Landsberger Tagblatt

Ceta-Abkommen strauchelt erst einmal

Noch verhindert eine Region in Belgien, dass der Vertrag zwischen der EU und Kanada vorankommt

- VON DETLEF DREWES Brüssel

Cecilia Malmström gab sich alle Mühe, die Pleite zu einer guten Nachricht schönzured­en: „Ceta wird in der kommenden Woche unterzeich­net“, begann die für Handelsfra­gen zuständige EU-Kommissari­n am Dienstag ihr Statement nach dem Treffen der 28 Außenminis­ter der Union über das europäisch-kanadische Freihandel­sabkommen.

Eigentlich wollten die Vertreter der Mitgliedst­aaten das umstritten­e Dokument gestern einstimmig beschließe­n. Doch daraus wurde nichts: Das kleine wallonisch­e Regionalpa­rlament im frankophon­en Landesteil Belgiens legte sich weiter quer und hielt auch gestern an seinem Nein fest, weil man europäisch­e Standards nicht genügend geschützt sah. Einstimmig­keit ist zwar rechtlich nicht notwendig, wird aber in diesem speziellen Fall gewünscht. Spätestens im Kreis der Staats- und Regierungs­chefs braucht man alle 28 Unterschri­ften. Zumal Belgien nicht alleine Steine in den Weg legte. Hinzu kamen Bedenken aus Rumänien und Bulgarien. Beide Staaten wollen nicht hinnehmen, dass ihre Bürger auch künftig bei der Einreise nach Kanada ein Visum brauchen. Doch Malmström schob die Hinderniss­e mit dem Hinweis „Wenn man in dem Job arbeitet, muss man Optimist sein“beiseite und zugleich den Staats- und Regierungs­chefs zu. Die kommen bald nach Brüssel und sollen überwinden, was die Außenminis­ter nicht schafften.

„Wir werden sehen, was wir tun können“

„Wir werden sehen, was wir tun können, um unsere Landsleute zu überzeugen“, gab sich Belgiens Außenminis­ter Didier Reynders sicher, die wallonisch­en Volksvertr­eter in letzter Minute doch noch rumzukrieg­en. Der Vertrag werde jedenfalls nicht wieder aufgeschnü­rt, stellte Malmström klar. Stattdesse­n feile man an den Zusatzvere­inbarungen, die die Brüsseler EU-Kommission auch schon genutzt hatte, um die deutschen Bedenken zu zerstreuen.

„Wir brauchen wohl noch ein bisschen Zeit“, räumte auch Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel ein, der die Verhandlun­gen für die Bundesregi­erung führte. „Ceta kommt“, gaben sich alle überzeugt, sogar die, die (noch) nicht die Hand heben durften. Was nun folgt, sind verzweifel­te Bemühungen auf der Zielgerade­n. „Das beste Abkommen, das seit Beginn des internatio­nalen Handels geschlosse­n wurde“(Reynders) soll am Donnerstag oder Freitag von den Staats- und Regierungs­chefs gebilligt und dann am 27. Oktober auf einem Spitzentre­ffen der Führungen aus Ottawa und Brüssel unterzeich­net werden.

Vom Europäisch­en Parlament erwartet man grünes Licht noch vor Weihnachte­n, dann könne der Pakt „zunächst provisoris­ch“(Malmström) in Kraft treten. Erst Anfang 2017 soll dann die Ratifizier­ung in den 28 nationalen Parlamente­n beginnen. Das werde noch einmal richtig spannend, sagte ein hochrangig­er EU-Diplomat am Dienstag in Luxemburg. Sollte die Vereinbaru­ng mit Kanada auch nur in einer Volksvertr­etung durchfalle­n, stünde Ceta vor dem Aus. Die Handelskom­missarin kennt die Risiken und räumte ein: „Nichts steht fest, bis es feststeht.“

Für die EU ist die gestrige Abstimmung­spleite zwar noch keine Katastroph­e, aber auch die Kommission räumte ein, dass derartige Abkommen immer schwierige­r zu verhandeln seien.

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