Mit ruhiger Hand gestickt: Petit Point
Die Wiener Manufaktur der Familie Lechner fertigt noch heute aufwändige Kleinstickerei wie zu Kaisers Zeiten.
Die Wiener Manufaktur der Familie Lechner fertigt noch heute aufwändige Kleinstickerei wie zu Kaisers Zeiten.
Die gestickten Pünktchen „Petit Point“haben eine lange Tradition in Wien: Zunächst fördert das ausgeprägte Wiener Hofleben unter der Herrscherin Maria Theresia diese Handarbeit, denn die Damen vertrieben sich die Zeit mit Sticken. Bald darauf überträgt sich die Leidenschaft aber auch auf das Volk. Um die alte Kunst nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, gründete Maria Stransky 1932 eine „Petit Point Manufaktur“mit Geschäftslokal in der Wiener Hofburg. Heute führt Familie Lechner diese Manufaktur fort und verkauft bestickte Taschen, Bilder, Schmuck und mehr an Einheimische und Touristen.
VON PÜNKTCHEN ZUM BILD
Der Name dieser Stickerei sagt es schon: Jeder Stich erscheint mit bloßem Auge wie ein winziger Punkt. Gestickt wird auf Seidengaze, bei dem die Anzahl der Stiche pro Quadratzoll (2,5 x 2,5 cm) je nach Feinheit des Stoffes zwischen 900 und 3500 variiert. Hier sind Geduld, Geschicklichkeit und eine ruhige Hand gefragt. Für Familie
Lechner arbeiten Stickerinnen in ganz Österreich an den Motiven. Neben der Engelsgeduld ist auch ein exzellentes Gespür für Farben nötig, weiß Rainer Lechner: „Die Kunst ist, weiche Farbverläufe der einzelnen Motive zu erreichen und ein harmonisches Gesamtbild zu erschaffen.“Für jedes Bild werden Garne aus einer Palette von rund 800 Farben ausgewählt. Der kleinen Rose geben acht Farben ihre lebendige Optik.
ANSPRUCHSVOLLE FERTIGUNG
„Hektik und Zeitdruck gibt es bei uns nicht. Was zählt ist Qualität“, so Rainer Lechner. „Eine gute Arbeit erkennt man, wenn das Motiv auch auf der Rückseite zu sehen ist.“Familie Lechner besitzt eine große Auswahl an historischen Vorlagen, es werden aber immer wieder neue Motive entworfen. Dabei fertigt eine Malerin das Bild und überträgt es dann in Farbpunkten auf die Vorlage, die die Stickerinnen zusammen mit Seidengaze und dem Garn bekommen. Je nach Feinheit des Stoffes benötigen sie zwischen zwei und zehn Stunden für die Umsetzung eines Quadratzolls. Was früher Zeitvertreib am Hof war, ist heute ein aufwändiges Handwerk.