Domenico Tedesco – erst Kreisliga, jetzt Schalke
Porträt Domenico Tedesco hat einen beispiellosen Aufstieg hinter sich: Anfang März noch Jugendtrainer, wagt sich der 31-Jährige jetzt in das Haifischbecken von Schalke
Domenico wer? Noch vor dreieinhalb Monaten dürfte Domenico Tedesco auch eingefleischten Fußball-Fans kaum ein Begriff gewesen sein. Anfang März war der Deutsch-Italiener, der in der kalabrischen Provinz Cosenza zur Welt kam und in Schwaben aufwuchs, U19-Trainer bei der TSG Hoffenheim. Gestern wurde der 31-Jährige beim FC Schalke vorgestellt – als neuer Cheftrainer.
Tedescos Geschichte ist die bislang spektakulärste in dem Trainer-Geschäft, das sich innerhalb weniger Jahre radikal gewandelt hat. Waren es lange Zeit vor allem ehemalige Profi-Kicker, die auf den Trainerbänken der Bundesliga Platz nahmen, setzen immer mehr Klubs auf junge Trainer, die die Eliteklasse als Spieler nie kennengelernt haben. Der derzeit bekannteste von ihnen ist der 29 Jahre alte Julian Nagelsmann, der die TSG Hoffenheim von der Abstiegszone in die Champions League führte. Für diese Leistung erhielt er vor drei Monaten den Trainerpreis des deutschen Fußballs.
Eine ähnliche Erfolgsgeschichte erhoffen sich die Verantwortlichen des FC Schalke 04 nun auch von Domenico Tedesco, der als Spieler nur in der Kreisliga für den ASV Aichwald bei Esslingen auflief und die Ausbildung zum Fußballlehrer zusammen mit Nagelsmann absolvierte. Der heutige Hoffenheim-Coach schloss die Prüfung mit 1,3 ab. Der Klassenbeste aber hieß damals Domenico Tedesco. Seine Note: eine glatte 1,0. Am 8. März übernahm der Klassenprimus seine erste Profimannschaft: Zweitligist Erzgebirge Aue steckte als Tabellenletzter im Abstiegskampf. Tedesco hauchte dem verunsicherten Team wieder Leben ein, holte Sieg um Sieg – und fuhr letztlich souverän den Klassenerhalt ein. Mit jedem Sieg des neuen Trainer-Wunderkindes stieg die Wahrscheinlichkeit, Tedesco eines Tages auch in der ersten Bundesliga zu sehen. Nun ging es schneller als gedacht. Nach der Entlassung von ExAugsburg-Coach Markus Weinzierl bei Schalke holte Manager Christian Heidel ihn nun zu dem Revierklub.
Vielleicht ist Tedesco selbst schwindlig geworden ob der Rasanz, mit der sich seine Karriere zuletzt entwickelt hat. Bei seiner Präsentation wirkte er fast schüchtern und betonte, dass er die Aufgabe bei dem mit 145 000 Mitgliedern viertgrößten Sportverein der Welt „mit Demut“angehen werde. Beim Verein, der im Schnitt alle zehn Monate den Trainer wechselt, wird von ihm nichts anderes als die dauerhafte Wende zum Guten erwartet. Er sagte dazu: „Ich weiß, auf was ich mich hier eingelassen habe.“
Was für Tedesco spricht: Neben der Ausbildung zum Fußball-Trainer hat er auch einen Masterabschluss in Innovationsmanagement. Das kann auf Schalke schon mal nicht schaden. Florian Eisele