Sie erinnern an das Schicksal der Zwangsarbeiter
Susanne Maslanka und Sophie Rathke haben sich mit dem KZ-Außenlager in Utting beschäftigt
In Utting entstand ab 1944 eines der elf Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, in denen hauptsächlich jüdische Zwangsarbeiter aus Litauen gefangen gehalten wurden. Ungefähr die Hälfte der 30000 Insassen in Utting und Umgebung kamen innerhalb von neun Monaten durch Krankheit, Hunger und harte Arbeit qualvoll ums Leben. Ein jüdischer Friedhof sowie zwei Mahnmale erinnern heute in Utting an das Geschehene.
„Am ehemaligen Lagergelände zwischen Utting und Holzhausen sind jedoch weder eine Informationstafel noch ein Lageplan des KZ zu finden“, sagt Susanne Maslanka. Die Uttingerin hat sich mit ihrer Kommilitonin Sophie Rathke im Rahmen ihres Studiengangs Osteuropastudien an der Ludwig-Maximilian-Universität in München mit der Geschichte des KZ-Außenlagers Kaufering X auseinandergesetzt. Der Fokus liegt dabei auf dem Schicksal der Zwangsarbeiter.
Ihre Forschungsergebnisse haben die beiden jungen Frauen unlängst im Gemeindehaus der Evangelischen Kirche in Utting präsentiert. „Unsere Idee war, die Geschichte mehr an die Öffentlichkeit zu bringen“, sagte Maslanka. Die Studentinnen verbrachten fünf Monate mit der Forschung und etwa genauso viel Zeit damit, eine Internetseite zu erstellen, auf der man die zusammengetragenen Informationen bereits seit Ende 2015 abrufen kann.
In Litauen begann 1941 die Vernichtung der Juden unter deutscher Herrschaft. Die wenigen, die überlebten, hätten Schreckliches erlebt. Einer davon war Jakob Ben Feinstein. Die beiden Studentinnen sprachen mit der Witwe des Überlebenden, die heute in München wohnt. Jakob Ben Feinsteins damalige Frau und Kinder wurden 1941 im Getto Kaunas erschossen, während er Zwangsarbeit leisten musste. Der Goldschmied wurde in das Konzentrationslager Stutthof umgesiedelt und später in die Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, zu dem auch Utting gehörte. Der Überlebende Abba Naor berichtete davon, wie er mit anderen abgemagerten Inhaftierten durch Utting gegangen ist. Sie hätten vor Hunger Schnecken aufgesammelt und Gräser gegessen. Einige Bewohner hätten ihnen Nahrung zugesteckt. Helga Noll aus Utting erzählte bei der Veranstaltung im Gemeindehaus von einem Erlebnis ihrer Schwiegermutter, die zu der Zeit selbst kaum etwas zu essen gehabt habe. Als sie den Zwangsarbeitern einen Apfel über den Zaun geworfen habe, hätte er „Danke, Frau!“gesagt.
Als Jakob Ben Feinstein sieben Monate nach Kriegsende Utting besuchte, fragte er Menschen auf der Straße nach dem Ort des ehemaligen KZ. Die Leute antworteten, dass sie nichts von einem Lager wüssten. „Niemand wollte etwas gehört oder gesehen haben“, so Feinstein. In den 1950er- und 1960er-Jahren verlief der Durchgang zum Friedhof durch einen Schrottplatz. Der Besitzer stellte ein „Zutritt Verboten“-Schild auf. Daraufhin schrieb ein Angehöriger eines Verstorbenen an den Landesverband der israelitischen Kultusgemeinde. „Doch es geschah nichts“, berichtete Rathke. Erst 1974 wurde ein öffentlicher Zugang mit Parkplatz geschaffen und die Pflege des Friedhofs gesichert. Heute ist die Stiftung Bayerische Gedenkstätten für den Friedhof zuständig, auf dem 27 Menschen begraben liegen.
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