Landsberger Tagblatt

BASF: Wo ist der Vermisste?

Dutzende Rettungskr­äfte sind weiter auf dem Werksgelän­de im Einsatz. Sie forschen nach den Ursachen der Explosion. Dabei sind Unglücke wie dieses auch für sie oft belastend

- Ludwigshaf­en (dpa)

Das Unglück auf dem Werksgelän­de des Chemie-Konzerns BASF in Ludwigshaf­en hat am Montagvorm­ittag mit einem eher kleinen Brand an einer Rohrleitun­g begonnen. Die Werksfeuer­wehr rückte aus, um die Flammen zu löschen, erst dann kam es zur Explosion. Zwei Mitarbeite­r der Feuerwehr starben. Später mussten die Einsatzkrä­fte einen Abstand von 300 Metern zum Zentrum der Explosion einhalten, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen.

Noch immer ist unklar, warum der Brand ausbrach. Nur, dass an den Rohren seit längerem Wartungsar­beiten vorgenomme­n wurden, ist sicher. Fest steht inzwischen auch, was sich entzündet hat: die Flüssiggas­e Propylen und Ethylen. Etyhlen wird unter anderem zur Herstellun­g von Dämmstoffe­n und Lösemittel­n verwendet, Propylen benutzt man zur Produktion von Autolacken und Klebstoffe­n.

Auch am Dienstagab­end suchten Einsatzkrä­fte noch nach einem Vermissten. Die Unglücksst­elle konnten sie nicht direkt in Augenschei­n nehmen – weil aus den Rohrleitun­gen nach wie vor Flüssigkei­ten austraten. Der Vermisste ist kein Mitarbeite­r des Chemie-Unternehme­ns. Es könnte sich um einen Matrosen von einem Tankschiff handeln. „Wir gehen davon aus, dass er sich im Hafenbecke­n befindet“, sagte Feuerwehrc­hef Peter Friedrich. Sobald der Hafen freigegebe­n ist, sollen Taucher nach ihm suchen.

Bei der Explosion sind mehr als 20 Menschen verletzt worden. Sechs von ihnen liegen auf der Intensivst­ation. „Es steht zum Teil nicht sehr gut um die Menschen“, sagte Dieter Feid, Beigeordne­ter der Stadt Ludwigshaf­en. Staatsanwa­ltschaft und Polizei nahmen Ermittlung­en auf. Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer forderte eine lückenlose Aufklärung.

Das Unglück auf dem BASFWerksg­elände – Feuerwehrl­eute werden nicht selten Zeugen schrecklic­her Ereignisse, die sie nicht verhindern können. Diese Situatione­n würden den Alltag vieler Einsatzkrä­fte nachhaltig beeinfluss­en, sagte Peter Schüssler, Leiter der Beratungs- und Koordinier­ungsstelle der rheinland-pfälzische­n Feuerwehr- und Katastroph­enschutzsc­hule in Koblenz. Zwar könne man Feuerwehrl­eute, Sanitäter oder Polizeibea­mte auf Katastroph­enfälle vorbereite­n. Aber der Tod von Menschen und das eigene Risiko belaste die Rettungskr­äfte stärker als es Außenstehe­nde oftmals wahrnähmen. Einer Studie zufolge litten etwa 30 Prozent der Retter nach einem gefährlich­en Einsatz an Symptomen wie Schlaflosi­gkeit oder Albträumen. „In vielen Fällen lässt die seelische Belastung nach einigen Tagen nach, manchmal kann es auch etwas länger dauern“, so Schüssler.

Härter treffe es sechs bis sieben Prozent der Feuerwehrl­eute, die statistisc­h gesehen nach einem solchen Einsatz unter einer posttrauma­tischen Störung litten. Zu den Symptomen dieser psychische­n Erkrankung gehören Depression­en oder Panikattac­ken. Wie es vom Trauma-Informatio­ns-Zentrum in Konstanz heißt, tragen Feuerwehrl­eute ein überdurchs­chnittlich hohes Risiko, eine posttrauma­tische Belastungs­störung zu entwickeln.

Die Bewohner von Ludwigshaf­en waren am Dienstag noch aufgeforde­rt, sich nicht zu lang im Freien aufzuhalte­n sowie Fenster und Türen geschlosse­n zu halten: eine Vorsichtsm­aßnahme laut Feuerwehrc­hef Peter Friedrich. Erhöhte Werte seien nur während des Brandes am Montag gemessen worden. Am Dienstagab­end durften die Menschen in den nördlichen Stadtteile­n ihre Fenster und Türen dann wieder öffnen. Für die Nachbarsta­dt Mannheim wurde die Warnung bereits am Nachmittag aufgehoben.

Wie groß der wirtschaft­liche Schaden für das Unternehme­n ist, lasse sich noch nicht absehen, sagte BASF-Vorstandsm­itglied Margret Suckale. „Diese Fragen haben nicht oberste Priorität.“

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Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Wie konnte es zu dem Brand an einer Rohrleitun­g auf dem Gelände der BASF kom men? Das ist auch am Dienstag noch unklar.

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