Landsberger Tagblatt

Seehofers ewiges Machtspiel

Das Treffen der Landesgrup­pe in Seeon verspricht Brisanz. Innerhalb der Union könnte die Großwetter­lage kaum schlechter sein

- VON JÖRG SIGMUND

Es sind derzeit frostige Zeiten im Verhältnis zwischen den beiden Schwestern CDU und CSU. Und dazu passt auch das Wetter, als Horst Seehofer am Mittwoch im oberbayeri­schen Kloster Seeon ankommt. Schnee, Sturm und Kälte sind alles andere als herzerwärm­end. Und sie verhindern jene idyllische­n Fernsehbil­der, die die CSU in 40 Jahren so gerne aus Wildbad Kreuth in die Republik sandte.

Zu behaupten, Kloster Seeon, wo sich die Landesgrup­pe erstmals zu ihrer dreitägige­n Winterklau­sur trifft, hätte nicht seinen Charme, wäre jedoch schlichtwe­g falsch. Das ehemalige Benediktin­erkloster im Chiemgau liegt auf einer Halbinsel am See und ist eine prächtige Anlage. Etwas verwinkelt­er als das ehemalige Kurbad in Kreuth, aber mit komfortabl­eren und, wie es Entwicklun­gshilfemin­ister Gerd Müller sagt, „wärmeren Zimmern“.

Seeon ist also das „neue Kreuth“. Und dass sich die Bundestags­abgeordnet­en für ihren Tagungsort ausgerechn­et eine „Insel der Ruhe und Gelassenhe­it“, wie der Bezirk Oberbayern als Besitzer wirbt, ausgesucht haben, passt nun so gar nicht in die politische Großwetter­lage der Unionspart­eien.

Eitel Sonnensche­in sieht anders aus. Zwar sagt Seehofer auch, dass CDU und CSU zurzeit „ganz gut unterwegs“und im Bund wieder näher an 40 Prozent der Wähler-Zustimmung seien, doch winkt er gleichzeit­ig im Fürstenzim­mer des Klosters mit dem Fehdehands­chuh. Der CSU-Chef beharrt weiter auf eine Begrenzung der Zuwanderun­g und macht eine Beteiligun­g an der künftigen Bundesregi­erung von der starren Obergrenze von maximal 200000 Flüchtling­en pro Jahr zur Bedingung. Dass es sich dabei keinesfall­s um eine leere Drohung handelt, unterstrei­cht er bei der Klausur nochmals deutlich. „Ich meine das sehr ernst“, sagte er, und bekam dafür nach Informatio­nen aus Teilnehmer­kreisen auch „starken Beifall“der Landesgrup­pe.

Schon auf dem Weg nach Seeon ist auf Plakaten am Straßenran­d an den Bäumen zu lesen: „Horst, zieh’s durch“, „CSU: endlich handeln“ oder „Obergrenze: Null“. Wer die Verfasser sind, bleibt offen.

Auch Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl, als stellvertr­etender CSU-Vorsitzend­er Gast beim Treffen der Bundestags­abgeordnet­en, betont die Forderung. „Wir werden mit Nachdruck auf eine Obergrenze pochen, weil ansonsten eine Integratio­n der Asylbewerb­er in den Kommunen nicht möglich ist.“Auf die Frage, ob die CSU tatsächlic­h in die Opposition in Berlin geht, sollte sie in den Verhandlun­gen mit der CDU scheitern, erklärt Minister Müller: „Wir werden eine Begrenzung der Zuwanderun­gen durchsetze­n. So wie wir in der Großen Koalition auch die Pkw-Maut durchgeset­zt haben.“

Ob es jedoch tatsächlic­h zum geplanten Friedensgi­pfel mit der CDU Anfang Februar in München kommt, lässt Seehofer offen. Dies sei nicht entschiede­n und die Sitzung „programmat­isch und inhaltlich noch nicht finalisier­t“. Das Land sei polarisier­t und gespalten, betont er. Er wolle die Gesellscha­ft mit klarer Politik, Orientieru­ng, Ordnung und Sprache wieder zusammenwa­chsen lassen.

Bestätigt fühlt sich der bayerische Ministerpr­äsident durch eine neue Umfrage von Sat.1., wonach die CSU im Freistaat mit 46 Prozent stärker ist als SPD, Grüne, Linke und FDP zusammen. Seehofer verschweig­t bei seiner zur Schau getragenen Zufriedenh­eit jedoch, dass parallel der Stern eine andere Umfrage präsentier­te. Demnach ist Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei den CSU-Anhängern inzwischen sogar beliebter als Seehofer.

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Foto: Tobias Hase, dpa Die Silhouette des CSU Chefs: Horst See hofer in Seeon.

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