So viele Flüchtlinge leben in der Region
Inzwischen kommen deutlich weniger Asylbewerber nach Bayern als vor gut einem Jahr. Doch viele von denen, die da sind und bleiben dürfen, finden keine Wohnung. Und das ist noch nicht das größte Problem
Keine Sporthalle muss mehr als Notunterkunft für Flüchtlinge kurzerhand umfunktioniert werden; Landräte müssen nicht mehr von Tag zu Tag schauen, wo sie Asylsuchende unterbringen, die ihnen von der Regierung von Schwaben zugewiesen worden sind. Die Situation Ende des vergangenen Jahres ist im Vergleich zum selben Zeitpunkt 2015 verhältnismäßig entspannt. Außenstellen von provisorischen Erstaufnahmeeinrichtungen wurden wieder geschlossen, Gemeinschaftsunterkünfte sind nicht mehr so voll wie noch vor einem guten Jahr.
2016 kamen, wie berichtet, in Bayern rund 155000 Asylbewerber an. 759000 waren es noch im vorvergangenen Jahr, teilte das bayerische Sozialministerium vor wenigen Tagen mit. Dass die Zahlen nach den Grenzschließungen auf der sogenannten Balkanroute drastisch nach unten gegangen sind, belegt auch die Entwicklung in der Region. Rund 30 000 Asylbewerber sind 2015 insgesamt nach Schwaben gekommen, sagt der stellvertretende Regierungspräsident Josef Gediga gegenüber unserer Zeitung – allein 24 000 davon ab September 2015 bis Jahresende. Im Januar des vergangenen Jahres waren es noch 1800 Personen – zwischen Juni und Dezember 2016 dann monatlich „im Durchschnitt ungefähr 200. Wir spüren, dass sich die Zugangswege verändert haben. Die Menschen kommen nicht mehr aus dem Süden oder Südosten, sondern gelangen über Italien in den Südwesten Deutschlands – von Baden-Württemberg zu uns.“
Trotz spürbar geringerer Flüchtlingszahlen bedeutet das nicht, dass die Verwaltungen der Landkreise, Städte und Gemeinden zur Tagesordnung übergehen können. Die „Fehlbeleger“werden für die Kommunen zu einem immer größeren Problem. Das sind Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben und in eine eigene Wohnung umziehen dürften. Doch sie finden wegen des „sehr angespannten Wohnungsmarkts“keine, sagt eine Sprecherin des Deutschen Städtetags. Die Kommunen bemühen sich nach den Angaben von Städtetagspräsidentin Eva Lohse zwar um günstigen Wohnraum. „Aber das Tempo und der Umfang des Wohnungsbaus reichen noch nicht aus.“
In Nürnberg, der zweitgrößten Stadt in Bayern, sind beispielsweise 1700 der 8400 Flüchtlinge diese sogenannten Fehlbeleger. Das sind gut 20 Prozent. So hoch ist der Anteil laut Sozialministerium auch im Rest des Freistaats.
Sobald Flüchtlinge ein Bleiberecht haben, fallen die meisten in die Zuständigkeit der Jobcenter. Wenn sie arbeitslos sind, muss das Amt die Unterkunft zahlen. Das sind in Nürnberg „leicht 600 bis 700 Euro im Monat. Der Richtwert von 450 Euro pro Einpersonenhaushalt wird in der Gemeinschaftsunterkunft deutlich übertroffen“, sagt der Chef des Nürnberger Sozialamtes, Dieter Maly. Ein weiteres Integrationshemmnis: Ein Flüchtling mit Bleiberecht und Job muss die Kosten für die Gemeinschaftsunterkunft selbst tragen. „Für viele lohnt sich das Arbeiten daher nicht.“
Schwaben lebten Mitte November 2016 mehr als 17100 Flüchtlinge in Sammelunterkünften, die in der Verantwortung der zuständigen Bezirksregierung liegen, und in zahlreichen Gemeinden zwischen Oettingen im Norden und Oberstdorf im Süden. Die Karte auf der folgenden Seite gibt einen eindrucksvollen Überblick, wie sehr die Asylbewerber inzwischen in der Fläche verteilt sind. Fast 12 000 Menschen – der Löwenanteil – leben in den vielen Unterkünften in den Kommunen. Und 1400 Personen sind minderjährige Flüchtlinge, die ohne Familienanschluss in die Region gekommen sind. Eine weitere Zahl belegt auch in der Region den hohen Anteil an „Fehlbelegern“: 5300 Asylsuchende, das sind über 30 Prozent, dürfen in Deutschland zumindest vorübergehend bleiben, können aus ihren schwäbischen Flüchtlingsunterkünften aber nicht ausziehen, weil sie keine Wohnung in Aussicht haben. Um eine neue Flüchtlingsgruppe muss sich die Erstaufnahmeeinrichtung in Donauwörth seit einem Monat kümmern. Wegen der Schließung der früheren Bayernkaserne in München als Erstaufnahme wurde die Zuständigkeit für ethnische Gruppen bayernweit umverteilt. Donauwörth hat die Verantwortung für Asylbewerber aus der Türkei übernommen. Die Zahl der Flüchtlinge aus diesem Land war zuletzt angestiegen.
Nachfolgend die Flüchtlingssituation in den anderen bayerischen Regierungsbezirken (Stand Oktober/November 2016): ● 43800 Asylsuchende sind insgesamt untergebracht, wenn man die dezentrale Unterbringung durch die Kreisverwaltungsbehörden, die Gemeinschaftsunterkünfte der Regierung von Oberbayern sowie die Aufnahmeeinrichtung der Regierung einschließlich der AuIn ßenstellen und der letzten verbliebenen Notaufnahmeeinrichtung zusammenzählt. Das Aufnahme- und Rückführungszentrum Ingolstadt/ Manching ist dabei nicht berücksichtigt. Die Zahl der Personen, die dort untergebracht wurden, schwankte zuletzt stark. In den vergangenen Monaten lag die Belegung zwischen 700 und 1040 Personen. ● Gut 8200 Asylsuchende leben hier. Dazu kommen noch rund 1040 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. ● Etwa 11 460 Asylbewerber sind in 43 Gemeinschaftsunterkünften und 685 dezentralen Unterkünften untergebracht. 3745 davon sind Kinder und Jugendliche. Die Zahl der Fehlbeleger liegt bei rund 2700. ● Fast 21700 Personen befinden sich in den verschiedenen Einrichtungen der Erst- und Anschlussunterbringung und den Unterkünften für unbegleitete Minderjährige. Die Regierung betreibt 63 Gemeinschaftsunterkünfte, 750 Wohnungen und Häuser dienen der dezentralen Unterbringung. In den Einrichtungen leben weit mehr als
Große Schwierigkeiten mit „Fehlbelegern“ Erstaufnahme für Türken ist in Donauwörth
3000 Personen, die bereits anerkannt wurden, aber noch keine Wohnung gefunden haben. ● Nahezu 8500 Personen sind im Nordosten Bayerns untergekommen, die meisten davon (mehr als 5100) in den Städten und Gemeinden (dezentrale Unterkünfte). ● Oberpfalz Aktuell leben in der Oberpfalz etwa 10000 Asylbewerber. Ende des Jahres 2015 waren es rund 11 000.
Auf der nachfolgen den Seite erwartet Sie eine ganzseitige Grafik, die die Flüchtlingssituation im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung dar stellt. Dies ist eine Momentaufnahme aus der zweiten Monatshälfte des Oktobers 2016. Die Zahlen haben sich inzwischen wieder verändert. Erkennbar ist aber, wie die Flüchtlinge in ganz Schwaben und im angrenzenden Oberbayern verteilt sind. Aus Platzgründen werden die „Fehl beleger“außerhalb der Karte und auf den gesamten Landkreis beziehungsweise die kreisfreie Stadt bezogen aufgeführt. Wenn weniger als zehn Personen in einem Ort untergebracht sind (dezentral oder als Gruppe der unbegleiteten minderjähri gen Flüchtlinge), haben wir diese Kommune der Übersicht halber ebenfalls außerhalb der Karte aufgelistet.