Aufstieg nach Plan
Die Marke Hyundai glänzt – auch mit mutigen Modell-Offensiven. Die Väter des Erfolgs? Aus Deutschland abgeworbene Spitzenleute
Wer an Elektroautos denkt, dem kommt in der Regel erst mal Tesla in den Sinn; vielleicht noch Opel oder VW. Aber Hyundai? Die Koreaner spielen im Ringen um Reichweite und Batteriepreise bislang keine große Rolle. Doch das könnte sich bald ändern, und die Zeit dafür ist günstig wie nie. Zwar hat Hyundai mit dem als Hybrid, Plug-inHybrid und reines E-Auto erhältlichen Ioniq bislang nur einen Stromer am Start; zumindest wenn man vom in homöopathischen Dosen verfügbaren ix35 Fuel Cell mit Wasserstoffantrieb mal absieht. Doch im Entwicklungszentrum im südkoreanischen Namyang laufen die Vorbereitungen für eine E-Offensive auf Hochtouren: Bis 2021 will die Marke 14 umweltfreundliche Modelle unters Volk bringen. Neben den bereits erwähnten Ioniq-Varianten stehen noch vier weitere HybridFahrzeuge, drei Plug-ins, drei Stromer und ein weiteres Brennstoffzellen-Auto in den Startlöchern; zusätzlich planen die Schwestermarken Kia und Genesis ihrerseits weitere 17 (!) Öko-Modelle.
Die aktuellen Entwicklungen auf dem E-Auto-Markt spielen dem Konzern dabei durchaus in die Hände: Der von Noch-Opel-Chef Neumann angedachte Umbau seiner Marke zum Elektrohersteller ist mit der Übernahme durch Peugeot-Citroën zumindest verzögert, wenn nicht ganz vom Tisch. VW kündigt großspurig immer mehr E-Modelle an, doch ob die Wolfsburger den Worten Taten folgen lassen und ih- eng gesteckten Zeitplan einhalten können, ist offen. Schließlich ist die Dieselkrise noch nicht überstanden. Und die Premiumpläne, die Mercedes mit seiner Zukunfts-SubMarke EQ schmiedet, tangieren die Volumenhersteller Hyundai und Kia ebensowenig wie der Ausbau von BMWs i-Flotte.
Mit etwas Glück also könnte es den Koreanern gelingen, sich in den kommenden Jahren eine Top-Position im Bereich der E-Mobilität zu erarbeiten. Natürlich immer vorausgesetzt, dass Batterien in ausreichender Stückzahl verfügbar sind, die Preise für die Stromspeicher wie erwartet sinken und Hyundai selbst seinen ehrgeizigen Fahrplan einhält. Schritt zwei ist schon in der Mache: Mehr oder weniger nebenbei hat der Vizechef bei der Präsentation des neuen Klein-SUV Kona in Seoul dessen Elektroversion mit knapp 400 Kilometern Reichweite angekündigt. Und die soll nicht irgendwann, sondern schon im Sommer 2018 auf den Markt kommen! Das könnte ein großer Wurf werden, schließlich tritt der Kona in einem stark wachsenden Segment an: Mit 4,17 Metern misst sich das Schwesren termodell des Kia Stonic mit Publikumslieblingen wie Opel Mokka, Renault Capture oder Nissan Juke, und das etwas extrovertierte Äußere hat durchaus das Zeug dazu, den Nerv der Zeit zu treffen. Außerdem kann Hyundai mit dem E-Kona wichtige Marketing-Punkte einfahren: Nach Tesla wären die Koreaner damit der zweite Hersteller, der den Elektroantrieb mit Allradtechnik kombiniert – Kundennutzen hin oder her. Zwar ist die 4x4-Technik noch nicht bestätigt, doch hinter vorgehaltener Hand ist in Seoul zu hören, dass sie als gesetzt gilt.
Neben den umweltfreundlichen E-Mobilen wird in Namyang aber noch in eine ganz andere Richtung geforscht: Zukünftig will Hyundai auch mit eigenen Sportmodellen der Konkurrenz in die Parade fahren. Dieser Schritt sei nur logisch, erklärt Albert Biermann, der einst für BMWs M-Produkte verantwortlich zeichnete und nun seit einiger Zeit Hyundais neu geschaffene Sportabteilung „N“leitet: „In den 90ern hat Hyundai versucht, über den günstigen Preis in den Markt zu kommen. Seit Anfang der 2000er punkten wir auch mit ordentlicher Qualität, und noch mal zehn Jahre später kam Peter Schreyer von Audi zu Hyundai und sorgt seither für ein gefälliges Design. Nun ist es eben an der Zeit, dass wir auch in Sachen Leistung ein Zeichen setzen“, sagt Biermann.
Dass hinter der Ankündigung mehr als heiße Luft steckt, zeigt der Hersteller mit dem i30 N, der noch Ende des Jahres gegen den VW Golf GTI antreten soll und „ein bisschen stärker und günstiger“als der Wolfsburger wird. Der bis zu 280 PS leistende Kompakte soll aber kein Einzelstück bleiben. Als sicher gilt bereits, dass die ebenfalls noch 2017 kommende, viertürige Fastback-Version des i30 auch mit N-Insignien versehen wird. Und weitere Modelle sind laut Biermann schon in Planung.
Die zweigleisige Strategie, umweltschonende Elektroautos auf der einen, lustvolle Spaßmacher auf der anderen Seite, ist vielversprechend. Was jetzt noch fehlt, ist ein Innenraum-Upgrade in Sachen Design, dessen sich die Kreativteams unter der Leitung von Peter Schreyer – dem übrigens auch der ebenfalls von VW abgeworbenen Luc Donckerwolke angehört – schleunigst annehmen sollten. Hier hinkt Hyundai der Konkurrenz noch merklich hinterher. Das gilt auch für den neuen Kona, dessen altbackenes Cockpit nicht zur stylischen Außenhaut passen will. Doch die Koreaner zeigen erste Fortschritte, schließlich bietet Hyundai in dem Klein-SUV zumindest schon mal ein paar Farbakzente für das Interieur an. Beim i30 haben die Kunden bislang nur die Wahl zwischen Grau und Schwarz.