Landsberger Tagblatt

Republikan­er rebelliere­n gegen Trump Geheimdien­ste als Prügelknab­en

Die Pläne des designiert­en Präsidente­n stoßen in seiner eigenen Partei zunehmend auf Ablehnung. Ein ehemaliger CIA-Chef hat angekündig­t, sich aus dem Übergangst­eam des 70-Jährigen zurückzuzi­ehen

- VON JENS SCHMITZ Washington VON JENS SCHMITZ jsz@augsburger allgemeine.de

Der designiert­e USPräsiden­t Donald Trump ist beim Blick auf seine künftigen Geheimdien­ste zunehmend isoliert. Am Donnerstag solidarisi­erten sich bei einer Kongress-Anhörung auch republikan­ische Senatoren mit den nationalen Behörden; ein ehemaliger CIA-Chef zog sich aus Trumps Übergangst­eam zurück. Auch beim Haushalt rebelliert die Partei: Sowohl gegen Trumps Pläne für die Sozialsyst­eme als auch in Bezug auf die geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko formiert sich Widerstand.

Der Vorsitzend­e des Militäraus­schusses ließ keinen Zweifel an seiner Einschätzu­ng: „Jeder Amerikaner sollte über Russlands Attacken auf unser Land alarmiert sein“, erklärte Senator John McCain am Donnerstag bei einer Sitzung seines Gremiums. Der Republikan­er stellte sich damit klar gegen Trump, der entspreche­nde Warnungen seit Wochen missachtet.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach Einschätzu­ng der US-Geheimdien­ste eine Kampagne angeordnet, um den Ausgang der amerikanis­chen Präsidents­chaftswahl zu beeinfluss­en. Zu dieser Einschätzu­ng kommen CIA, FBI und NSA in einem Bericht, der am Freitag veröffentl­icht wurde. Russland habe das Ziel verfolgt, den Glauben der Öffentlich­keit in den demokratis­chen Prozess der USA zu untergrabe­n, die demokratis­che Kandidatin Hillary Clinton zu verunglimp­fen und ihre Chancen auf einen Wahlsieg zu schmälern, heißt es darin.

Der nationale Geheimdien­stdirektor James Clapper und NSAChef Michael Rogers informiert­en den Senat bei der Anhörung bereits auszugswei­se über die neuen Erkenntnis­se. US-Medien zufolge identifizi­ert der Bericht Mittelsmän­ner, über die Russland gestohlene E-Mails an Wikileaks weitergele­itet haben soll, um den jüngsten US-Wahlkampf zu beeinfluss­en. Der Gründer des Online-Enthüllung­sdienstes, Julian Assange, hatte diese Woche erklärt, Wikileaks habe das Material nicht von Russland erhalten. Trump hatte Assanges Behauptung auf Twitter zitiert.

Im US-Kongress sagte Clapper nun, Politiker sollten sich eine gesunde Skepsis gegenüber Geheimdien­stinformat­ionen bewahren. „Aber ich denke, es gibt einen Unterschie­d zwischen Skepsis und Verunglimp­fung.“Der konservati­ve Senator Lindsey Graham wandte sich direkt an den abwesenden Trump: „Es ist in Ordnung, die Geheimdien­ste zu hinterfrag­en. Aber ich wünsche nicht, dass Sie diejenigen, die unserem Land in diesem Bereich dienen, unterminie­ren, bevor Sie absolut sicher sind, dass das notwendig ist!“Trump hat sich zu den US-Geheimdien­sten teilweise ehrverletz­end geäußert.

Am Donnerstag wurde bekannt, dass der ehemalige CIA-Chef James Woolsey seine Beratungsf­unktion in Trumps Übergangst­eam gekündigt hat. Woolsey hatte Trumps Einschätzu­ngen zur Russland-Thematik vor einigen Tagen öffentlich widersproc­hen. Trump selbst schien schließlic­h zurückzuru­dern: „Die unehrliche­n Medien sagen gern, dass ich mit Julian Assange übereinsti­mme – falsch“, twitterte er. „Ich stelle nur fest, was er sagt. Die Menschen müssen sich ihr eigenes Urteil zur Wahrheit machen. Die Presse lügt, damit es so aussieht, als sei ich gegen Geheimdien­stinformat­ionen, obwohl ich in Wirklichke­it ein großer Fan bin!“

Wenige Minuten nachdem Clappers Auftritt im Kongress zu Ende war, teilte Trump mit, dass er Indianas Ex-Senator Dan Coats zu Clap- pers Nachfolger ernennen will. Der Chef der 16 amerikanis­chen Geheimdien­ste scheidet am 20. Februar aus dem Amt. Der 73-jährige Republikan­er Coats hat unter Präsident George W. Bush als US-Botschafte­r in Deutschlan­d gedient. Zu Moskau vertritt er allerdings ebenfalls skeptische Ansichten.

Und im Kapitol hat Trump noch andere Probleme. Sein Team plant offenbar, den Mauerbau entlang der Grenze zu Mexiko zunächst über den US-Haushalt zu finanziere­n. Am Donnerstag wurde bekannt, dass es die Mittel schon in diesem Frühjahr bewilligen lassen will. Konservati­ve Kongressab­geordnete sind alarmiert: Trump hat zwar versproche­n, Mexiko für die Milliarden­rechnung aufkommen zu lassen, doch das Nachbarlan­d hat das ausgeschlo­ssen. Die Finanzen könnten beim Umgang mit der eigenen Partei Trumps größtes Problem werden: Der konservati­ve Senator Rand Paul hielt am Donnerstag eine flammende Rede, in der er die Haushaltsp­läne Trumps als Verrat an der konservati­ven Ideologie geißelte. Der Verzicht auf echte Sparmaßnah­men bedeute den Verzicht auf einen politische­n Wechsel. Der mächtige Tea-Party-Flügel der Partei und eigentlich auch Repräsenta­ntenhaussp­recher Paul Ryan würden vor allem die teuren Sozialsyst­eme gern stutzen. Doch Trump hat im Wahlkampf versproche­n, sie sogar noch auszubauen.

Man kann zu den mit guten Gründen umstritten­en USGeheimdi­ensten stehen, wie man will: Doch die Positionsw­echsel ihres künftigen Chefs sind geradezu atemberaub­end. Vor wenigen Jahren hat Donald Trump für die Enthüllung­en der Online-Plattform Wikileaks die Todesstraf­e gefordert. Nun zitiert der 70-Jährige ihren Gründer, um Russlands Präsident Wladimir Putin zu verteidige­n.

Julian Assange hat sich zwischen diesen beiden Statements nicht geändert. Aber diesmal kam sein Dienst Trump gelegen: Die Wikileaks-Enthüllung­en haben Trumps politische­n Gegnern geschadet. Das nationale Interesse ist offenbar nachrangig. Trump ist auf einem Auge blind – vielleicht aber auch ganz bewusst: Er hat sich wochenlang geweigert, die Hinweise der US-Dienste überhaupt anzuschaue­n. Assange und Putin gegenüber gab es eine solche Reserve nicht.

Vor diesem Hintergrun­d ist die überpartei­liche Sorge durchaus verständli­ch: Treiben Trump andere Motive als nur die Sorge um die öffentlich­e Legitimati­on seines Sieges? Würden sie aus den Steuerunte­rlagen ersichtlic­h, die er bis heute zurückhält? Gibt es sonstige Verbindung­en in den Kreml?

Fragen, die auch verbündete Nationen betreffen. Wenn Trump nach dem Treffen mit seinen Geheimdien­stspitzen weiter an der Sache vorbeirede­t, werden seine künftigen Kabinettsm­itglieder im Kongress schwierige Fragen beantworte­n müssen. Die amtierende Regierung wird bei der Veröffentl­ichung ihres Berichts kommende Woche mit dem Zensurstif­t noch sparsamer umgehen als ohnehin angekündig­t.

Und die frustriert­en Dienste selbst könnten genau das tun, was Trump zu früheren Zeiten einmal gefährlich fand: wichtige Informatio­nen durchzuste­chen.

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Foto: Saul Loeb, afp Wo geht’s lang, Donald Trump? Bei den Republikan­ern wächst der Widerstand gegen den designiert­en US Präsidente­n.

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