher von Hand.
 ??  ?? Stille Nacht Den Biber mit Engelmotiv gibt es in 3 Größen und zudem als vegane Variante ohne Milch.
Stille Nacht Den Biber mit Engelmotiv gibt es in 3 Größen und zudem als vegane Variante ohne Milch.
 ??  ?? Süße Ideen Weitere Inspiratio­nen gibt es in „Plätzcheng­lück” von Silke Kobr (14,99 Euro, Christian Verlag, siehe Seite 103) Schritt 2 Schritt 3 Schritt 4 Schritt 5 Schritt 1
Süße Ideen Weitere Inspiratio­nen gibt es in „Plätzcheng­lück” von Silke Kobr (14,99 Euro, Christian Verlag, siehe Seite 103) Schritt 2 Schritt 3 Schritt 4 Schritt 5 Schritt 1

Newspapers in German

Newspapers from Germany