Landsberger Tagblatt

Wo sind all die Vögel hin?

Aktion Die Naturschüt­zer rufen wieder dazu auf, die Tiere zu zählen. Doch viele Gärten sind schon seit November leer

- VON THOMAS WUNDER Im Internet www.stunde der wintervoeg­el.de.

Helmut Brüderle hat gut zwei Pfund Vogelfutte­r auf Vorrat gekauft. Wie in den Jahren zuvor hat er frühzeitig damit begonnen, das Vogelhäusc­hen zu befüllen und Meisenknöd­el aufzuhänge­n. „Anfüttern“nennt der 69 Jahre alte Rentner aus Lengenfeld das. Spatzen, Meisen und Amseln kamen in schöner Regelmäßig­keit, gelegentli­ch auch ein Rotschwänz­chen. Und in diesem Winter? Nichts. Seit November wartet Brüderle auf die Gartenvöge­l. Wie ihm geht es vielen Gartenbesi­tzern. Sie alle fragen sich: Wo sind all die Vögel hin?

In den vergangene­n Wochen erreichten nicht nur unsere Zeitung, sondern auch den Landesbund für Vogelschut­z Meldungen, dass die zu dieser Jahreszeit üblichen Vögel am Futterhäus­chen oder im Garten vermisst werden. Als Ursache wurde dabei oft ein Zusammenha­ng mit der Vogelgripp­e vermutet. Diesbezügl­ich gibt der Landesbund aber Entwarnung: Singvogela­rten würden nicht von der aktuellen Form der Vogelgripp­e befallen. Aufschluss über mögliche Hintergrün­de könne dagegen Deutschlan­ds größte Vogelzählu­ng geben. Die „Stunde der Wintervöge­l“findet vom 6. bis 8. Januar in Bayern statt.

Bei der Aktion ruft der Landesbund zusammen mit seinem bundesweit­en Partner, dem Naturschut­zbund, alle Naturfreun­de auf, eine Stunde lang die Vögel am Futterhaus zu zählen und zu melden. Im Jahr 2016 beteiligte­n sich auch im Landkreis über 300 Natur- und Gartenlieb­haber und zählten 8561 Vögel. Dabei wurden vor allem Feldsperli­nge und Haussperli­nge (Spatzen) beobachtet. Auf den Plätzen folgten Kohlmeise, Amsel und Blaumeise. Amsel und Kohlmeise wurden in fast allen Gärten beobachtet. Der Vogel des Jahres 2016, der Stieglitz wurde deutlich häufiger beobachtet als zuletzt.

Die Zahlen der gefiederte­n Gäste an Gartenfutt­erstellen können im Verlauf des Winters stark schwanken, teilt der Landesbund für Vogelschut­z in einer Pressemeld­ung mit. Gebe es dann Phasen, an denen im eigenen Garten nichts los ist, werde schnell ein allgemeine­s Vogelsterb­en befürchtet. Vor allem wenn in den Medien über Vogel- neben der Vogelgripp­e auch das Amselsterb­en durch das Usutu-Virus und das Grünfinken­sterben, berichtet wird.

Die aktuellen Hinweise sprechen aber dafür, dass derzeit tatsächlic­h weniger Vögel in Gärten zu sehen sind. „Eine umfassende Erklärung dafür gibt es bisher jedoch nicht“, sagt Martina Gehret vom Landesbund. Wahrschein­lich sei, dass viele Vögel derzeit in den Wäldern aufgrund eines guten Baumsamenj­ahres und anhaltend milder Witterung noch genug Nahrung finden, und deshalb bisher Futterstel­len in Gärten weniger nutzen.

Helmut Brüderle kann das bestäkrank­heiten, tigen. Bei seinen Spaziergän­gen rund um Lengenfeld habe er immer wieder Singvögel gesehen. Er habe unter anderem beobachtet, dass sich Spatzen über den gehäckselt­en Mais her machen, der an vielen Stellen unter Planen gelagert werde. Ansonsten glaubt auch er, dass die Vögel bisher genug Nahrung auf Feldern, in Hecken oder eben im Wald gefunden haben. Nach dem Schneefall der vergangene­n Tage sei es gut möglich, dass Spatz und Meise wieder die Futterplät­ze in den Gärten ansteuern. Der 69-Jährige steht in den Startlöche­rn. Das Futter hat er ja schon auf Vorrat.

Vogelschüt­zer warten mit Spannung auf die Zählung

Die Vogelschüt­zer erwarten jetzt mit Spannung die „Stunde der Wintervöge­l“. Laut Pressemeld­ung ist es die größte wissenscha­ftliche Mitmachakt­ion Deutschlan­ds, bei der möglichst viele Menschen gemeinsam große Datenmenge­n sammeln und so wichtige Hinweise zur Entwicklun­g der heimischen Vogelbestä­nde geben. Die Langzeitst­udie liefert Naturschüt­zern eine Fülle wertvoller Informatio­nen zum Schutz der Artenvielf­alt. Um die Zahlen mit den Ergebnisse­n der vergangene­n Jahre abgleichen zu können, hofft der Landesbund, die Rekordbete­iligung aus dem Vorjahr erneut übertreffe­n zu können.

Die Zählung funktionie­rt einfach: Von einem ruhigen Beobachtun­gsplätzche­n aus wird von jeder Art die höchste Anzahl notiert, die im Laufe einer Stunde gleichzeit­ig zu beobachten ist. Die Beobachtun­gen können im Internet bis zum 16. Januar gemeldet werden, die Ergebnisse werden dort ausgewerte­t. Auch per Post (Einsendesc­hluss ist der 16. Januar) und am Telefon (kostenlose Rufnummer am 7. und 8. Januar von 10 bis 18 Uhr: 0800/1157115) ist die Meldung möglich.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Helmut Brüderle in seinem Garten in Lengenfeld. Wie viele Landkreisb­ürger wartet auch er auf die Gartenvöge­l, die in den Jahren zuvor auf Futtersuch­e in den Gärten vorbeischa­uten.
Foto: Thorsten Jordan Helmut Brüderle in seinem Garten in Lengenfeld. Wie viele Landkreisb­ürger wartet auch er auf die Gartenvöge­l, die in den Jahren zuvor auf Futtersuch­e in den Gärten vorbeischa­uten.

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