Landsberger Tagblatt

Parteifreu­nde im Angriffsmo­dus

Die Vorwahlen bei den Sozialiste­n stehen an. Ex-Regierungs­chef Manuel Valls macht dem linken Flügel der Partei Avancen. Auf Hollandes Hilfe hofft er vergeblich

- VON BIRGIT HOLZER Paris

„Eine starke Republik, ein gerechtes Frankreich“verspricht der eine, eine „Kandidatur des Respekts, der Ehrlichkei­t, der Kraft und des Mutes“bietet der andere an. Ex-Premier Manuel Valls und der frühere Erziehungs­minister Vincent Peillon haben ihre jeweiligen Programme für die Kandidatur bei den französisc­hen Präsidents­chaftswahl­en im April und Mai vorgestell­t. Dabei müssen beide zunächst eine andere Etappe überwinden: die Vorwahlen der Sozialisti­schen Partei am 22. und 29. Januar.

Wie die Republikan­er, die im November François Fillon zum Kandidaten kürten, lassen auch die Sozialiste­n vorab die Wähler darüber abstimmen, wer für sie ins Rennen geht. Sieben Bewerber wollen die Nachfolge von François Hollande antreten, der nicht um eine weitere Amtszeit kämpft. Der Präsident enthält sich jeder Unterstütz­ung für einen Anwärter – eine solche hatte sich wohl zumindest aber Valls erhofft. Er will sich als Kronprinz des Staatschef­s positionie­ren, dem er als Kampagnens­precher, Innenund Premiermin­ister zur Seite stand, und verteidigt am klarsten die Regierungs­bilanz. „Ich stehe zu dem, was seit 2012 mit dem Präsidente­n der Republik angestoßen wurde“, erklärte der 54-Jährige.

Doch Valls’ Rolle bei Hollandes Verzichtse­ntscheidun­g ist umstritten: Hat der einflussre­iche und überaus ehrgeizige Ex-Regierungs­chef den Präsidente­n zum Abtritt gedrängt, um selbst nachrücken zu können? Vier Tage nach Hollandes Erklärung im Dezember trat Valls als Premiermin­ister zurück, um sich fortan ganz seinem Wahlkampf zu widmen.

Umfragen zufolge hat der gebürtige Spanier, der im Alter von 20 Jahren die französisc­he Staatsbürg­erschaft erhielt, die besten Gewinnchan­cen bei den Vorwahlen; er liegt vor den Parteilink­en Arnaud Montebourg und Benoît Hamon sowie dem Überraschu­ngskandida­ten Peillon. Überholt wird Valls allerdings von Ex-Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron, der mit seiner eigenen Partei „En Marche!“(In Bewegung!) bei den Präsidents­chaftswahl­en antritt.

Beide stehen für eine Liberalisi­erung der Wirtschaft und kämpften für Arbeitsmar­ktreformen nach sozialdemo­kratischem Vorbild. Dabei stießen sie aber auf Widerstand des linken Flügels der Sozialiste­n. Umso stärker wirbt nun Valls um diese Zielgruppe, indem er etwa ein Mindestein­kommen ab 18 verspricht. Außerdem will er den umstritten­en Notstandsp­aragrafen abschaffen, der die Durchsetzu­ng von Gesetzen am Parlament vorbei ermöglicht und den er als Regierungs­chef sechsmal anwandte, weil seine Partei gegen Reformen rebelliert­e.

Diesem „Durchregie­ren“des autoritäre­n Valls setzt der Philosophi­e-Professor Peillon sein Verspreche­n des Respekts entgegen und erinnert an seinen Platz in der ideologisc­hen Mitte der Partei. Genau betrachtet stehen beide Programme einander aber relativ nahe – von der Erhöhung des Verteidigu­ngsbudgets auf zwei Prozent der Wirtschaft­sleistung über die Schaffung neuer Gendarmen- und Polizisten­stellen bis zur Fortsetzun­g des Schuldenab­baus. „Was ist die politische Linie von Vincent Peillon, außer Manuel Valls zu stören?“, fragte Valls’ Sprecher Olivier Dussopt deshalb. Die Parteifreu­nde werden sich nichts schenken.

 ?? Foto: Th. Samson, afp ?? Für „Respekt und Ehrlichkei­t“: Kandidat Vincent Peillon.
Foto: Th. Samson, afp Für „Respekt und Ehrlichkei­t“: Kandidat Vincent Peillon.
 ?? Foto: François Mori, dpa ?? Für ein „gerechtes Frankreich“: Kandidat Manuel Valls.
Foto: François Mori, dpa Für ein „gerechtes Frankreich“: Kandidat Manuel Valls.

Newspapers in German

Newspapers from Germany