Spende für Kinder floss in Penthouse
Gericht Tarcisio Bertone war ein enger Mitarbeiter von Papst Benedikt. Als Alterssitz ließ er eine Luxuswohnung sanieren – wohl mit Fördergeldern, die für eine Kinderklinik bestimmt waren
Vatikanstadt Für den Anwalt war es eine „Bruchbude“von 150 Quadratmetern, nach anderer Darstellung soll es sich um eine geräumige Dachwohnung von 300 bis 425 Quadratmetern handeln, Gartenblick, feiner Marmor, eine 19 000-EuroStereoanlage. Fest steht, dass Tarcisio Bertone, die rechte Hand des emeritierten bayerischen Papstes Benedikt XVI., seine Privatwohnung im Palazzo San Carlo im Vatikan unzureichend fand und sie renovieren lassen wollte. Weil für die Bauarbeiten offensichtlich Spenden für eine Kinderklinik zweckentfremdet wurden, standen jetzt zwei Männer aus dem Umfeld des einstigen Papst-Staatssekretärs Bertone vor dem Vatikangericht in Rom.
Der Ex-Chef der vatikanischen Kinderklinik Bambino Gesu mit dem sprechenden Namen Giuseppe Profiti kommt mit einem Jahr auf Bewährung, 5000 Euro Geldstrafe und fünf Jahren Sperre für öffentliche Ämter im Vatikan davon. Der mitangeklagte frühere Schatzmeister der Klinikstiftung, Massimo Spina, erhielt am Samstag einen Freispruch. Es ging um 422000 Euro, von denen, so die Anklage, statt kranken Kindern der italienische Kardinal profitiert hatte.
Für die Arbeiten hatte Bertone einen alten Freund an der Hand, Gianantonio Bandera. Dieser gewährte mit seiner Baufirma Castelli Re großzügig Rabatt. Als verbrieft gilt, dass Bertone 300000 Euro aus eigener Tasche zahlte und 422000 Euro aus der Kasse der Kinderklinik flossen. Im Gegenzug sollte der Kardinal hin und wieder großzügige Wohltäter in seinen Wohnräumen bewirten.
Inzwischen ist Castelli Re bankrott, das Geld der Klinikstiftung mutmaßlich bei einem anderen Unternehmen in London gelandet. Als die neue Präsidentin des Bambino Gesu, Mariella Enoc, von Bertone die 422000 Euro zurückforderte, ließ der Kardinal erklären, er schulde dem Krankenhaus nichts. Als „Zeichen der Großzügigkeit“überwies er aber 150000 Euro.
Der Verteidiger des Nebenangeklagten Spina, Alfredo Ottaviani, stellte Bertone als eigentliches Opfer dar – mit einer kuriosen Begründung. Der bald 83-Jährige habe „fast 500000 Euro“in die Vatikanwohnung investiert – und das, wo doch die durchschnittliche Lebenserwartung bei 83 Jahren und acht Monaten liege und er die Wohnung entsprechend nicht mehr allzu lange nutzen könne. Ein selbstloser Akt.
Dass im Vatikan überhaupt ein Verfahren wegen Unterschlagung stattfand, ist schon ein beachtlicher Schritt. Zwar geißelt Papst Franziskus die Pest der Korruption immer wieder mit scharfen Worten, aber im Hofstaat hinter den Vatikanmauern haben Transparenz und Kontrollmechanismen nicht immer einen festen Stand.
Damit, dass die Justiz Verdachtshinweise aufnahm und den Fall zügig aufarbeitete, unterstreicht die Kirchenleitung ihren Willen zu einem neuem Kurs; dazu gehörte auch die Zulassung von Berichterstattern beim Prozess. Andererseits wurden weder Bertone noch der Bauunternehmer
Klinikchef Profiti zu Geldstrafe verurteilt
Ist auch das Krankenhaus selbst nur auf Profit aus?
auch nur als Zeugen geladen. Im Vatikan schien auch niemand diskutieren zu wollen, wie großzügig eine Kardinalswohnung ausfallen darf, zumal unter einem Papst, der beständig eine arme Kirche für die Armen fordert.
Auch das Krankenhaus Bambino Gesu aber steht nach einer Recherche der Nachrichtenagentur AP im Verdacht, den Profit über die Gesundheit seiner kleinen Patienten zu stellen. Man spare bei der Hygiene, Ärzte hätten billige Nadeln benutzt, die in den winzigen Venen der Kinder abgebrochen seien. Dabei war die Klinik als eins der führenden Forschungskrankenhäuser in der Kindermedizin bekannt geworden. 2010 transplantierten Ärzte dort das erste komplett künstliche Herz in den Körper eines 15-jährigen Jugendlichen.