Lieber persönlich als lieblos
über WhatsApp
Einfach. Persönlich. Nachrichtenaustausch in Echtzeit. Mit den drei Schlagwörtern wirbt der meist genutzte Nachrichtendienst der Welt: WhatsApp. Doch wie bei jedem Werbeslogan muss man sich die Frage stellen, ob dieser auch wirklich der Wahrheit entspricht. Seien wir einmal ehrlich: Hatten die Kinder in den 80er-Jahren bei einem Löffel Fruchtzwerge-Joghurt wirklich das Gefühl in ein kleines Stück Fleisch zu beißen, nur weil die Marke mit dem Spruch „So wertvoll wie ein kleines Steak“warb? Wohl kaum. Vielleicht haben das die Marketingchefs beim ersten Geschmackstest auch gemerkt und sich für den realistischeren Slogan „Kleiner Quark – einfach stark!“entschieden… Wer weiß.
Zurück zu WhatsApp: Einfach und schnell ist der Nachrichtenaustausch zweifelsohne. Und noch dazu kostenlos. Aber persönlich? Fehlen für eine wirklich persönliche Kommunikation denn nicht der Gesichtsausdruck, die Mimik, die Gestik und überhaupt auch die Anwesenheit der anderen Person? Nehmen wir an, du hättest heute Geburtstag. Freust du dich über eine lieblos getippte WhatsAppNachricht genauso wie über einen kurzen Besuch deiner Freundin? Ist eine Umarmung, ein ehrlich gemeinter Glückwunsch, für den sich jemand sogar die Zeit genommen hat, bei dir vorbeizukommen, wirklich durch das einsame Lesen einer aneinandergereihten Buchstabenkette auf deinem Handy zu ersetzen? Für mich definitiv nicht.
Zudem scheint WhatsApp die persönliche Kommunikation mehr und mehr zu verdrängen. Kaum sitzt man in einem Restaurant, legt der Großteil der Jugendlichen schon sein Handy vor sich auf den Tisch. Dabei sind es aber gar nicht nur die Jugendlichen, wie besonders Vertreter älterer Generation schnell zu vermuten pflegen. Denn auch etwas betagtere Menschen wollen heute überall erreichbar sein. In der Hoffnung, es könnte ihnen vielleicht jemand schreiben.
Ich muss schon sagen: „Leider“gehöre ich nicht zu dieser Gruppe. Abgeschieden von jeder WhatsAppErreichbarkeit setze ich nämlich immer noch auf die altmodischen Varianten: SMS oder Anruf. Wieso auch sollte ich jede Stunde in meine Nachrichten-App schauen und darauf warten, dass mir irgendjemand eine Nachricht schickt? Wenn es wirklich wichtig ist, dann wird man sich schon auf anderem Wege bei mir melden.
Und an alle, die WhatsApp als größtes zwischenmenschliches Kommunikationsmittel verstehen: Vergesst nicht, bei einem wichtigen Ereignis im Leben immer gleich euren Status anzupassen, damit euch auch alle unwichtigen Kontakte darüber ausquetschen können. Aber denkt doch noch mal gut darüber nach: Ist es nicht viel schöner mit seinen wahren Freunden ganz persönlich über die wichtigen Angelegenheiten des Lebens zu reden? Die kennen euch nämlich wirklich. Und zwar viel besser als nur über euren WhatsApp-Status – so ausgefallen und speziell er auch sein mag. Wirklich Aufmerksamkeit erzeugt ihr nämlich erst mit Gestik und Mimik im Real Life und 4D.