Schuld sind nicht die Ultras
Dieses Bild ähnelt sich. Woche für Woche reisen tausende Fußballfans durch die Lande, begleiten ihre Vereine nach Köln, Hamburg oder Dresden. Szenekundige Polizeibeamte befinden sich im Fahrwasser der Fans, empfangen wird der Tross vor Ort von hunderten Polizisten. Die Botschaft, die dahintersteckt: Teile der Fanszene kann der Staat nicht unbeobachtet durch die Republik reisen lassen. Weil von ihnen Gefahr ausgeht. Im Fokus steht jene Klientel, der geringfügig etwas am Wettbewerb liegt. Fußball, den Sport an sich, missbrauchen sie für ihre Zwecke.
Was sie im Schilde führen, zeigte sich einmal mehr am Wochenende. Verfeindete Fangruppen des FC Augsburg und von 1860 München betrachteten ein viertklassiges Regionalligaspiel als Bühne für Provokationen, Krawalle, verbotene Pyrotechnik, letztlich auch für Gewalt. Pauschal die aktive Fanszene, die sogenannten Ultras, für derartige Vorfälle verantwortlich zu machen, wird der Lage nicht gerecht. Denn den Ultra gibt es nicht. Konflikte entzünden sich aus einer Gemengelage heraus. Innerhalb des harten Fan-Kerns tendieren einige politisch nach rechts, andere nach links; einige sind gewaltbereit, andere wollen vor allem, dass Pyrotechnik erlaubt wird; einige zeigen sich gemäßigt und gesprächsbereit, andere sind kriminell.
Weiterhin wissen Profivereine nicht, wie sie mit ihrer treuesten Gefolgschaft umgehen sollen. Für aufwendige Choreografien und lautstarke Anfeuerung wird sie geschätzt, im Gegenzug setzt sie sich oft über Regeln und Verbote hinweg. Autoritäten erkennen Ultras meist nicht an, stattdessen halten sie sich an einen selbst auferlegten Kodex und ergötzen sich an Bengaloshows.
Außerhalb der Stadiontore muss sich der Staat, genauer die Polizei, mit den Problemfans auseinandersetzen. Bremen wollte daher die Deutsche Fußball-Liga (DFL) an den hohen Kosten für Risikospiele beteiligen. Noch steht ein grundsätzliches Urteil aus. Natürlich ist die Sicherheit im öffentlichen Raum Sache des Staates. Und ja, die Bundesligisten zahlen Steuern. Sie dürfen sich aber nicht aus der Verantwortung stehlen. Müssen den Staat stärker unterstützen, müssen Rufschädiger zur Rechenschaft ziehen und soziale Aktivitäten mit ihrer aktiven Szene intensivieren.
Denn: So sehr sich Klubs von Gewalttätern distanzieren – sobald sie deren Logos tragen, repräsentieren sie ein Stück weit einen Verein.