Kollegah darf nicht in Rüsselsheim rappen
Auf dem Hessentag hätte der deutsche Hip-Hop-Sänger auftreten sollen. Die Stadträte sagten den Abend nun ab
Auf dem Hessentag möchte sich das Bundesland von seiner besten Seite zeigen. Gerade gab es deswegen in Rüsselsheim aber jede Menge Streit. Dort nämlich findet vom 9. bis 18. Juni der Hessentag 2017 statt. Und ein Programmpunkt sah eine RapNacht vor, in deren Rahmen auch der Deutsch-Rapper Kollegah hätte auftreten sollen. Aber: Gegen diesen Auftritt gibt es seit Monaten vehementen Protest. Unter anderem übten der Zentralrat der Juden und andere jüdische Organisationen in einem „Offenen Brief“massiv Kritik an Kollegahs Beteiligung. Der Vorwurf: Kollegah propagiere „Antisemitismus, Homophobie und Gewalt gegen Frauen“.
Bereits im November wollte Rüsselsheims Oberbürgermeister Patrick Burghardt (CDU), dass der Stadtrat die Rap-Nacht absagt. Damals entschieden sich die Räte allerdings für den Konzertabend. Am Donnerstagabend traten die Stadträte noch einmal in der gleichen Angelegenheit zusammen. Dieses Mal stimmten 18 Abgeordnete für eine Absage, 17 dagegen und sechs enthielten sich. Oberbürgermeister Patrick Burghardt hat den Rapper Kollegah zu einem Gespräch eingeladen. Der Musiker habe die Einladung angenommen, schrieb Burghardt auf Twitter. Kollegah selbst war am Freitag für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Allerdings äußerte er sich in der ZDF-Sendung „Neo Magazin Royale“. Dort sagte Kollegah am Donnerstagabend, er fühle sich sabotiert. Bei dem Konzert im Juni auf dem „Hessentag“hätten neben Kollegah auch die Rapper Azad, Farid Bang, Eko Fresh sowie Lumaraa und Der Asiate auftreten sollen.
Vor der Abstimmung hatten der Zentralrat der Juden in Deutschland und andere jüdische Organisationen in einem „Offenen Brief“die Stadt aufgefordert, keine Bühne für „Hass, Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Frauenfeindlichkeit“zu geben.
Der Musikwissenschaftler Thorsten Hindrichs, der an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität lehrt, sieht vor allem in früheren Texten von Kollegah antisemitische Inhalte. Aufgrund einer umstrittenen Palästina-Reise des Musikers und einer nie vorgenommenen Distanzierung von seinen frühen Texten, finde eine Verknüpfung statt, die zu dem Antisemitismus-Vorwurf führe, meint Hindrichs. Ein weiterer Vorwurf, die Texte seien sexistisch, ist laut Hindrichs nicht ungewöhnlich. Sexismus sei bei Deutsch-Rap kein neues Phänomen. Hindrichs wies darauf hin, dass die Texte der Deutsch-Rapper Hinweise darauf gäben, in welchem Zustand sich Teile der Gesellschaft und der Fans befänden.
Kollegah hatte am Donnerstag in einer Stellungnahme die Vorwürfe als „völlig aus der Luft gegriffen und haltlos“zurückgewiesen. Die kritisierten Texte stammten aus 13 Jahre alten Rap-Veranstaltungen und seien teilweise noch nicht einmal von ihm selbst, sondern beteiligten Musikern gerappt worden. „Die Tatsache, dass in meinen bislang 13 Jahren Musikkarriere nie der Vorwurf des Antisemitismus auch nur im Raum stand und dies erstmalig ausgerechnet jetzt, kurz nach meiner Wohltätigkeitsreise in Palästina, geschieht, mutet sonderbar an, jedoch will ich hier keinen Zusammenhang unterstellen“, schreibt er an Daniel Neumann, Geschäftsführer des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Hessen.
Der Rapper schlug in dem Brief vor, gemeinsam und öffentlich das Thema zu diskutieren. Neben Kollegah waren die Rapper Azad, Farid Bang, Eko Fresh sowie Lumaraa und Der Asiate für die Rap-Nacht verpflichtet worden.
Nach Auskunft von Stadtsprecher Asswin Zabel steht die Stadt nun mit der Künstleragentur in Kontakt. Dabei gehe es auch um mögliche Schadenersatzforderungen. Auf beiden Seiten gebe es Klärungsbedarf wegen des finanziellen Schadens, sagte ein Sprecher. Es werde auch versucht, eine Ersatzveranstaltung anzubieten.