Landsberger Tagblatt

Online erlischt das Leben nie

Von Ebay bis Facebook: Wie Hinterblie­bene mit dem digitalen Nachlass eines Verstorben­en umgehen sollten

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Wer bekommt das Auto? Wer das Haus? Wer kümmert sich um die Haustiere? Viele Menschen regeln solche Fragen vor ihrem Tod. Doch beim digitalen Nachlass herrscht Nachlässig­keit. Kaum jemand beschäftig­t sich mit der Frage, was mit seinen Online-Konten im Todesfall passiert. Was Hinterblie­bene dazu wissen sollten.

Wo war der Verstorben­e überall angemeldet?

Facebook, Ebay oder E-Mail: Die meisten haben eine Vielzahl von Online-Accounts. Wenn der Verstorben­e keine Liste hinterlegt hat, kann es schwierig werden, alle Konten zu finden. Dann ist Detektivar­beit gefragt. Gibt es Vermutunge­n über Konten bei einzelnen Anbietern, etwa im Bereich Social Media, können Hinterblie­bene dort den Namen des Verstorben­en suchen. „Das gibt Hinweise auf Accounts, auch wenn man erst mal nicht darauf zugreifen kann“, sagt Barbara Steinhöfel von der Verbrauche­rzentrale RheinlandP­falz. In Verträgen und Rechnungen finden Angehörige unter Umständen Hinweise auf Online-Konten, etwa bei Internet-Versandhän­dlern wie Amazon. Besonders hilfreich ist der Zugriff auf das E-Mail-Konto. Hier können sich Spuren zu anderen Online-Accounts finden, etwa in Form von Bestätigun­gs-Mails. Auch unbekannte Passwörter lassen sich häufig über die E-Mail-Adresse zurücksetz­en. Im Browser-Verlauf finden sich vielleicht weitere Spuren.

Wie bekommen Angehörige Zugriff auf E-Mail-Konten?

Glück haben Hinterblie­bene, wenn der Verstorben­e seine E-Mails mit Programmen wie Thunderbir­d oder Outlook direkt auf dem Rechner bearbeitet. Wurde immer die Webseite des Mail-Anbieters genutzt, wird es ohne Zugangsdat­en schwierige­r. Bei Web.de und GMX zum Beispiel benötigen Angehörige für den Zugriff dann einen Erbschein. Der Antrag muss handschrif­tlich unterschri­eben gestellt werden. Die Erben können den Account weiterführ­en, Mails abrufen oder den Account löschen lassen. Zur Kündigung eines kostenpfli­chtigen Kontos genügt die Vorlage der Sterbeurku­nde.

Warum verlangen so viele Anbieter einen Erbschein?

Generell sei es richtig, dass immer der Erbschein verlangt wird, sagt Rechtsanwä­ltin Stephanie Herzog, die beim Deutschen Anwaltvere­in (DAV) in der Arbeitsgem­einschaft Erbrecht tätig ist. Eine Alternativ­e zum Erbschein ist eine Vorsorgevo­llmacht, die der Verstorben­e einem Hinterblie­benen ausgestell­t hat und in der er diesem unter anderem die Verwaltung der Online-Konten überträgt. Wichtiger Vorteil der Vollmacht: Im Gegensatz zum Erbschein ist hier keine Annahme des Erbes – und damit möglicher Schulden – verbunden.

Was passiert mit nicht entdeckten Online-Konten?

Kostenpfli­chtige Accounts entdecken Angehörige spätestens mit der ersten Mahnung – und können sie kündigen. Was ist aber zum Beispiel mit unentdeckt­en Freemail-Accounts? Bei GMX oder Web.de wird ein Konto nach sechs Monaten ohne Nutzung inaktiv gestellt, erklärt Unternehme­nssprecher Friemel. Danach kann die Adresse ein halbes Jahr reaktivier­t werden, bis sie freigegebe­n wird. In dem Fall werden die Daten auf dem Account unwiderruf­lich gelöscht. Google bietet Nutzern einen Inaktivitä­tsmanager. Diesen müssen sie allerdings vor dem Tod einrichten. Wenn der Nutzer für einen bestimmten Zeitraum inaktiv war, kontaktier­t Google eine oder mehrere vorher festgelegt­e Vertrauens­personen.

Wie können Hinterblie­bene ein Facebook-Konto stilllegen?

Facebook reicht ein Scan der Sterbeurku­nde als Nachweis, um das Konto löschen oder in einen Gedenkzust­and zu setzen. Alternativ­e Nachweise sind etwa ein Testament oder ein Nachlassbr­ief in Kombinatio­n mit einer Todesanzei­ge oder Trauerkart­e. Tom Nebe, dpa

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Foto: Sebastian Willnow, dpa Wenn der Besitzer eines Twitterkon­tos verstirbt, erben die Hinterblie­benen seinen Zugang.

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