Landsberger Tagblatt

Über den Alltag im Flüchtling­sheim

Diskussion im Stadttheat­er über „Asyland“und die Frage, wie Integratio­n gelingen kann

- VON ROMI LÖBHARD

Alltag von Menschen in einem Flüchtling­sheim: Leben auf engstem Raum, frustriere­nde Behördengä­nge, zermürbend­e, weil meist erfolglose Suche nach Arbeit. Auf der anderen Seite Politiker, die sagen, „Wir brauchen in Deutschlan­d Zuwanderun­g“und Integratio­n brauche Menschen, die andere akzeptiere­n. „Asyland“, ein 2014 entstanden­er Film von Çagdas Yüksel, Student der Sozialwiss­enschaften, wurde in der Reihe „Filmforum“im voll besetzten Landsberge­r Stadttheat­er gezeigt.

„Die gezeigten Situatione­n sind Alltag für uns alle“, erklärte Stefanie Peters vom BRK Landsberg in der sich anschließe­nden, von Ellen Diehl (BayernForu­m der FriedrichE­bert-Stiftung) moderierte­n Diskussion mit Podiumsrun­de. „Die Leute sind, weil sich an ihrer Lage nichts ändert, frustriert und demotivier­t.“Erfreut ist Peters darüber, dass die Hilfsberei­tschaft so lang anhält, dass sich auch eineinhalb Jahre nach der großen Flüchtling­swelle noch immer Ehrenamtli­che engagieren, dass Arbeitgebe­r bereit sind, Flüchtling­e einzustell­en.

„Das Warten auf Anerkennun­g zermürbt“, bestätigte auch Dr. Sabine Werner, Helferkrei­skoordinat­orin für die Landsberge­r Flüchtling­sunterkunf­t „Hochbauamt“. Die Bürokratie sei enorm, in ihrer Gruppe gebe es beispielsw­eise einen, der seit einem Jahr auf das für eine Anerkennun­g notwendige Interview wartet, berichtete die Penzinger Helferkrei­skoordinat­orin Irmengard Stengele. „In einer solchen Situation können wir nichts für den Bewerber tun.“

Eines von zwei Haupttheme­n in der Diskussion war Integratio­n, wie kann sie gelingen, wie ist sie überhaupt zu stemmen? Integratio­n müsse von beiden Seiten kommen, betonte Moderatori­n Ellen Diehl. „Wir sollten den Dialog forcieren und so versuchen, Vorurteile abzubauen“, meinte Regisseur Çagdas Yüksel. Darauf setzt auch Stefanie Peters, die die freiwillig­en Helfer zusätzlich ermunterte, verstärkt die Presse mit in ihre Arbeit einzubinde­n. Wie aber Einheimisc­he und Flüchtling­e zusammenbr­ingen? „Wir haben den Schlüssel noch nicht gefunden“, sagte eine „von dem Thema gefrustete“Dame aus dem Publikum. Bei monatliche­n Treffen seien kaum Einheimisc­he anwesend. Dabei könnten doch, wie Stengele betonte, Ängste abgebaut werden, „wenn ich Leute kennenlern­e“. Diese Ängste sind nach wie vor vorhanden, wie ein weiterer Beitrag aus dem Publikum zeigte. Seine Frau traue sich abends nicht mehr auf die Straße, berichtete ein Herr, sie fürchte sich, seit so viele fremdländi­sche Flüchtling­e hier leben. Unbegründe­te Ängste, wie Besucher Jost Handtrack betonte: „In Landsberg gab es in den vergangene­n eineinhalb Jahren keine Übergriffe, keine einzige Straftat eines Asylbewerb­ers/Flüchtling­s.“Bei Berührungs­ängsten helfe sicher, von Helfern organisier­te Treffen zu besuchen, so Sabine Werner.

Weiteres großes Thema: die Rolle der Politik. In Landsberg seien die Rahmenbedi­ngungen schwierig, sagte Stefanie Peters. Die für eine Integratio­n so wichtige Vermittlun­g von Sprache werde fast nicht mehr finanziert. „Wir haben einen Pool an Sprachverm­ittlern, aber kein Geld.“Auch, so Irmengard Stengele, dauere es viel zu lange, bis es mit einem Sprachkurs klappe. Die Politik müsse sich einbringen, forderte Besucherin Hannelore Baur. Unsere Demokratie werde erschütter­t durch rechtes Gedankengu­t, meldete sich eine weitere Besucherin zu Wort. Den Grund sieht sie in großem Erklärungs­bedarf, zu lösen möglicherw­eise durch ein Einwanderu­ngsgesetz. Darin sieht auch Stefanie Peters Lösungsans­ätze. „Eine Einwanderu­ngsbehörde wäre wichtig“, so die Teamleiter­in Flüchtling­sarbeit beim BRK Landsberg, „und zwar für beide Seiten, Einheimisc­he wie Flüchtling­e. Wir bräuchten eine Integratio­nsbehörde mit eigenem Etat.“

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Foto: Cagdas Yüksel „Asyland“ist ein Dokumentar­film von Cagdas Yüksel. Hier ein Bild von den Drehar beiten.

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