Landsberger Tagblatt

Geschichte für die Jugend

Autor Willi Fährmann 87-jährig gestorben

- Xanten/Würzburg (kna) Buch Ausstellun­g

Willi Fährmann, einer der erfolgreic­hsten deutschen Jugendbuch­autoren, ist tot. Er starb am Donnerstag im Alter von 87 Jahren, wie sein Verlag mitteilte. Mit seinen mehr als 50 Romanen, Erzählunge­n und Sagennache­rzählungen hat der Schriftste­ller, der im niederrhei­nischen Xanten lebte, Millionena­uflagen erzielt und Eingang in zahlreiche Schulbüche­r gefunden.

Fährmann wurde 1929 in Duisburg geboren. Er arbeitete zunächst als Lehrer, Rektor und Schulrat, schrieb aber nebenzu Bücher. Sein erstes Jugendbuch „Kraniche – Kurs Süd“erschien 1956. Mit seinem Jugendroma­n „Das Jahr der Wölfe“erlangte er 1962 den Durchbruch. 1988 widmete er sich ganz dem Schreiben. Bekannt wurde Fährmann auch mit der vierbändig­en „BienmannSa­ga“oder dem Kinderroma­n „Der überaus starke Willibald“.

In seinem Werk vertritt Fährmann einen „engagierte­n Realismus“, der das Schicksal kleiner Leute in Extremsitu­ationen wie Krieg, Vertreibun­g und Auswanderu­ng beschreibt. Als einer der ersten Jugendbuch­autoren der Nachkriegs­zeit machte er die deutsche Geschichte zum Thema, besonders die Zeit des Nationalso­zialismus.

Für sein Schreiben erhielt Fährmann zahlreiche Preise, darunter 1978 den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendlite­ratur sowie 1981 den Katholisch­en Kinderbuch­preis. München Leise rieselt der Schnee. In Buenos Aires geschieht das höchstens alle 50 Jahre. Doch diesmal trügt die funkelnde Idylle: Wer mit den Flocken in Berührung kommt, stirbt augenblick­lich. Und so wird es in der Metropole schnell still, totenstill. Juan Salvo und ein paar Freunde bleiben unversehrt – weil sie hinter geschlosse­nen Fenstern beim Kartenspie­l sitzen. Und bald stellt sich heraus, wie fatal die Situation ist: Außerirdis­che greifen die Erde an und führen mit Hilfe von Mutanten Krieg gegen die Bevölkerun­g. Menschen verschwind­en, werden gefoltert, manipulier­t. Salvo, der den bösen Mächten entkommt, wird ins All katapultie­rt. Seither ist er als Wanderer durch die Zeiten auf der Suche nach Frau und Tochter.

Mit „Eternauta“hat sich Héctor Germán Oesterheld eine schräge, ja fiese Science-Fiction-Geschichte ausgedacht. Was in den späten 1950er Jahren als Hirngespin­st eines fantasiebe­gabten Comic-Autors für gute Auflagen sorgte, wurde zwanzig Jahre später von der Wirklichke­it in Argentinie­n noch übertroffe­n. Und damit ist aus Oesterheld­s populärem Bilder-Trip durchs Universum eine beklemmend­e Parabel auf die Militärdik­tatur zwischen 1976 und 1983 geworden.

Dabei hat die Vermengung von Fiktion und Realität eine weitere, besonders schmerzhaf­te Ebene. Oesterheld und seine vier Töchter sind damals selbst in die Schusslini­en des Regimes geraten, weil sie sich politisch engagiert und Menschen in den Slums unterstütz­t haben. Bald ging das nur mehr im Untergrund, und so wurde der Einsatz für die Armen zum Kampf gegen die Junta. Wie so etwas in Argentinie­n endete, kein Geheimnis. General Videla hatte schon 1976 angekündig­t, „es müssen so viele Menschen sterben wie nötig, damit das Land wieder sicher ist“– und sicher hieß: frei von allem, was nicht ganz rechts war. Und doch wurde hier 1978 munter um die Fußball-Weltmeiste­rschaft gekickt.

30 000 Menschen sind während der Diktatur in Argentinie­n ermordet oder verschlepp­t worden. Darunter auch Oesterheld, seine vier Töchter und die Schwiegers­öhne. Alles hatte der Autor zwischen 1957 und 1959 „vorformuli­ert“, regelrecht minutiös, und Francisco Sola- no López hatte dazu ganz eindringli­che Bilder gezeichnet.

Erstaunlic­h, dass diese zum Mythos gewordene Geschichte aus Argentinie­n, dieses Plädoyer für Solidaritä­t und Menschlich­keit, erst vor einem guten Jahr ins Deutsche übersetzt wurde. Und das auch nur, weil sich Verleger Johann Ulrich „Eternauta“in den Kopf gesetzt hatte, angesteckt durch eine

von Anna Kemper. Die Journalist­in hat dazu eine herrlich kompakte Ausstellun­g kuratiert, in der entscheide­nde Szenen aus dem Comic den Erlebnisse­n Oesterheld­s und seiner Familie gegenüberg­ewar

ZeitReport­age

stellt werden – immer wieder angereiche­rt mit Fakten aus der argentinis­chen Geschichte. Nach Stuttgart und Berlin ist die Schau nun in München im Instituto Cervantes zu sehen. Wer Scheu vor fast 400 Seiten „Eternauta“hat, kann hier ungewöhnli­ch tief in die Thematik eintauchen. Dabei wird die Lust aufs Buch nur noch angeheizt.

Héctor Germán Oesterheld und Francisco Solano López: „Eternauta“, Avant Verlag, Berlin, 392 S., 39,95 ¤

Instituto Cervantes München, Alfons Goppel Str. 7, bis 14. Juli, Montag bis Donnerstag 10 bis 18 Uhr; Eintritt frei

 ??  ?? Willi Fährmann
Willi Fährmann

Newspapers in German

Newspapers from Germany