Mit der First Lady auf dem Kindergeburtstag
Porträt Ingrid Hartl aus Untermeitingen stammt aus dem slowenischen Sevnica. Dort wuchs auch die künftige amerikanische First Lady auf. Tauschen will sie mit Melania Trump nicht
Das Foto auf dem Smartphone zeigt Mädchen im Kindergartenalter, alle in kurzen Röcken, wie es damals Mitte der 1970er-Jahre Mode war. Entstanden ist das Bild bei einer Geburtstagsparty in Slowenien. Ingrid Hartl deutet auf die erste Reihe: „Das Mädchen links bin ich und das ganz rechts ist Melania.“
Der Vorname ist nicht ungewöhnlich für ein Mädchen, das aus dem ehemaligen Jugoslawien stammt. Außergewöhnlich ist jedoch die Karriere, die die aparte Brünette mit dem blauen Trägerkleid und den gelben Kniestrümpfen gemacht hat: Melania trägt den Nachnamen Trump und wird am 20. Januar als Ehefrau des designierten US-Präsidenten Donald Trump die First Lady der Vereinigten Staaten. Das Bindeglied zwischen der Untermeitingerin und dem ehemaligen Model ist Sevnica. Ingrid Hartl ist 1970 in der slowenischen Kleinstadt geboren. Melania wuchs dort ebenfalls auf, und zwar quasi um die Ecke. Der Ort, etwa eine Autostunde von der Hauptstadt Ljubljana entfernt, lockt seit Kurzem Medienvertreter aus dem gesamten Land und sogar aus den USA an, weiß Hartl. „Die Bewohner Sevnicas sind stolz, dass Melania Trump aus ihrem Ort kommt – unabhängig davon, was sie von der Politik ihres Ehemanns halten“, sagt die 46-Jährige. „Sogar eine Blume und eine Torte sollen jetzt nach Melania benannt worden sein.“
Erst in den jüngsten Sommerferien kehrte Ingrid Hartl, die als Kind mit ihren Eltern nach Augsburg kam, zu ihren Wurzeln zurück. Damals hätten die Bewohner den USWahlkampf aufmerksam verfolgt. „Sie waren skeptisch, ob Trump der richtige Mann fürs Weiße Haus ist, und trauten ihm nicht zu, dass er gewinnt.“Sie selbst habe die Wahl- nacht im Fernsehen verfolgt und sei sich ebenfalls sicher gewesen, dass er es nicht schafft.
Sie kennt die künftige First Lady aus der Zeit, als die Tochter eines Autohändlers und einer Fabrikarbeiterin noch Melanija Knavs hieß. Das Foto auf dem Handy, das von einer Freundin stammt, legt Zeugnis davon ab. Erinnern kann sich Ingrid Hartl auch noch an ein Ferienlager, das sie während eines Aufenthalts bei ihren Großeltern in Slowenien als Gast besuchte. „Wir haben uns damals mit ein paar anderen Mädchen ein Zimmer geteilt. Ich weiß noch, dass Melania sich für mich eingesetzt hat, als mich die anderen Kinder als Deutsche hänselten“, erzählt Hartl. Die Freundin sei angenehm gewesen, aber eher zu- rückhaltend. „Und ich fand sie schon damals sehr hübsch.“Auch wenn Ingrid Hartl regelmäßig nach Sevnica fuhr, verlor sie Melania aus den Augen. Sie habe jedoch ihre Model-Laufbahn verfolgt und mitbekommen, dass die frühere Nachbarin in den USA Karriere machte – und 2005 die dritte Frau des 24 Jahre älteren Milliardärs Donald Trump wurde.
Auf dem Tisch im „Gasthaus zum Spickel“, das Ingrid Hartls Bruder Franc Kolman führt, liegt eine Zeitschrift mit dem künftigen Inhaber des obersten Amtes in den USA. Darunter die Schlagzeile „Der unheimliche Präsident“. Die 46-Jährige kommentiert diese Worte nicht, doch dann entweicht ihren Lippen ein „Mir tut sie fast schon leid“. Wen Hartl damit meint, ist nicht schwer zu erraten. Die vierfache Mutter, die mit ihrer Familie in Untermeitingen im Landkreis Augsburg lebt und ihrem Bruder gelegentlich im Gasthaus zur Hand geht, möchte nicht mit der Frau tauschen, die auf Seite 30 des Magazins im Kreis des Familienclans ihrem Donald Beifall klatscht. Ingrid Hartl teilt die Einschätzung der Medien, dass ihre Freundin aus Kindertagen ihre künftige Rolle eher zurückhaltend interpretieren und ihrer Stieftochter Ivanka Repräsentationsaufgaben überlassen werde. „Ich kann mir gut vorstellen, dass sie sich im Hintergrund hält.“Und noch etwas anderes hält sie für wahrscheinlich: „Dass Melania Trump Ehrenbürgerin von Sevnica wird.“