Was sich aus Abwasser gewinnen lässt
In der Echinger Kläranlage soll ein weiteres Blockheizkraftwerk installiert werden und mehr Strom produzieren
Die Ammerseewerke in Eching wollen ein viertes Blockheizkraftwerk (BHKW) in ihr System integrieren, um noch mehr Energie erzeugen zu können. Der Echinger Gemeinderat hatte dazu in der jüngsten Sitzung den immissionsschutzrechtlichen Antrag auf der Tagesordnung und gab eine positive Stellungnahme ab. Das Klärwerk, 2012 von einem Zweckverband einiger Kommunen in ein kommunales Unternehmen umgewandelt, wandelt sich auch in seiner Funktionsweise. Ging es einst nur um die Entsorgung der Abwässer aus den Orten rund um den Ammersee – betrieben wird die Kläranlage von den Ammerseewerken gemeinsam mit dem Kommunalunternehmen der Ostanrainer (AWA-Ammersee) –, gerät in den vergangenen Jahren die sinnvolle Nutzung dieser Abwässer immer mehr in den Fokus. Nach den Vorstellungen des Vorstands der Ammerseewerke, Manfred Schmid, geht es um eine Entwicklung hin zu einer „klimaneutralen Kläranlage“.
Die Energie für die Prozesse in der Kläranlage selbst zu erzeugen, ist ein Schritt in diese Richtung. Faulgase werden dazu in den BHKW in Wärme und Strom umgewandelt. „Wir wollen den Strom zu 100 Prozent selbst erzeugen und energieautark werden. Derzeit sind wir bei 66 Prozent“, erklärt Schmid. In der Kläranlage laufen bereits zwei BHKW mit einer Leistung von 125 Kilowatt (kW) und eines mit 150 kW. Ein weiteres 150-kW-Kraftwerk soll hinzukommen. Energieautark ist das Unternehmen aber auch dann noch nicht. Für die Ammerseewerke geht es darum, mittels von außen zugeführter organischer Substanz noch mehr Faulgas erzeugen zu können. Gespräche, kommunalen Biomüll verwerten zu können, scheiterten vor ein paar Jahren. Es gibt aber auch Gewerbe mit entsprechenden Produktionssresten: „Für die CO-Vergärung kommt Schlamm aus der Molkerei Scheitz zu uns oder Glyzerin von der Firma Inge aus Greifenberg.“Für die Nutzung der Inge-Abwässer wurden die Ammerseewerke im Sommer 2016 mit einem Umweltpreis ausgezeichnet. Und Schmid wünschte sich noch mehr Futter für die Faultürme – möglichst hoch konzentriert, wie Alkohol aus der Produktion von alkoholfreiem Bier, damit wenig Rückstände bleiben, die wieder entsorgt werden müssen.
Die Möglichkeit, Industrieabwässer der Inge GmbH direkt per Lkw angeliefert zu bekommen und zu vergären, bringt auch einen weiteren Vorteil: Es reduziert die Abwasserfracht im normalen System. Die Kläranlage ist auf 90000 Einwohnergleichwerte ausgerichtet, und Schmid geht davon aus, dass dies auch mittelfristig für den privaten Zuzug ausreichen wird – solange nicht größere Gewerbeansiedlungen mit viel Abwasser hinzukommen. Dafür gelte es dann, technische Lösungen zu finden, wie es bei der Greifenberger Firma möglich war. Die im BHKW entstehende Wärme nutzt das Unternehmen, um die Faultürme zu beheizen, wie Schmid erläutert. Übrige Wärme kann nicht genutzt werden, denn um Eching zu versorgen, dazu reicht sie laut Schmid nicht aus. Und um die Investitionen einer Nahwärmeversorgung tätigen zu können, müsste auch der ganze Ort Nahwärme beziehen können.
Im Gespräch sei man derzeit auch mit der Landsberger Energieagentur Lena, wo man nach Fördermöglichkeiten für einen mobilen Wärmetransport sucht. „Die Technik funktioniert ähnlich wie bei den Wärmepads“, erläutert Schmid. So ließe sich vielleicht in der Echinger Kläranlage überzählige Wärme beispielsweise zum Warmbad Greifenberg oder auch zum Kreisseniorenheim Theresienbad in Greifenberg transportieren. Dies funktioniere aber nur mit Zuschüssen, denn die Technik sei noch nicht rentabel.
Auch eine andere, zukunftsweisende Technik rechnet sich noch nicht: Ein Pyrolyseverfahren, um aus dem Klärschlamm Gas, Kohle und Öl zu gewinnen. Es handelt sich dabei um eine thermisch-chemische Spaltung. Das Gas kommt wie gehabt in die BHKW, das Öl dient der Befeuerung der Anlage, und aus der Restkohle lässt sich Phosphat gewinnen, wie Schmid berichtet. Letzteres ist besonders interessant vor dem Hintergrund, dass die natürlichen Phosphatvorkommen endlich und in 20 oder bis zu 100 Jahren – die Prognosen sind hier unterschiedlich – aufgebraucht sind. Phosphat ist ein lebenswichtiger Pflanzennährstoff und Grundbaustein des Lebens.
Ohne dieses Düngemittel ist die derzeitige Nahrungsmittelproduktion nicht denkbar. Schmid geht davon aus, dass aus diesem Grund eine Phosphatrückgewinnung in den kommenden 15 bis 20 Jahren zur gängigen Praxis wird. Die Ammerseewerke haben sich bereits für ein Pilotprojekt zu dieser Rückgewinnung beworben. Schmid weiß aber nicht, ob die kleine Echinger Kläranlage zum Zug kommen wird. Außerdem wollen die Echinger auch bei der Erprobung von Ultraschall bei der Behandlung des Klärschlamms dabei sein. Man erhofft sich daraus eine größere Gasausbeute, eine verbesserte Entwässerbarkeit und weniger Faulschlamm.
Nicht nur zukunftsweisende Techniken stehen bei Schmid auf der Agenda, auch die bestehende Anlage muss auf neuestem Stand gehalten werden: 2017 werden 400 000 Euro in das Blockheizkraftwerk gesteckt, 1,4 Millionen Euro für einen neuen Gasbehälter aufgewandt und für 700000 Euro das Gassystem überarbeitet.