Wurden die Schwarzstörche vertrieben?
Weil zwei Brutpaare verschwanden, erstattete ein bekannter Naturschützer Anzeige gegen unbekannt
Schwarzstörche sind sehr selten und artenschutzrechtlich geschützt. Weil im Ostallgäu südlich von Kaufbeuren zwei Paare bei der Brut vermutlich gestört worden sind, hat Dr. Christoph Greifenhagen, ein im Allgäu angesehener und seit Jahrzehnten ehrenamtlich tätiger Naturschützer, Anzeige gegen unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Kempten erstattet. Die Behörde bestätigte, dass ein Ermittlungsverfahren läuft. Greifenhagen und seine Mitstreiter haben die Sorge, dass der Schutz seltener Vögel wie dem Schwarzstorch den Interessen von Windkraftbetreibern geopfert werden könnte.
Die Schwarzstörche besetzen Reviere auf einem bewaldeten Höhenrücken. Es sind hier auch andere geschützte Vogelarten wie Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke, Wanderfalke und Wespenbussard nachgewiesen. Seit Jahren tobt dort ein Streit um geplante Windkraftanlagen. Und es tobe ein „Gutachterkrieg“, sagt der bekannte, windkraftkritische Filmemacher Leo Hiemer aus Kaufbeuren, der „Heimat unter Strom“gedreht hat. Die Investoren beauftragen ihre Gutachter. Die Artenschützer kartieren selbst ehrenamtlich, teils auch im Auftrag des Landratsamtes. Das Verwaltungsgericht Augsburg habe bereits zwei Klagen der Investoren wegen mangelhafter Gutachten zum Artenschutz abgewiesen.
Zwei Zwischenfälle haben Greifenhagen nun zu der Anzeige veranlasst. Auch 2015 war ein Horst in dem Wald von Schwarzstörchen belegt. Die Vogelschützer hätten das Paar sogar bei der intensiven Balz beobachten können. Wenige Tage später habe ein Wachposten des Landesbundes für Vogelschutz zwei Männer beobachtet, die eine Kameradrohne über dem Horstgehölz fliegen ließen. Der Vogelschützer habe die beiden gebeten, dies zu unterlassen, weil sich dort störungsempfindliche Vögel befänden. Das alles ist in der Anzeige dokumentiert. Einen Monat nach dem Vorfall seien Reste von Storcheneierschalen unter dem inzwischen verwaisten Horst gefunden worden.
Wenig später hätten die Vogelschützer einen weiteren, bislang nicht bekannten Horst auf dem Höhenzug gefunden, schreibt Greifenhagen. Nach den schlechten Erfahrungen mit Horst 1 hielten die Vogelschützer den Standort zunächst geheim, hätten die Koordinaten dann aber an das Landratsamt weitergeben müssen. Der Horstbaum stehe abseits von Pfaden und Waldwegen mitten im Wald, heißt es in der Anzeige weiter. 2016 seien in der äußerst kritischen Besetzungsphase unter Horst 2 frische Spuren von Pferden und Pferdeäpfeln gefunden worden. Und es seien wiederholt Reiter direkt unter dem Horstbaum durchgeritten. Einmal sei einer der Windkraftinvestoren mit seinem Hund dort gesehen worden, heißt es in Grei- fenhagens Anzeige. Der letzte Schwarzstorch wurde Mitte Juni von Vogelschützern gesichtet. Er flog zum Horst, drehte dann aber ab. Baumkletterer eines Gutachterbüros fanden das Nest zwei Wochen später verwaist vor. Am Rand lag ein Ei mit einem weit entwickelten Embryo. Für die Vogelschützer ein Indiz, dass die Schwarzstörche gestört wurden und ihre Brut verlassen haben. In den beiden Revieren gab es im vergangenen Jahr Bruterfolg mehr.
Einer der Windkraftinvestoren wollte sich zu den Vorwürfen und der Anzeige gegenüber unserer Zeitung nicht äußern. jedenfalls keinen