Mal süß und auch mal trinkfest Porträt
Shirley MacLaine versteht sich auf vielerlei Rollen, wie auch ihr neuer Film zeigt. Die Allround-Schauspielerin hat aber noch ganz andere Interessen
Wenn eine junge MusicalTänzerin in New York aufschlägt, ist das schon was. Wenn sie außer der großen Show auch noch eine Kinokarriere im Auge hat, empfiehlt sich zusätzlich eine feine Adresse für den Start. Shirley MacLaine bekam sie. Alfred Hitchcock entdeckte die langbeinige junge Frau am Broadway und engagierte sie für die schwarze Komödie „Immer Ärger mit Harry“(1954).
Und schon lief es prächtig für die junge Schauspielerin. Mit Ehrgeiz, Intelligenz, Selbstkritik und vor allem auch Kritik an Kollegen ging sie ihren Weg.
Noch heute dreht die 82-Jährige Filme, so die Komödie „Zu guter Letzt“(Start: heute), in der eine junge Autorin einen geschönten Nachruf vorab schreiben soll. Denn die verbiesterte ehemalige Geschäftsfrau (MacLaine) hat es sich in ihrem Leben mit allen verdorben. Eine Rolle, wie sie gut zur „späten“Shirley MacLaine passt.
In jungen Jahren war das anders. Da war sie charmant, hatte ein süßes Lächeln, das ins Spitzbübische changieren konnte. Ihr Haar trug sie oft kurz. Wie die Trump-Frauen hätte sie nie aussehen können. Regisseur Billy Wilder verschaffte ihr an der Seite von Jack Lemmon zwei große Rollen: in „Das Appartement“die des Lift-Girls, das die leitenden Angestellten in ihre Büroräume hochbugsierte („Lassen Sie Ihre Hände bei sich, Mr. Kirkeby!“). Und die auf der Straße stehende Irma, die ihrem Geschäft in der Horizontalen nachging. „Das Mädchen Irma la Douce“wurde ein Kinohit. Bereits damals hatte sie den Dreh drauf, auf der Klaviatur von leicht frecher Komik bis hin zum Gefühlvollen alle Töne zu besetzen. Das allzu Weibliche lag der Schwester des Schauspielers und begehrten Liebhabers Warren Beatty nicht. Auch Shirley MacLaine war kein Kind von Traurigkeit. In der Urfassung von „Ocean’s Eleven“mit Frank Sinatra, Dean Martin, Sammy Davis jr. und Peter Lawford spielte sie ein betrunkenes Mädchen – Aufnahmeantrag als assoziiertes Mitglied des „Ratpack“oben genannter Herren angenommen. Keine andere Frau gehörte zum nahen Umfeld dieser illustren Truppe. Keine Frage, dass diese Shirley MacLaine sich nicht den Kaviar vom Brötchen nehmen ließ. Ihr liegt das Kämpferische: Schon in den 60ern engagierte sie sich für die Bürgerrechts- und Frauenbewegung. 1973 reiste sie als Chefin einer Frauendelegation nach China, drehte einen Film über ihre Erfahrungen, schrieb politische und esoterische Bücher. 1984 dann der Oscar für „Zeit der Zärtlichkeit“– ein Mutter-Tochter-Melodram.
Ihre eigene Tochter Sachi – aus der Ehe mit dem Produzenten Steve Parker – hat beklagt, dass sie in jungen Jahren von ihrer Mutter vernachlässigt wurde. Vielleicht lebte Shirley MacLaine da schon geistig im versunkenen Atlantis. Sie sei in einem früheren Leben der Bruder eines 35 000 Jahre alten Geists gewesen. Hat sie gesagt. Rupert Huber