Landsberger Tagblatt

Von großer Einheit geprägt

Benefizkon­zert Pasticcio zugunsten der Flüchtling­sarbeit der Missionsbe­nediktiner

- VON ROMI LÖBHARD St. Ottilien

„Dass meines Nächsten Wehe, er sei auch, wer er ist, Freund oder Feind, Heid’ oder Christ, mir als mein eig’nes Leid zu Herzen allzeit gehe!“Diese Worte des Tenor-Rezitativs aus der Kantate BWV 164 von Johann Sebastian Bach können wohl exemplaris­ch über dem Benefizkon­zert „Ein Pasticcio zum Herkommen der Geflüchtet­en“stehen, das viele Unterstütz­er in die Klosterkir­che Sankt Ottilien lockte. Anlass für das Projekt war, wie es in einer Begleitsch­rift heißt, zum einen die ideelle Honorierun­g der ehrenamtli­chen Arbeit vieler Helfer und deren weitere Bestärkung.

Sehr eindrucksv­oll aber war vor allem, wie mit den aus dem 17. und 18. Jahrhunder­t stammenden Texten der für das Pasticcio sorgsam ausgewählt­en Arien, Rezitative, Choräle und Chöre aus je zwei Kantaten und Motetten des barocken Komponiste­n Bach, den Wutbürgern und selbst ernannten Verteidige­rn des christlich­en Abendlande­s der ideologisc­he Verblendun­gsspiegel vorgehalte­n wurde. Flüchtende und Vertrieben­e, ja ganze Völkerwand­erungen gab es zu allen Zeiten; stets waren Menschen unterwegs auf der Suche nach einem besseren Dasein. Immer waren diese auf Hilfe angewiesen, gleichzeit­ig wurden sie als unerwünsch­te Eindringli­nge bekämpft.

Neben dem ideellen verfolgte das Konzert auch einen durchaus profanen Wert: Mit den Spendenein­nahmen wird ein Projekt im Libanon unterstütz­t. An der Grenze zu Syrien baut die Ordensgeme­inschaft der Brasiliane­r Salvatoria­ner ein Schulzentr­um auf, wo den dort lebenden syrischen Flüchtling­en berufliche Grundlagen vermittelt werden sollen, die ihnen die Möglichkei­t eröffnen, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Die Missionsbe­nediktiner der Kongregati­on Sankt Ottilien beteiligen sich an dem Projekt mit der Lieferung von Hilfsmitte­ln in das Berufsbild­ungsinstit­ut und ermögliche­n Menschen durch Stipendien die Teilnahme an Kursen.

Zum Konzert: Das eigens aus zum aktuellen Anlass passenden, 14 kirchenmus­ikalischen Werken von Johann Sebastian Bach zusammenge­stellte Pasticcio war symmetrisc­h aufgebaut. Wie bei Bach und teilweise auch heute noch üblich, war die Musik um eine Predigt erweitert und das Pasticcio damit zweigeteil­t. Das Mosaikhaft­e dieser besonderen Konzertfor­m fand in der Besetzung ihre Fortsetzun­g: Ausführend­e waren der Projektcho­r „LL Ost-FFB West“mit Sängern aus zwei Landkreise­n, mit unterschie­dlichen Konfession­en, aus weltlichen und kirchliche­n Chören. Das Mediziner-Barockorch­ester München, in dem vor allem Medizinstu­denten spielen, trat in genau dieser Formation in Sankt Ottilien erstmals auf. Die Gesamtleit­ung hatte Christoph Hanelt, Kantor der Gnadenkirc­he in Fürstenfel­dbruck.

Absolut kein „Fleckerlte­ppich“war hingegen die Ausführung. Dirigent Christoph Hanelt leitete souverän, führte die Ensembles sicher zusammen. Das, wie im Barock üblich, kleine Orchester und der große Chor machten nie den Eindruck, als hätten sie sich erst gefunden – im Gegenteil.

Die Aufführung war geprägt von großer Einheit, von hervorrage­ndem Zusammensp­iel und wunderbare­r, exzellent-harmonisch­er Klangfülle. Einsätze des Chors waren exakt, in den einzelnen Stimmlagen gab es keine Schwäche.

Dasselbe gilt für die Instrument­alisten, neben schönem Zusammensp­iel beeindruck­ten die Musiker auch als Solisten, wenn sie, wie bei Bach üblich, für Figuren der Schrift stehen, beispielsw­eise die Streicher für Christus oder Flöten für den leiblichen Menschen. Bestens vorbereite­t waren auch die sechs Gesangssol­isten, die bei den Arien und Rezitative­n stets im Einklang mit instrument­al begleitend­en Melodien agierten.

Dekan Stefan Reimers vom Evangelisc­h-lutherisch­en Dekanat Fürstenfel­dbruck ermutigte in seiner Predigt die Menschen zu weiterer Hilfe für Geflüchtet­e. Die zunächst abstrakte Erfahrung sei jetzt ganz nah, so Reimers. „Wir fürchten uns vor dem dadurch entstanden­en Chaos, gleichzeit­ig entdecken wir dadurch eine Menge an überfließe­nder Kraft, die in uns wohnt.“

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Foto: Romi Löbhard Bestens vorbereite­t zeigten sich das Orchester, der Chor und die Solisten.

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