Netflix ist überraschend auf Erfolgskurs
Warum der Streamingdienst mehr Kunden hinzugewinnt als zunächst angenommen
Los Gatos Als im September in Los Angeles die Emmys, der wichtigste Fernsehpreis der Vereinigten Staaten, vergeben wurden, konnte man einen Eindruck davon bekommen, wie wichtig der Streamingdienst Netflix mittlerweile für die Fernsehwelt geworden ist. Denn eröffnet wurde die Show von den Darstellern aus „Stranger Things“, einer USamerikanischen Horror-Serie, die Netflix in diesem Jahr einen Überraschungserfolg beschert hatte.
Eigenproduktionen wie diese sind es, die bei dem Online-Programm am meisten abgerufen werden – und die ihren Anteil daran haben, dass Netflix im vergangenen Quartal 3,57 Millionen neue Abo-Nutzer gewinnen konnte – und damit über eine Million mehr als erwartet. Damit kam auch das Vertrauen der Anleger auf einen Schlag zurück.
Eigenproduktionen bleiben auch weiterhin im Fokus von Netflix: Im kommenden Jahr will der Videostreamingdienst nach eigenen Angaben rund 1000 Stunden exklusive Inhalte ins Programm bringen. Auch der Umsatz übertraf im vergangenen Quartal mit einem Plus von 32 Prozent auf 2,29 Milliarden Dollar (2,08 Milliarden Euro) die Erwartungen der Börsianer. Der Gewinn schoss im Jahresvergleich um 75 Prozent auf 51,5 Millionen Dollar hoch, wie Netflix nach USBörsenschluss mitteilte. Das war ebenfalls deutlich besser als erwartet.
Netflix war trotz der nahezu weltweiten Verfügbarkeit zu Jahresbeginn in den vergangenen Quartalen zunächst schwächer als prognostiziert gewachsen. Das brachte die Aktie zwischenzeitlich unter Druck. Jetzt setzt die Gegenbewegung ein und die Aktie stieg nachbörslich um fast 20 Prozent auf 119,42 Dollar. Damit rückt sie wieder näher zu ihrem Höchststand von 130 Dollar Ende vergangenen Jahres. Zuletzt ging am Markt die Spekulation um, Netflix könne zum Übernahmeziel für Disney werden – der Dienst zeigte bisher aber kein Interesse an einem Verkauf.
Befeuert wurde das Wachstum der Nutzerzahlen nun vor allem vom internationalen Geschäft. Netflix gewann außerhalb der USA 3,2 Millionen neue Abo-Nutzer. Im Heimatmarkt waren es noch 370 000 Neuzugänge – auch 70 000 mehr als erwartet.
Netflix hat nun 47,5 Millionen Kunden in den USA und 39,25 Millionen im Rest der Welt. Insgesamt schauen also mehr Menschen regelmäßig Filme und Serien über das Programm als es Einwohner in Deutschland gibt. Die Pläne für einen Start im Riesenmarkt China wurden unterdessen vorerst aufgegeben, wie Netflix-Chef Reed Hastings sagte. Die regulatorischen Hürden seien zu hoch. Er verwies auch darauf, dass die Film-Dienste von Disney und Apple in dem Land gestoppt worden seien. Bisher hatte Netflix erklärt, man sei in Gesprächen mit den Behörden, könne aber keinen Zeitpunkt nennen. Nun will Netflix eher einige eigene Inhalte über lokale Partner zeigen. Das werde aber keine große Einnahmequelle sein, warnte Hastings.
Für das vierte Quartal stellte Netflix einen Zuwachs von 5,2 Millionen Kunden in Aussicht – 1,45 Millionen im Heimatmarkt und 3,75 Millionen im Rest der Welt. Netflix hatte den Dienst im Januar auf einen Schlag in 130 neue Länder gebracht und deckt damit fast die ganze Welt bis auf China ab.