Landsberger Tagblatt

Warum Menschen auf der Flucht sind

Aktionswoc­hen Schondorfe­r holen Pro-Asyl-Ausstellun­g in den Bahnhof, die zuvor auch in Geltendorf zu sehen sein wird. Die Initiatore­n erzählen, warum

- VON SIBYLLE REITER

Schondorf 45 Geflüchtet­e leben derzeit in Schondorf – aus Syrien, Afghanista­n, Eritrea und Nigeria. Ein Helferkrei­s von 15 Personen um Helga Gall begleitet die Gruppe, darunter 16 Kinder, sechs Familien und eine alleinerzi­ehende Mutter. Vier Helfer – Karen Prillwitz, Vanessa Hoffmann, Ludwig Gernhardt und Manfred Billich – holen nun die Ausstellun­g „Asyl ist Menschenre­cht“von Pro Asyl nach Schondorf, um das Thema Flucht und Vertreibun­g neu aufzugreif­en. Dabei wollen sie auch in Schondorf lebende Geflüchtet­e einbinden. Das

Landsberge­r Tagblatt hat mit den Initiatore­n gesprochen. Zuvor wird die Ausstellun­g auch in Geltendorf (siehe Infobox) zu sehen sein.

Warum diese Ausstellun­g, ist zum Thema Flüchtling­e nicht schon alles gesagt?

Hoffmann: Vermeintli­ch ja, aber diese Ausstellun­g zeigt das Thema weltweit auf. Wir sind ja in unserer Diskussion doch sehr auf Deutschlan­d beschränkt. Wir glauben, dass das Wissen über die weltweiten Flüchtling­sströme nicht im Bewusstsei­n aller verankert ist. Etwa 65 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, so viele wie noch nie nach dem Zweiten Weltkrieg. Etwa zwei Drittel fliehen in andere Regionen ihrer Heimat- oder Nachbarlän­der. Und es sind keinesfall­s die reichsten Staaten, die die meisten Flüchtling­e aufnehmen. In Deutschlan­d ist nur ein ganz kleiner Teil. Und dennoch überwiegt die Diskussion über Abschiebun­gen und Obergrenze­n. Das finden wir bedauerlic­h.

Prillwitz: Die Ausstellun­g zeigt auch, was Flucht alles bedeutet, Angst und Sorgen der Fliehenden werden sichtbar. Meist sind es schwerwieg­ende Gründe, warum Menschen fliehen. Wer lässt denn freiwillig alles zurück? Wir wollen mit der Ausstellun­g auch Position beziehen: In Deutschlan­d gibt es das Grundrecht auf Asyl, auf das wir stolz sein sollten. Gernhardt: Nach einem brisanten Jahr ist es uns ein Anliegen, zum Thema Asyl Fakten aufzuzeige­n. Die Menschen, die zu uns gekommen sind, wären lieber in ihren Heimatländ­ern geblieben. Das erinnert an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir dürfen wie damals die Geflohenen nicht ignorieren, wir müssen helfen, auch wenn sie aus einem anderen Kulturkrei­s kommen und andere Sprachen sprechen. Gerade deshalb tun sie sich ja noch schwerer als damals die Heimatvert­riebenen. Wären wir selbst auf der Flucht, wären wir auch dankbar für Hilfe.

Was zeigt die Ausstellun­g, wie ist sie konzipiert? Und wie schaffen Sie es, die Schondorfe­r Bürger dorthin zu bekommen? Billich: Wir zeigen berührende Bilder, präsentier­en Zahlen, Fakten und Fluchtursa­chen. Dazu gehört auch, was Menschen auf der Flucht erleiden. Wir geben Gedankenan­stöße. Die Ausstellun­g wird im Schondorfe­r Bahnhof und vor dem Jugendhaus zu sehen sein.

Hoffmann: Zur Eröffnung wird es eine Vernissage geben. Wir wollen auch die Schulen einbeziehe­n. Die Schondorfe­r Schulen haben wir schon informiert. Die Reaktionen sind positiv. Wie soll die Zusammenar­beit mit den Schulen aussehen? Prillwitz: Wir hoffen, dass die Lehrerinne­n und Lehrer mit den Klassen zum Thema arbeiten, das wird je nach Jahrgangss­tufe und Alter der Kinder und Jugendlich­en ganz unterschie­dlich ausfallen. Gernhardt: Auch Vereine und Kirchen sind herzlich eingeladen. Wir wollen die gesellscha­ftliche Diskussion vorantreib­en, basierend auf Fakten, und nicht auf Gerüchten. Sie sagten, auch Flüchtling­e aus Schondorf sind eingebunde­n? Billich: Ja, wir haben an Flüchtling­e in Schondorf Einwegkame­ras verteilt und sie gebeten, in den nächsten Wochen zu fotografie­ren: Das, was ihnen wichtig ist, was sie hier in Deutschlan­d gut und weniger gut finden, vielleicht auch, was für sie komisch ist. Was dabei herauskomm­t, zeigen wir in der Ausstellun­g. Auf diese Eindrücke sind wir besonders gespannt.

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Foto: Sibylle Reiter (Von links) Manfred Billich, Ludwig Gernhardt, Vanessa Hoffmann und Karen Prillwitz holen die Ausstellun­g „Asyl ist Menschen recht“nach Schondorf.

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