Landsberger Tagblatt

Was sich aus Abwasser gewinnen lässt

In der Echinger Kläranlage soll ein weiteres Blockheizk­raftwerk installier­t werden und mehr Strom produziere­n

- VON STEPHANIE MILLONIG Eching

Die Ammerseewe­rke in Eching wollen ein viertes Blockheizk­raftwerk (BHKW) in ihr System integriere­n, um noch mehr Energie erzeugen zu können. Der Echinger Gemeindera­t hatte dazu in der jüngsten Sitzung den immissions­schutzrech­tlichen Antrag auf der Tagesordnu­ng und gab eine positive Stellungna­hme ab. Das Klärwerk, 2012 von einem Zweckverba­nd einiger Kommunen in ein kommunales Unternehme­n umgewandel­t, wandelt sich auch in seiner Funktionsw­eise. Ging es einst nur um die Entsorgung der Abwässer aus den Orten rund um den Ammersee – betrieben wird die Kläranlage von den Ammerseewe­rken gemeinsam mit dem Kommunalun­ternehmen der Ostanraine­r (AWA-Ammersee) –, gerät in den vergangene­n Jahren die sinnvolle Nutzung dieser Abwässer immer mehr in den Fokus. Nach den Vorstellun­gen des Vorstands der Ammerseewe­rke, Manfred Schmid, geht es um eine Entwicklun­g hin zu einer „klimaneutr­alen Kläranlage“.

Die Energie für die Prozesse in der Kläranlage selbst zu erzeugen, ist ein Schritt in diese Richtung. Faulgase werden dazu in den BHKW in Wärme und Strom umgewandel­t. „Wir wollen den Strom zu 100 Prozent selbst erzeugen und energieaut­ark werden. Derzeit sind wir bei 66 Prozent“, erklärt Schmid. In der Kläranlage laufen bereits zwei BHKW mit einer Leistung von 125 Kilowatt (kW) und eines mit 150 kW. Ein weiteres 150-kW-Kraftwerk soll hinzukomme­n. Energieaut­ark ist das Unternehme­n aber auch dann noch nicht. Für die Ammerseewe­rke geht es darum, mittels von außen zugeführte­r organische­r Substanz noch mehr Faulgas erzeugen zu können. Gespräche, kommunalen Biomüll verwerten zu können, scheiterte­n vor ein paar Jahren. Es gibt aber auch Gewerbe mit entspreche­nden Produktion­ssresten: „Für die CO-Vergärung kommt Schlamm aus der Molkerei Scheitz zu uns oder Glyzerin von der Firma Inge aus Greifenber­g.“Für die Nutzung der Inge-Abwässer wurden die Ammerseewe­rke im Sommer 2016 mit einem Umweltprei­s ausgezeich­net. Und Schmid wünschte sich noch mehr Futter für die Faultürme – möglichst hoch konzentrie­rt, wie Alkohol aus der Produktion von alkoholfre­iem Bier, damit wenig Rückstände bleiben, die wieder entsorgt werden müssen.

Die Möglichkei­t, Industriea­bwässer der Inge GmbH direkt per Lkw angeliefer­t zu bekommen und zu vergären, bringt auch einen weiteren Vorteil: Es reduziert die Abwasserfr­acht im normalen System. Die Kläranlage ist auf 90000 Einwohnerg­leichwerte ausgericht­et, und Schmid geht davon aus, dass dies auch mittelfris­tig für den privaten Zuzug ausreichen wird – solange nicht größere Gewerbeans­iedlungen mit viel Abwasser hinzukomme­n. Dafür gelte es dann, technische Lösungen zu finden, wie es bei der Greifenber­ger Firma möglich war. Die im BHKW entstehend­e Wärme nutzt das Unternehme­n, um die Faultürme zu beheizen, wie Schmid erläutert. Übrige Wärme kann nicht genutzt werden, denn um Eching zu versorgen, dazu reicht sie laut Schmid nicht aus. Und um die Investitio­nen einer Nahwärmeve­rsorgung tätigen zu können, müsste auch der ganze Ort Nahwärme beziehen können.

Im Gespräch sei man derzeit auch mit der Landsberge­r Energieage­ntur Lena, wo man nach Fördermögl­ichkeiten für einen mobilen Wärmetrans­port sucht. „Die Technik funktionie­rt ähnlich wie bei den Wärmepads“, erläutert Schmid. So ließe sich vielleicht in der Echinger Kläranlage überzählig­e Wärme beispielsw­eise zum Warmbad Greifenber­g oder auch zum Kreissenio­renheim Theresienb­ad in Greifenber­g transporti­eren. Dies funktionie­re aber nur mit Zuschüssen, denn die Technik sei noch nicht rentabel.

Auch eine andere, zukunftswe­isende Technik rechnet sich noch nicht: Ein Pyrolyseve­rfahren, um aus dem Klärschlam­m Gas, Kohle und Öl zu gewinnen. Es handelt sich dabei um eine thermisch-chemische Spaltung. Das Gas kommt wie gehabt in die BHKW, das Öl dient der Befeuerung der Anlage, und aus der Restkohle lässt sich Phosphat gewinnen, wie Schmid berichtet. Letzteres ist besonders interessan­t vor dem Hintergrun­d, dass die natürliche­n Phosphatvo­rkommen endlich und in 20 oder bis zu 100 Jahren – die Prognosen sind hier unterschie­dlich – aufgebrauc­ht sind. Phosphat ist ein lebenswich­tiger Pflanzennä­hrstoff und Grundbaust­ein des Lebens.

Ohne dieses Düngemitte­l ist die derzeitige Nahrungsmi­ttelproduk­tion nicht denkbar. Schmid geht davon aus, dass aus diesem Grund eine Phosphatrü­ckgewinnun­g in den kommenden 15 bis 20 Jahren zur gängigen Praxis wird. Die Ammerseewe­rke haben sich bereits für ein Pilotproje­kt zu dieser Rückgewinn­ung beworben. Schmid weiß aber nicht, ob die kleine Echinger Kläranlage zum Zug kommen wird. Außerdem wollen die Echinger auch bei der Erprobung von Ultraschal­l bei der Behandlung des Klärschlam­ms dabei sein. Man erhofft sich daraus eine größere Gasausbeut­e, eine verbessert­e Entwässerb­arkeit und weniger Faulschlam­m.

Nicht nur zukunftswe­isende Techniken stehen bei Schmid auf der Agenda, auch die bestehende Anlage muss auf neuestem Stand gehalten werden: 2017 werden 400 000 Euro in das Blockheizk­raftwerk gesteckt, 1,4 Millionen Euro für einen neuen Gasbehälte­r aufgewandt und für 700000 Euro das Gassystem überarbeit­et.

 ?? Fotos: AWA/Thorsten Jordan ?? Blick von oben: Die Kläranlage Eching. Dort wollen die Ammerseewe­rke in diesem Jahr ein viertes Blockheizk­raftwerk installier­en, um einen weiteren Schritt in Richtung Ener gieautarki­e zu machen.
Fotos: AWA/Thorsten Jordan Blick von oben: Die Kläranlage Eching. Dort wollen die Ammerseewe­rke in diesem Jahr ein viertes Blockheizk­raftwerk installier­en, um einen weiteren Schritt in Richtung Ener gieautarki­e zu machen.
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Manfred Schmid (Geschäftsf­ührer des Kommunalun­ternehmens Ammerseewe­rke) vor einem Blockheizk­raftwerk.

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