Büffel helfen der Polizei beim Schnüffeln
Die Insel Marajo ist der einzige Ort der Welt, an dem Einsatzkräfte auf den bulligen Tieren Verbrecher jagen. Warum sie dort besser sind als Pferde
Reiterstaffeln der Polizei gibt es auf der ganzen Welt. Automatisch denkt man dabei an Pferde. Nicht aber auf der brasilianischen Amazonas-Insel Marajo. Dort ist Sergeant Vitelli Cassiano seit 23 Jahren stolzes Mitglied der einzigen Reiterstaffel der Welt, die auf Wasserbüffeln auf Streife geht – und Verbrecher jagt.
Marajo, eine Flussinsel mit 250000 Bewohnern, liegt im Mündungsgebiet des Amazonas, ein Teil grenzt direkt an den Atlantik. Und der Legende nach gab es hier einen folgenschweren Unfall. Demnach verunglückte um das Jahr 1890 ein Frachtschiff vor der Atlantikküste, das Wasserbüffel geladen hatte. Der Großteil rettete sich in Marajo an Land – und die Tiere vermehrten sich prächtig. Ein Polizist spricht von mindestens 200000 Büffeln auf der ganzen Insel, Schätzungen reichen aber auch bis zu einer Million. Ob als Nutz- und Haustier oder als Fleischlieferant, einen Büffel hat auf der Insel fast jede Familie.
So kam die Polizei vor knapp 25 Jahren auf die Idee mit der BüffelStreife, selbst das Wappen der Polizei in Soure zeigt einen schwarzen Büffel in einem blauen Fluss. Besuch beim Chef der Polizei, Kommandant Oscar Guimarães, sehr bullige Statur. Der Sprung vom Pferd zum Büffel sei nicht weit, sagt er. „Das Pferd bremst man über das Maul, den Büffel über die Nase.“Die Tiere seien einfach „rustikaler“ als Pferde. Wenn ein Dieb durch einen der Flüsse flüchte, könne er per Büffel besser gestellt werden.
Auch Polizeichef Guimarães erzählt von den schiffbrüchigen Büffeln. „Aber es gibt zwei Versionen“, sagt er. „Die andere besagt, dass sie über Großgrundbesitzer hierhin gekommen sind, die sie aus Asien eingeführt haben.“Alles sei perfekt für sie: Klima, Wetter, Landschaft.
Fünf Büffel hat die Polizei im Einsatz, außerdem drei Autos, zwei Motorräder. Sergeant Cassiano kommt morgens um acht zum Hauptquartier, die Büffel stehen auf dem benachbarten Fußballplatz, alle haben sie einen Namen. Baratchina, zehn Jahre alt, wird erst einmal gewaschen, das Fell ist mit Lehm verklebt. Danach geht es auf Streife. Vitelli Cassiano grüßt majestätisch vom Sattel, hält einen Plausch mit einem Mopedfahrer. In den Sümpfen wird der Polizist heftig von Moskitos attackiert, während Baratchina fast komplett einsinkt. In stabilem Terrain kann so ein schwerer Büffel auf Befehl richtig losgaloppieren, bis zu 30 Stundenkilometer schafft er dann.
Da will man nicht in der Haut des Flüchtenden stecken. Die Verbrechen hier, Morde? „Höchstens einer pro Jahr“, sagt Guimarães. „Es gibt vor allem Probleme mit Drogenhandel“, berichtet der Chef der Polizeieinheit. „Und es werden viele Büffel gestohlen.“Die der Polizei aber bislang nicht.
Georg Ismar, dpa