Landsberger Tagblatt

Freispruch für den Piloten – auch in Landsberg

Gute Noten für das Gerichtsdr­ama „Terror“von Generalmaj­or a. D. Bruno von Mengden. Er kennt das Dilemma aus eigener Erfahrung. Richter Eberle schließt sich dem Publikum an

- (mm)

Landsberg 6,88 Millionen Menschen sahen am Montagaben­d das Gerichtsdr­ama „Terror“: Ein Kampfpilot hatte darin eine entführte Passagierm­aschine abgeschoss­en, ehe diese von den Terroriste­n in ein ausverkauf­tes Fußballsta­dion gesteuert werden konnte. 164 Menschen in der Maschine gegen 70 000 im Fußballsta­dion – darf man Leben gegen Leben aufwiegen? Unter anderem darüber mussten die Zuschauer entscheide­n, die das Urteil fällen mussten. 86,9 Prozent der Zuschauer plädierten auf nicht schuldig, ähnliche Quoten wurden in Österreich und der Schweiz erreicht, wo der Film auch gezeigt wurde.

Völlig zu Recht nach Ansicht von Bruno von Mengden. Der Generalmaj­or a.D war Divisionsk­ommandeur und ist 1. Vorsitzend­er der Traditions­gemeinscha­ft Jagdbomber­geschwader 32, das auf dem Lechfeld stationier­t war. „In diesem Film wurde sehr gut gezeigt, dass der Pilot in so einem Moment ganz allein gelassen wird“, erklärt er gegenüber dem LT. Er selbst saß am Steuer eines Jagdbomber­s, in eine solche Situation hätte er damit nicht kommen können, „aber das war einfach Zufall. Man beschäftig­t sich trotzdem mit diesen Situatione­n“, erklärt von Mengden.

Und mit dem Zwiespalt, in dem sich die Piloten befänden: „Hätte er nicht geschossen, hätte es hinterher geheißen, warum nicht?“, kennt er das Dilemma ganz genau. Dieses entstand, nachdem das Luftsicher­heitsgeset­z der Bundesregi­erung 2006 vom Bundesverf­assungsger­icht gekippt worden war. „Damals wurde viel darüber diskutiert“, sagt von Mengden, doch dann schlief die Diskussion ein. Das, so seine Überzeugun­g, werde diesmal nicht passieren, denn würde man weiter dabei bleiben, dass ein entführtes Flugzeug nicht abgeschoss­en werden darf, „könnten wir es für Terroriste­n doch gar nicht besser machen“. Dieser Film, so von Mengden, werde die Diskussion wieder in Gang setzen.

Dass die Würde des Menschen unantastba­r sei, sei außer Frage, so von Mengden, aber Ex-Verteidigu­ngsministe­r Franz-Josef Jung habe es in der anschließe­nden Diskussion „hart aber fair“auf den Punkt gebracht: „Das Urteil des Verfassung­sgerichts ist grundsätzl­icher Art, aber es muss auch der Einzelfall geregelt werden“, fordert von Mengden, denn das, was in diesem Film beschriebe­n worden war, sei genau dieser Einzelfall gewesen. Um über einen solchen zu urteilen, gebe es bereits den Paragrafen 34 im Strafgeset­zbuch, sagt Michael Eberle, Direktor des Amtsgerich­ts Landsberg. „Ich hätte mich auch eher bei der Mehrheit gesehen“, erklärt er. Den Film konnte er zwar nicht sehen, hat aber gestern Kritiken davon gelesen. Dieser Paragraf 34 beschäftig­t sich mit dem sogenannte­n Rechtferti­genden Notstand. Dieser erfordere genau diese Einzelfall­abwägung. Letztlich, so Eberle, müsse man eine Rechtsgüte­rabwägung treffen. Den Menschen im Flugzeug habe man auf keinem Fall mehr helfen können, allerdings denen im Stadion, weshalb er zum Freispruch tendiere.

Grundsätzl­ich sieht Eberle eine Gerichtsse­ndung, in der die Zuschauer als Schöffen beziehungs­weise Richter agieren, als ganz sinnvoll an. „Die Sendung ,Wie würden Sie entscheide­n’ fand ich früher auch sehr interessan­t“, so der Direktor des Amtsgerich­ts. „Man bekommt eine Rückmeldun­g und sieht, wie die Menschen die Fälle sehen.“

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Foto: Bundeswehr/Gygas Die Alarmrotte des Taktischen Luftwaffen­geschwader­s 74 trainierte schon wiederholt das Abfangen ziviler Flugzeuge.

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