Wirtschaftswelt wettert gegen Trump
Ungleichheit und Protektionismus hemmen das Wachstum
Washington Es ist alles schön arrangiert: Jim Yong Kim, der Weltbankpräsident, diskutiert beim Jahrestreffen seiner Organisation und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington mit Ivanka Trump, der Präsidententochter, über das Ende von Armut und die Gleichstellung von Frauen. Man ist sich einig. Sogar die Farbe von Ivankas Hosenanzug und Kims Krawatte passen zusammen. Doch hinter den Kulissen ist das Klima zwischen den USA und dem Rest der Welt so gespannt wie kaum jemals zuvor.
Es gibt wenige Politikfelder, auf denen die Regierung von Donald Trump nicht im Clinch läge mit dem Rest der Wirtschaftswelt. „America First“, Trumps Motto, wird zum Kampfbegriff. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble reiht sich bei seinem letzten großen internationalen Auftritt im Regierungsamt in die große Gruppe der Mahner ein, die für mehr Freihandel plädieren. Die darauf hinweisen, dass das Bewältigen der großen, weltweiten Finanzkrise auch möglich war, weil die internationale Gemeinschaft zusammen geholfen hat. Keiner nennt Trump beim Namen, auch Schäuble nicht. Doch er warnt: „Wir sollten uns alle Sorgen machen über ein langsames Wachstum des Welthandels und die zugenommene Rhetorik gegen Freihandel.“
So ziemlich alles, was aus dem Weißen Haus in der Vergangenheit handels- und wirtschaftspolitisch verlautbart wurde, erfuhr einen Konter. Trumps Mantra „Jobs, Jobs, Jobs“begegnet der IWF mit einem anderen Thema: Ungleichheit. Die ungerechte Verteilung von Wohlstand, nicht nur unter den einzelnen Ländern der Welt, sondern auch innerhalb der einzelnen Volkswirtschaften, sei ein ungelöstes Problem, fanden die Experten im neuen Weltwirtschaftsbericht heraus. Die Hälfte des weltweiten Vermögens sei auf nur ein Prozent der Weltbevölkerung konzentriert. Auf die USA gemünzt heißt das: Trump muss nicht nur Jobs schaffen, sondern die Einkommen der Billigarbeiter erhöhen. Am klarsten fasst es der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, zusammen. Die Weltwirtschaft floriere, aber es gebe auch Risiken. Was er aufzählt, hat alles mit Donald Trump zu tun: Protektionismus, das Zurückdrehen von Finanzmarktregulierung – und galoppierende Aktienkurse als Vorschusslorbeeren auf eine Politik, die vielleicht gar nicht kommt.