Ist der Jugendtreff ein Kindertreff?
Leiter Ralf Kleeblatt bedauert, dass die Idee eines Jugendcafés keine Chance hatte, und spricht auch wieder ein altbekanntes Thema an
Der Leiter des Dießener Jugendtreffs, Ralf Kleeblatt, hat in seinem Bericht zum abgelaufenen Jahr 2016 noch einmal die Idee eines selbstverwalteten Schüler- und Jugendcafés aufgegriffen. Außerdem setzt er sich darin erneut kritisch mit dem vom Gemeinderat bereits 2009 verhängten Alkoholverbot im Jugendtreff auseinander. Das habe dazu geführt, dass die im alten Feuerwehrhaus in der Johannisstraße beheimatete gemeindliche Einrichtung weniger als Jugendtreff, sondern mehr als „Kindertreff“wahrgenommen werde.
Als nach dem Rücktritt von Stephan Wilkening (Grüne) im Herbst 2015 Michael Fuchs-Gamböck (parteifrei) zum neuen Jugendreferenten des Gemeinderates gewählt wurde, hätten sich sogleich „eine Vielzahl an unterschiedlichen Themen, die auf eine konstruktive Bearbeitung warteten“, ergeben, schreibt Kleeblatt in seinem Jahresrückblick: „Die meisten der Themen waren bestens geeignet, das Thema ,Jugend’ in Dießen aus dem Tiefschlaf zu holen.“
Das erste Projekt sollte ein „Schüler- und Jugendcafé“sein. Doch statt auf Wohlwollen stieß das Vorhaben im Gemeinderat auf harsche Kritik. Diese entzündete sich im Wesentlichen daran, dass der Gemeinderat dabei umgangen worden sei, nachdem Kleeblatt und Fuchs-Gamböck unter anderem eine Immobilie besichtigt hatten, die sie für ein solches Café als geeignet betrachteten. Kleeblatt kritisiert, dass darüber hinaus nie eine konstruktive Auseinandersetzung mit den Inhalten des Konzepts erfolgt sei. Auch zu einem Treffen, auf dem das Konzept vorgestellt werden sollte, habe die Hälfte der Gemeinderatsfraktionen keinen Vertreter geschickt. Zu seinen Überlegungen hätte laut Kleeblatt gehört, dass die jugendlichen Nutzer das Café selbst verwalten und dabei vom Sozialpädagogen begleitet werden, es hätte ein Bestandteil des Jugendtreffs werden sollen, sich zu einem „Lernfeld“für Mitwirkung und Beteiligung entwickeln und die Freizeitinfrastruktur verbessern können.
Dies, so Kleeblatt, wäre eine Chance gewesen, das seit Jahren existierende Vakuum der Beteiligung von Jugendlichen in der Marktgemeinde zu beenden, das Kleeblatt immer wieder in seinen jährlichen Berichten ansprach. Auch wenn das Projekt auf eine für ihn „sehr enttäuschende“Weise beerdigt worden sei, halte er es nach wie vor für sinnvoll und notwendig – auch im Zusammenhang damit, dass es bislang nicht wieder gelungen sei, die Zielgruppe „Jugend“zu erreichen.
Dies könne auch nur gelingen, wenn der Altersgruppe Ü 15 in ihren Erwartungshaltungen entgegengekommen wird. Dazu müsste im Jugendtreff die derzeitige „funktionale“in eine „gemütliche“Gestaltung verändert werden. Dies würde aber zulasten der derzeit dort stattfindenden Nutzungen (zum Beispiel Tanzangebote und Kreativkurse) gehen. Um diese erhalten zu können, wäre eben ein externes Jugendcafé gut gewesen. Eine weitere Voraussetzung, wieder mehr Jugendliche zu erreichen, wäre für Kleeblatt, „Elemente einer selbstbestimmten Freizeitgestaltung im Jugendtreff für ältere Jugendliche“zu stärken.
Darunter seien zum Beispiel private Feiern, bei denen Jugendliche ab 16 Jahren auch Bier trinken dürfen, gemeint. Solche gerade für ältere Jugendliche „gültigen Akzeptanzmuster“könne der Jugendtreff nicht erfüllen. Das Alkoholverbot im Jugendtreff habe sich als kontraproduktiv erwiesen und vermittle den Jugendlichen den Eindruck, dass der Jugendtreff eher ein „Kindertreff“sei. So banal es klingen möge, so Kleeblatt weiter, gerade Party-, Disco- und Konzertangebote gehörten bei jungen Leuten zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten. Ohne die Möglichkeit, dabei auch Bier trinken zu können, entsprächen solche Angebote aber nicht der Lebenswelt und den Erwartungen der jungen Leute.
Dementsprechend war auch 2016 das Programm im Jugendtreff eher an den Bedürfnissen von Kindern ausgerichtet. Musik (Konzerte, Teenie–Disco beziehungsweise U14-Party), Sport (Tanzen, Fußball, Basketball, Tischtennis), Gruppenangebote („Kidz Club“) und die Ferienprogramme für Ostern, Pfingsten und Sommer seien die Schwerpunkte der offenen Jugendarbeit in Dießen gewesen.