Die Lady verspielt ihren Ruf
Viele Jahre war das buddhistische Myanmar eine Militärdiktatur. Auch heute noch unterwirft sich die Soldateska in Sicherheitsfragen keiner zivilen Aufsicht. Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hat den blutigen Feldzug gegen die muslimische Rohingya-Minderheit gewiss nicht angeordnet. Aber die „Lady“, die viele Jahre im Hausarrest verbringen musste, galt bisher als eine hohe moralische Autorität. Sie wird ihr Ansehen verlieren, wenn sie jetzt nicht ihre Stimme erhebt!
Zweifellos ist es auch von Seiten der Rohingyas zu Übergriffen gekommen, wobei die kleine Rebellengruppe gegen die mächtige Armee keine Chance hat. Die Soldaten aber gehen gnadenlos gegen Zivilisten vor. Wenn die UN von „ethnischen Säuberungen“sprechen, müssen alle Alarmglocken schrillen.
Suu Kyi hat zuletzt Berichte über Verbrechen an der Minderheit als Falschinformationen bezeichnet. Es steht zu befürchten, dass sie um taktischer Vorteile willen absichtlich die Augen verschließt.
Doch die einst selbst gepeinigte Suu Kyi sollte jetzt für Toleranz gegenüber anderen Ethnien und Religionen eintreten. Im Sinne des Dalai Lama, der sagt, dass sich auch Buddha in dieser Situation für die verfolgten Muslime eingesetzt hätte. Die Friedensnobelpreisträgerin, die das Land faktisch regiert, wird wegen ihrer Haltung zu den Rohingya international kritisiert. Ihre Regierung wies Vorwürfe von Menschenrechtsvergehen zurück und verweigerte UN-Vertretern die Einreise, als diese die Vorwürfe untersuchen wollten. Suu Kyi selbst sprach von „Fehlinformationen“und warf dem Ausland vor, mit seiner Unterstützung für die Rohingya den „Interessen von Terroristen“zu dienen. Eine Online-Petition fordert, Suu Kyi wegen der Unterdrückung der Rohingya den 1991 verliehenen Friedensnobelpreis abzuerkennen.
Was versteht man unter „ethnischen Säuberungen“?
Ethnische Säuberungen werden von einem Staat geduldet oder initiiert, um ein kulturell homogenes Gebiet ohne Minderheit zu schaffen. Für die Vertreibung einer nationalen oder religiösen Gruppe wird auf systematische Maßnahmen zurückgegriffen: Demütigungen, Drohungen und wirtschaftlicher Druck bis zu Gewalt mit Deportationen und Völkermord. Kritikern gilt der Ausdruck ethnische Säuberung als beschönigende Bezeichnung für schlimmste Menschenrechtsverletzungen und Kriegsgräuel. Mit Blick auf die damaligen Balkankriege wurde 1992 der Begriff zum „Unwort des Jahres“gewählt.