Nur wenige fahren mit dem Dampfer in den Hafen der Ehe
Ob auf der „Diessen“geheiratet werden darf, war einst ein Politikum. Heute gibt es eine beliebte Hochzeits-Location an Land
Dass Hochzeiten Besucher und Geld in einen Ort bringen können, hat man am Ammersee schon vor vielen Jahren erkannt. In Utting haben seither Hunderte Brautpaare in der Gasteiger-Villa die Ehe geschlossen und auch die Marktgemeinde Dießen wollte da nicht hintanstehen: Schon Anfang der 2000erJahre bemühte man sich, Trauungen auch auf dem Raddampfer „Diessen“vollziehen zu dürfen. Seit 2010 ist dies nun möglich – doch die Nachfrage hält sich in Grenzen. Im vergangenen Jahr etwa traute die Dießener Standesbeamtin Birgit Thaller gerade mal ein Paar auf dem Dampfer, in den Jahren seit 2010 waren es zwei bis sechs, 2012 fand überhaupt keine Eheschließung auf dem See statt.
Den Dampfer als Standesamt zu widmen, diese Idee reicht schon Jahre zurück. Sie zu verwirklichen scheiterte jedoch 2002 an der restriktiven Haltung des damaligen Innenministers Günther Beckstein. Er bewertete die touristische Bedeutung als gering und sah vielmehr die Gefahr, dass die standesamtliche Eheschließung zum Beiwerk eines „Fun-Events“verkomme. Ganz andere Töne schlug 2009 Becksteins Nachfolger Joachim Herrmann an. Brautpaaren sollten, wie er sich ausdrückte, keine unnötigen Vorgaben gemacht werden, wie sie den schönsten Tag ihres Lebens feiern. Die Dießener beriefen sich auch gleich darauf und seit 2010 kann man mit dem Dampfer „Diessen“in den Hafen der Ehe einlaufen.
Die Nachfrage ist jedoch überschaubar: Im ersten Jahr zählte die gemeindliche Statistik sechs SeeTrauungen, seither ist ihre Zahl kontinuierlich zurückgegangen. Das habe verschiedene Gründe, sagt Standesbeamtin Birgit Thaller. Zwar gebe es regelmäßig Nachfragen, doch an vielen gewünschten Hochzeitsterminen – gerade in der Hochsaison – werde die „Diessen“im Linienverkehr benötigt oder sei bereits anderweitig gebucht. Daneben überlegten es sich etliche Heiratswillige dann doch anders, wenn sie erfahren, dass das Schiff erst ab 3000 Euro aufwärts zu haben ist. Dass auch die Gemeinde für den Mehraufwand einer Schiffstrauung 170 statt 50 Euro verlangt, spiele dabei keine entscheidende Rolle mehr.
Aus einem anderen, 2010 schon vorgeschlagenen Eheschließungsplatz in Dießen, ist indes nichts geworden. Im Schacky-Park zu heiraten ist nicht möglich. Die Vorsitzende des Fördervereins, Christine Reichert, würde sich dies zwar wünschen, doch das stoße bislang nicht auf Einverständnis bei der Kongregation der Barmherzigen Schwestern, welche die Eigentümerin des Landschaftsparks ist. Die Nachfrage wäre jedenfalls da, erklärt Reichert.
Neben dem Schiff gibt es in Dießen noch einen weiteren besonderen Ort zu Heiraten – Gut Romenthal. Es gebe nur eine Einschränkung, betont Besitzerin Olivia TietzPourroy. Die standesamtliche Trauung kann dort nicht vollzogen werden. Aber es gibt in Romenthal sogar eine Kapelle, in der nach katholischem oder evangelischem Ritus geheiratet werden kann. Die Einschränkung tue der Nachfrage keinen Abbruch: „Für 2017 sind wir für die Wochenenden, an denen wir Hochzeitstermine anbieten, schon ausgebucht“, sagt Tietz-Pourroy, „der Zulauf ist enorm.“„Mit Rücksicht auf uns selber“, wie sie sagt, werden nicht für jedes Wochenende Termine vergeben.
Das Gut wirbt vor allem damit, dass dort drinnen wie draußen gefeiert werden kann, entweder im Kaminsaal, einem großzügigen Innenhof mit Brunnen oder auf der Terrasse und einladenden Außenflächen. Die meisten Brautpaare, die in Romenthal Hochzeit feiern, kommen laut Tietz-Pourroy aus der Region um den Ammersee und dem Raum München.
Foto: sys