Forschung in luftiger Höhe
Einsatz von unbemannten Flugsystemen in der Umweltforschung
Drohnen sind ein heiß diskutiertes Thema - vom Kriegseinsatz über Filmaufnahmen bis hin zum Lieferdienst sind viele Verwendungen im Gespräch. Was sie in der Forschung, konkret in der Klimaforschung leisten können, erklären der Informatiker Dr. Andreas Angerer und der Geograph PD Dr. Andreas Philipp.
Warum setzt man Drohnen für die Forschung ein?
Andreas Angerer: Sie können eine gute Ergänzung zu stationären Messgeräten sein, z. B. zu solchen, die auf Fernerkundungsverfahren basieren und bestimmte Größen wie die Temperatur mittels akustischer Wellen, also indirekt, messen. Mit einer Drohne kann ich vor Ort messen, auch in mehreren Kilometern Höhe.
Andreas Philipp: Viele Vorgänge am Boden lassen sich erst verstehen wenn man Daten aus der Höhe hat. Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts hat man mechanische Aufzeichnungsgeräte an Drachen in die Höhe geschleppt. Dank des technologischen Fortschritts können wir für solche Messungen jetzt eben relativ günstig Drohnen nutzen.
Sie sind ein interdisziplinäres Team – was ist der Beitrag der einzelnen Fächer?
Philipp: In der Geographie interessieren wir uns für meteorologische und umweltbezogene Prozesse. Dementsprechend entwickeln wir vor allem Geräte für Langzeitmessflüge auch in größeren Höhen.
Angerer: Bei uns am Lehrstuhl für Software and Systems Engineering geht es selten um eine Drohne alleine. Wir denken in Ensembles, zu denen auch bodengestützte Roboter gehören können. Es geht um die Frage, wie sich diese Ensembles koordinieren lassen, ohne dass man jedes Gerät einzeln steuern muss. Mit ihren komplexen Fragestellungen und Anforderungen geben uns die Geographen da sehr gute Anwendungsszenarien vor.
In welchen Forschungsprojekten kommen die Drohnen konkret zum Einsatz?
Philipp: In der Grundlagenforschung der Klimatologie schicken wir unsere Flächenflugmodelle bis in einen Kilometer Höhe und messen Temperatur, Luftfeuchte und Wind, um zu erfahren, wie diese für die Frischluftzufuhr sehr wichtige unterste Schicht der Atmosphäre strukturiert ist. Daneben messen wir beispielsweise Aerosole, also feste Partikel in der Luft, die gesundheitsbeeinträchtigend sind. In einer Vorstudie wurden bereits Testflüge für solche Aerosolmessungen mit Drohnen auf der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus gemacht, um künftig anhand unserer Ergebnisse Satellitenabschätzungen überprüfen und verbessern zu können. Wir arbeiten auch mit Drohnen, die auf einer Haftschicht Pollen sammeln. So können wir herausfinden, ob eine Pollenlast, die vielleicht allergierelevant ist, direkt aus der Umgebung stammt oder aus höheren Luftschichten herangetragen wird. Aktuell bemühen wir uns darum, die Feinstaubverteilung in Augsburg dreidimensional zu erfassen. Hier ist beim Drohneneinsatz die Sicherheit eine große Herausforderung, denn es gilt ja, gerade dort zu messen, wo es für Menschen wichtig ist. Mit einem Blick in die Zukunft bin ich mir sicher, dass v. a. auch der künftige Augsburger Forschungsschwerpunkt Environmental Health Sciences ein prädestiniertes Gebiet ist, in das wir unsere Kooperation zwischen Klimaforschung und Informatik einbringen können.
Angerer: In der Informatik steht bei uns die Frage im Mittelpunkt, wie mehrere Geräte „zusammenarbeiten“müssen, damit sie als Messsystem in der Klimaforschung eingesetzt werden können. Wir haben zuletzt mit einem Ensemble gearbeitet, das aus fünf Geräten besteht. Mit einer sehr dünnen Glasfaser kann man über große Strecken hinweg für jeden Zentimeter einen Temperaturwert erheben. Diese Messverfahren wurde bislang am Boden praktiziert. Wir haben es auf unsere Quadrocopter übertragen. Vier von ihnen haben die Faser über eine Länge von etwa 100 Metern gleichzeitig in der Luft getragen, um innerhalb kurzer Zeit ein Temperaturprofil zu ermitteln. Weil das erforderliche Messgerät zu schwer für die Drohnen gewesen wäre, haben wir einen Bodenroboter nebenherfahren lassen, von dem aus die Glasfaser zu den Quadrocoptern geführt wurde. Eine andere Herausforderung ist die Sensorik. Die Zahl der Sensoren, die man mit ihr transportieren kann, ist durch die Traglast der Drohne begrenzt. Außerdem ist der Aufwand bei der Integration zusätzlicher Sensoren ziemlich hoch. Wir sind deshalb dabei, ein einheitliches Stecksystem für möglichst viele verschiedene Sensoren zu konzipieren, die dann nach Bedarf ausgetauscht werden können – je nachdem, was man gerade messen will. Wir denken aber auch zum Beispiel darüber nach, wie man Feuerwehr, THW oder Polizei bei Unfällen oder in Katastrophensituationen mit DrohnenEnsembles unterstützen kann. Ein Problem ist das für den Drohneneinsatz zusätzlich erforderliche geschulte Personal. Deshalb versuchen wir, die Geräte in die Lage zu versetzen, sich selbst zu organisieren. Da kommt die viel diskutierte Autonomie ins Spiel. Der Gesetzgeber will sie ja eher einschränken. Unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten liegen in der Selbstorganisation von Drohnen aber auch enorme Chancen.
Stichwort Autonomie. Wie selbstständig sind Ihre Drohnen?
Philipp: Unsere Fluggeräte können voll autark fliegen, wenn wir das wollen. Wenn sie via GPS feststellen, dass sie eine sichere Zone verlassen, kehren sie vollautomatisch wieder zurück, ohne dass man eingreifen muss. Man darf der Technik zwar nicht blind vertrauen und muss immer in der Lage sein, sie zu kontrollieren, aber man muss sie auch nutzen.